Nelson DeMille: "Spencerville"

Kriege und deren Auswirkungen sind sehr häufig Thema in DeMilles Romanen, und auch dieser Roman gehört in dieses Feld. Allerdings ist das Ende des Krieges, um den es hier geht, nicht das zentrale Thema des Werkes, sondern wesentlich profaner: Rache. In gewisser Hinsicht ist dies "First Blood" ("Rambo") in etwas intelligenterer Form mit Bezug auf das Ende des "Kalten Krieges"


Keith Landry ist ein Mann aus einem kleinen Dorf in Spencer County, und nach einigen Jahren am College hatte ihn der Vietnam-Krieg ins große Abenteuer und von seiner "friedensbewegten" Freundin weg gelockt. Diese hat dann später einen daheim gebliebenen jungen Mann geheiratet, der es dereinst zum Polizeichef von Spencerville bringen sollte. Als der Krieg zu Ende ging, war Keith dann zunächst für den militärischen Geheimdienst als Agent im Außeneinsatz tätig und erlebte den Zusammenbruch der UdSSR sozusagen "in der ersten Reihe" mit. Kurz darauf kam er nach Washington, wo er im Rahmen der globalen Geheimdienstarbeit tätig war. Doch schließlich bekam er einen Brief, in dem ihm die Möglichkeit zur Frühpensionierung angeboten wurde, und da er Washington nicht mochte und das Ende des Kalten Krieges ihn ohne wirkliche Aufgabe zurückgelassen hatte, unterzeichnete er seine Papiere und begab sich nach Hause, um sich die verlassene Farm seiner Eltern anzuschauen und dort zu überlegen, was er mit dem Rest seines Lebens anfangen sollte.

Über die vorhergehenden 25 Jahre stand er mit seiner Jugendfreundin in einem ständigen Briefkontakt, die in ihrer Ehe - trotz zweier netter Kinder - nicht besonders glücklich ist, weil ihr Mann sehr dominant und kontrollierend ist, was sich auch in seiner Arbeit zeigt. Als Keith nach Spencerville zurück kommt bemerkt er sehr schnell, dass die dortige Polizei Verhaltensmuster an den Tag legt, die er sonst nur im Außendienst in einigen kommunistischen Staaten kennen gelernt hat. Und als der Polizeichef - der es selber mit der ehelichen Treue nicht so übertrieben genau nimmt - feststellt, dass ein ehemaliger Freund seiner Frau in der Stadt ist, beschließt er, diesen so schnell wie möglich zu vertreiben. Eine kleiner kalter Krieg zwischen dem erfahrenen Taktiker aus dem globalen Schlachtfeld und dem bauernschlauen Kleinfaschisten beginnt, der zu ausgiebiger kollateraler Verwüstung und schließlich zu einem fulminanten Showdown führt.

Sprachlich ist dieser Roman wie immer sehr zufriedenstellend, aber gegen Ende wünscht man sich doch eine versöhnlichere Lösung des gesamten Konflikts, als sie diese Geschichte anbietet. Irgendwie ist die Übertragung der Rhetorik und Taktik des Kalten Krieges auf das Kleinstadtleben - so sehr dies eventuell realistisch sein mag - doch so banal und gleichzeitig erschreckend, dass es die Leserin und den Leser einfach kopfschüttelnd zurücklässt. Wenn man die Absurdität einer solchen Situation verdeutlichen wollte, ist dies sicherlich gelungen, aber irgendwie passen die letzten 120 Seiten des Romans nicht so ganz zur Atmosphäre des restlichen Buchs.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 01/2003)


Nelson DeMille: "Spencerville"
(Englische Ausgabe)
Warner Books, 1998. 639 Seiten.
ISBN 0-446-60245-0
ca. EUR 8,21. Buch bestellen