Thomas Holt: "A Song for Nero"

Wie in "Der Ziegenchor" und "Der Garten hinter der Mauer" hat Tom Holt hier wieder in die Tiefen der Antike gegriffen und eine prominente Figur in den Vordergrund gerückt


Der Titel verrät es bereits, es handelt sich hierbei um den römischen Kaiser Nero. Dieser war nach den Erkenntnissen des Ich-Erzählers dieses Buchs gar kein so schlechter Kerl, wie er allgemein dargestellt wird. Dies erfährt der Erzähler besonders nach Neros offiziell als Selbstmord dargestelltem Tod, da in Wirklichkeit der Bruder des Erzählers, der Nero sehr ähnlich sah, Suizid verübt hat.

Nach diesem Selbstmord ziehen Nero und der Erzähler durch den Mittelmeerraum und verdienen ihren Lebensunterhalt durch verschiedene kleinere und größere Betrügereien, wobei sie dem Tod einige Male nur knapp von der Schippe springen. Dies liegt teilweise an der etwas ungeschickten Art des Erzählers und auch teilweise an der grundlegenden Naivität des ehemaligen Imperators, der mit dem realen Leben der "kleinen Leute" weitestgehend nicht vertraut ist. Durch eigenes Ungeschick, unglückliche Umstände und auch durch einige Personen, die unbemerkt im Hintergrund agieren, befinden sich die beiden Helden dieser Geschichte die meiste Zeit auf der Flucht. Zunächst durch die römischen Provinzen, später durch Sizilien, wo dummerweise die Kleidung des Sohnes des Gouverneurs in den Besitz des Erzählers gelangt, was ein schnelles Verlassen der Insel notwendig macht. Dies gelingt Nero und dem Erzähler: Per Anhalter fahren sie auf einem Getreidefrachter, der sie schließlich wieder zurück nach Ostia bringt, von wo die beiden geradewegs in landwirtschaftliche Tagelöhnerarbeit stolpern, bevor sie auch von dort wieder verschwinden müssen und schließlich in einem Gasthof Anstellung als Musiker finden.
Hier werden sie schließlich von einer Gruppe von Leuten aufgestöbert, die ihnen, da sie dem Erzähler das Leben gerettet haben, zunächst sehr freundlich erscheinen, bis Nero und der Erzähler von einigen anderen Herren vor ihnen gerettet werden. Die Retter arbeiten im Auftrag eines Patriziers, der ein großer Bewunderer von Neros musikalischer Begabung ist, die in diesem Buch durch den Erzähler immer wieder stark in Frage gestellt wird.
Am ersten Abend, den die beiden im Haus ihres neuen Gönners verbringen, findet ein Überfall statt, in dessen Verlauf sowohl der Gönner als auch alle seine Gäste getötet werden und nur der Erzähler entkommen kann, während Nero gefangen genommen wird. Durch einige verwickelte Ereignisse gelingt es dem Erzähler aber, seinen Gefährten wieder zu befreien, und nach einigen Umwegen befinden sie sich wieder an Bord des zuvor erwähnten Getreidefrachters. Mit Hilfe der Besatzung dieses Schiffs gelingt es ihnen, den sagenumwobenen Schatz der Dido zu finden.
Nachdem dieser Schatz in Sicherheit gebracht worden ist, bricht das Schiff wieder auf, um Nahrungsvorräte zu holen. Auf der Fahrt wird das Schiff von einem Sturm erfasst und auf den Grund geschickt, doch mit Hilfe eines zufällig vorbeitreibenden Sarkophages gelingt es dem Erzähler, ans sichere Land zu gelangen. Nachdem er mit Unterstützung einiger Anderer den Schatz gesichert hat, lässt er sich zurück nach Griechenland fahren, wo er in der Nähe von Athen aufgewachsen ist, und macht mit einem sehr bescheidenen Anteil an dem Schatz einen landwirtschaftlichen Betrieb auf. Doch seine Abenteuer mit Nero und den zahlreichen Verfolgern sind damit noch lange nicht zu Ende ...

Neben einem guten Überblick über die römische Geschichte zur Zeit Neros verschafft uns dieser Roman auch einige beachtliche Einblicke in das Sozialgefüge und die Philosophie dieser Zeit, wobei insbesondere Seneca sehr viel Raum zugesprochen wird.
Alles in allem ein sehr vergnüglicher Roman voller tiefgründiger Gedanken, die mit einigem Witz präsentiert werden.

 (K.-G. Beck-Ewerhardy; 02/2003)


Thomas Holt: "A Song for Nero"
Englische Ausgabe:
Little, Brown
, 2003. 384 Seiten. 
ISBN 0-316-86113-8.
ca. EUR 27,63.
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