John O'Donohue: "Anam Ċara"

Das Buch der keltischen Weisheit


In der sanften Umklammerung philosophischer Theologie ...

In Irland gibt es bekanntlich keine Schlangen, jedoch unzählige Schafe: Nach katholischen Maßstäben wahrhaft paradiesische Zustände. Weshalb strebt ein gebürtiger Ire danach, sich als Bindeglied zwischen biblischen und sonstigen Weisheiten zu positionieren?
Die Antwort ist gewissermaßen abendfüllend; sie erstreckt sich über mehr als 250 Seiten.

John O'Donohue lässt zahlreiche Gelehrte verschiedener Epochen und Kulturen aufmarschieren, flicht Zitate, Gebete und esoterische Binsenweisheiten aller Herren Länder ein, sodass sich das Buch wie die Seminararbeit eines Psychologiestudenten, der die heutige westliche Gesellschaft aus weichgespülter Gutmenschenperspektive betrachtet, liest.

Der Untertitel "Das Buch der keltischen Weisheit" erscheint in diesem Kontext bestenfalls beliebig, weniger wohlmeinend als krasser Fehlgriff - als hätte der Autor mit einem Schleppnetz in kulturhistorischen Tiefen gefischt, wodurch keine Auslese sondern ein zufälliges Durcheinander zutage gefördert wurde.

Aber wer einen milden Aufguss aus Schöngeist, Tugendhaftigkeit und hehren Idealen, aromatisiert mit fernöstlichem Gedankengut und einer Prise Alltagsmystik zu verkosten wünscht, mag durchaus Geschmack an "Anam Ċara" finden.

Manche Kapitel tragen denn auch hübsche, gelungene Überschriften (beispielsweise "Die Seele als göttliches Echo" oder "Natürlichkeit ist Heiligkeit"), und bisweilen birgt das Buch wahre Perlen im Sinne von Denkanstößen (auch hierzu zwei Leseproben: "Unsere äußere Sehnsucht bleibt zeit unseres Lebens bedürftig und getrieben, es sei denn, wir entdecken unsere Zugehörigkeit in unserer Einsamkeit" oder "Die Stille ist eines der Hauptopfer der modernen Kultur").

(kre)


John O'Donohue: "Anam Ċara. Das Buch der keltischen Weisheit"
Übersetzt von Ditte und Giovanni Bandini.
dtv, 2010. 256 Seiten.
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John O'Donohue (1954-2008) studierte in Tübingen philosophische Theologie und promovierte 1990 mit einer Arbeit über Hegel. Bis zu seinem Tod am 3. Jänner 2008 lebte O'Donohue, dessen Muttersprache Gälisch war, in einem Cottage in seiner Heimat Connemara im Westen Irlands.

Weitere Bücher des Autors (Auswahl):

"Echo der Seele. Von der Sehnsucht nach Geborgenheit"

Irgendwo, tief in unserem Innern lebt die Sehnsucht. Es ist die Sehnsucht nach Liebe, Geborgenheit und Zugehörigkeit. Dieses dem Menschen innewohnende Verlangen ist der Urgrund aller Kreativität, aller Veränderungen und der Freundschaft, aber auch die Quelle der Verzweiflung. Das Echo der Sehnsucht lässt uns nie völlig zur Ruhe kommen. Es lebt in unserem Herzen und führt uns bald behutsam, bald leidenschaftlich zu immer neuen Ufern. Es will uns zur Erkenntnis aller Möglichkeiten führen, die in uns schlummern, und es wird nicht eher ruhen, bis unser ewiges Potenzial erwacht ist. Noch nie war der Hunger nach Zugehörigkeit so quälend wie heute. Immer mehr Menschen sind aus dem Rhythmus des Lebens geraten und fühlen sich einsam, isoliert und zerrissen. Die Geborgenheit, die wir in der Zugehörigkeit erfahren, schenkt uns Kraft; sie bestätigt in uns eine Stille und Gewissheit des Herzens. Sie befähigt uns, äußeren Druck und Verwirrung zu ertragen und sie versichert uns des Bodens, auf dem wir stehen. (dtv)
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"Vom Reichtum des Lebens. Die Schönheit erwecken"
"Die Seele des Menschen dürstet nach Schönheit; wir suchen sie in allem - in Landschaft, Musik, Kunst, Kleidung, Möbeln, Gärten, Freundschaft, Liebe, Religion und in uns selbst." John O'Donohue zeigt dem Leser auf seine einzigartige Weise, wie viele Facetten von Schönheit uns im täglichen Leben begegnen und welche Kraft man daraus schöpfen kann. Schönheit ist die Harmonie der Welt und erweist sich als Schlüssel zum größten Mysterium: der Erfahrung Gottes. Für alle, die ihr Leben um positive Impulse bereichern wollen. (dtv)
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"Benedictus. Das Buch der irischen Segenswünsche"
Segnen schafft Nähe und überbrückt Trennendes, es ermöglicht Vergebung, Frieden im Herzen und Frieden in der Welt. Höchste Zeit, diese lange vergessene Kunst wieder zum Leben zu erwecken. Und wer könnte das besser als John O'Donohue? Die von ihm verfassten Segensgebete verbinden das spirituelle Erbe seiner keltischen Heimat mit der Wirklichkeit unseres Alltags - anrührend, ausdrucksstark und voll tief empfundener Liebe zu den Menschen. (Pattloch)
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