Martin Conrath: "Stahlglatt"

Das Saarland ist in den Augen vieler Menschen eher ein beschaulicher Fleck der Welt und eines der dortigen Lebensmottos ist "Hauptsach gudd gess". So lernt man das Saarland in der Regel als Tourist kennen, und so scheint es über weite Teile auch wirklich zu sein.


Nicht aber in diesem Kriminalroman, der uns bereits auf der ersten Seite mit einem Leichnam konfrontiert, dem mit einem Schwert der Kopf und ein Arm abgeschlagen wurde. Dies findet Kriminalhauptkommissar Bremer auf dem Schwarzberg, direkt unter dem Schwarzbergturm, der höchsten Erhebung des Saarlands. Außerdem trifft er hier auf Susanne Holt, Sascha Flaumer und Werner Klöber, drei Praktikanten und Kommissaranwärter, die ihm die nächsten sechs Wochen für die praktische Ausbildung unterstehen sollen.
Rasch stellt sich heraus, dass diese drei noch "feucht hinter den Ohren" von der Polizeischule kommen und teilweise sehr niedliche Theorien dazu haben, was hier genau vorgefallen sein könnte: Mafia (Lyoner-Connection), Psychopathen oder rachsüchtige Vergewaltigungsopfer. Bremer ist von diesen Vorstellungen wenig begeistert.

Er nimmt die drei "Frischlinge" unter seine Fittiche und gleichzeitig die weiteren Ermittlungen auf, die ihn zunächst in die Wohnung des Opfers führen, das eine schillernde Persönlichkeit war; ein Food-Designer, der als buddhistischer Homosexueller einen weiblichen Luchs als Haustier hielt, der Bremer beim Betreten der Wohnung ein neues Gesicht verpasst. Hinter einer falschen Tapete findet sich eine Waffenkammer, die darauf hinweist, dass das Opfer ein Sammler seltener Waffen war, wobei die Tatwaffe offensichtlich die neueste Erwerbung darstellte. Darum führen die Ermittlungen erst einmal in die Sammlerszene.

Doch kurz darauf taucht die nächste Leiche auf: Ein katholischer Geistlicher wird gekreuzigt aufgefunden, und am Tatort gibt es Hinweise, dass es sich um ebenjene Täter handelt, die den buddhistischen Waffennarren ermordet haben. Als bald darauf auch noch ein geschächteter Vertreter der jüdischen Gemeinde aufgefunden wird und ein Oberbürgermeisterkandidat, der sich für die Errichtung einer Moschee eingesetzt hat, fällt der Verdacht schließlich auf einen Altnazi, dem das Grundstück, auf dem diese Moschee errichtet werden sollte, gehört. Doch auch die Ermittlungen in dieser Szene verlaufen schnell im Sande, während sich Bremer inoffiziell bei den politischen Konkurrenten des Oberbürgermeisterkandidaten umschaut, wo er allerdings auch nicht weiterkommt. Durch einen Zufall wird eine Verbindung zu satanistischen Kreisen aufgetan, und mit dem entsprechenden Anschuldigungen konfrontiert, geben die Satansjünger ihre Taten fröhlich zu, so dass die Ermittlungen nach nur drei Tagen abgeschlossen zu sein scheinen.

Doch Bremer, der auch privat einige Erfolge erzielt hat, glaubt nicht so ganz an diese schnelle Lösung und ermittelt in seinem Erholungsurlaub auf eigene Faust weiter. Dabei wird er Opfer von Personen, gegen die die Satanisten die reinsten Waisenknaben sind. In einem Katastrophenschutzbunker gefangen, beginnt ein psychologischer Krieg gegen einen gerissenen und erfahrenen Gegner, während sich Bremers Kollegen und Praktikanten auf die Suche nach dem Verschwundenen machen; nicht wissend, wie wenig Zeit ihnen noch bleibt ...

Psychologisch vielschichtig, intelligent und spannend erzählt, stellt dieser Roman mit Kriminalhauptkommissar Bremer und seinen Vorgesetzten und Untergebenen ein Ensemble vor, von dem es hoffentlich in den nächsten Jahren noch mehr zu lesen geben wird. Gleichzeitig lernt man en passant eine ganze Menge über Saarbrücken und Saarlouis und ein wenig über die saarländische Geschichte sowie über die Geschichte des Satanismus, was auch interessant ist und einige Vorurteile zu diesem Thema angreifen dürfte, wie es bereits "Das Imperium der Wölfe" von Grangé versucht hat.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 08/2004)


Martin Conrath: "Stahlglatt"
Emons, 2004. 288 Seiten.
ISBN 3-89705-332-2.
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