Michael Lüders: "Wir hungern nach dem Tod"

Woher kommt die Gewalt im Dschihad-Islam?


Militärische Aktionen gegen tatsächliche oder vermeintliche TerroristInnenzentren bringen keine Befriedung dieser Regionen und keine Lösung der ursprünglichen Probleme. Der Westen setzt sich kaum mit ihm fremden Kulturen auseinander. Der von den USA vollmundig proklamierte Kampf gegen den Terror - dessen Ursprung dann auch noch sehr leichtfertig ausschließlich in islamischen Kulturen gesucht wird - dient wohl in erster Linie der Selbstinszenierung einer Hegemonialmacht. Es ginge um wesentlich mehr.

Der junge Islamexperte und Journalist Michael Lüders versucht den Ursachen der islamisch-fundamentalistischen Gewalt auf den Grund zu gehen. Hier muss das unglaubliche Wohlstandsgefälle zwischen reichen Informationsgesellschaften und der restlichen, nach Bevölkerungszahl stärkeren, Welt betrachtet werden. Bittere Armut und wenig Chancen, dieser zu entfliehen, schaffen einen satten Nährboden für Heilsversprechungen aus den Mündern charismatischer Führergestalten.

Lüders ist einigen dieser Männer näher gekommen. Er weiß um deren Beliebtheit in weiten islamischen Bevölkerungskreisen, welche sich seit den Tagen westlicher Kolonialherrschaft immer wieder gedemütigt fühlen. Islamische Staaten sind auch deshalb oft instabil, weil deren Grenzen als willkürlich gezogen und vom jeweiligen Volk nicht als gewachsen empfunden werden. Politisch unsicher und wirtschaftlich schwach stehen diese Nationen einer Globalisierungswelle gegenüber, von der sie überrollt und übervorteilt werden.

Der reiche Westen ist der restlichen Welt, die auf mehr Wohlstand hofft, ein armseliges Vorbild. Es geht nicht an, dringliche Fragen einer neuen, gerechteren Verteilung zu verdrängen, und nach dümmlich-naiver Gut-und-Böse-Dichotomie der Welt, militärische Muskeln spielen zu lassen. Mächtige Staaten müssen lernen, ihr Handeln zu hinterfragen und die Konsequenzen zu tragen. Zeitbomben, die nicht rechtzeitig entschärft werden, explodieren.

(ama;02/02)


Michael Lüders: "Wir hungern nach dem Tod"
Arche Verlag AG, 2001. 120 Seiten. ISBN 3-7160-2300-0.
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