Bernhard Aichner: "Totenrausch"


Im dritten Teil der Geschichte um Brünhilde Blum, Bestatterin und mehrfache Mörderin, begleitet der Leser sie bei ihrem Versuch, für sich und ihre beiden Töchter wieder in ein "normales Leben" zurückzufinden. Dass das aufgrund ihrer Vergangenheit kein einfaches Unterfangen ist, versteht sich von selbst.

In ihrer Not liefert sie sich einem mächtigen Hamburger Zuhälter aus, weil nur er ihr die notwendigen neuen Identitäten verschaffen kann. Aber dieser will natürlich auch Gegenleistungen dafür. Schon der Weg von den Lofoten, hundert Kilometer nördlich des Polarkreises, nach Hamburg ist besonders ungewöhnlich - außer für eine Bestatterin vielleicht. Brünhilde tut für ihre Kinder und deren Schutz alles, und zwar wirklich alles, und versichert ihnen stets "Alles ist gut!".
"'Ich kann jemanden für dich umbringen', hat sie gesagt. Dieser wahnwitzige Satz, der ihr das Leben gerettet hat, eine Schuld, die sie einlösen muss irgendwann. Sie weiß es, aber sie tut so, als wäre es nicht passiert, als würde es diese Vereinbarung nicht geben."

So gerät die Bestatterin wieder in einen Strudel krimineller Machenschaften, aus dem sie sich mit aller Kraft zu befreien versucht, und der sie an die Grenze ihrer Belastbarkeit führt. Vor ihren Kindern verbirgt sie die unschöne Realität stets mit größter Sorgfalt. Blum agiert gewohnt kühl, berechnend, zum Teil äußerst brutal, zum Teil auch wieder sehr menschlich. Durch ihre gewinnende Art gelingt es ihr immer wieder, wohlwollende Unterstützer zu finden.
"Brühnhilde Blum. Liebevolle Mutter, erfolgreich in ihrem Beruf als Bestatterin, freundlich und ausgeglichen, niemand hätte je damit gerechnet, keiner hätte auch nur eine Sekunde lang angenommen, wozu sie fähig sein könnte."
Brünhilde hat auch in dieser Geschichte wieder einige Verluste zu ertragen. Das bringt sie aber nie von ihrem einzigen Ziel ab: Sicherheit für ihre Töchter und sie. Es kann also ohne Weiteres verraten werden, wer die Mörderin oder der Mörder ist - wie immer, Blum!

"In einer halben Stunde wird der Schuppen in Flammen aufgehen. Die Feuerwehr wird zu spät kommen, sie wird verhindern, dass das Feuer auf das Wohnhaus und die umliegenden Häuser übergreift, aber sie wird nichts mehr für den armen Bootsbauer tun können. Nur eine verkohlte Leiche werden sie finden."
Empfehlenswert ist dieses Werk nur für hartgesottene Thriller-Leser. Die zum Teil brutalen Übergriffe sind nichts für schwache Nerven. Aichner erzählt im gewohnt knappen Stil, und es gelingt ihm auch im dritten Blum-Teil, deren Gefühlswelt so darzustellen, dass der Leser die Sympathie für sie einfach nicht verlieren kann - obwohl ihre Handlungen oft geradezu unmenschlich und grausam sind.

Bernhard Aichner sollte man, abgesehen von seinen außergewöhnlichen Büchern, auch unbedingt einmal bei einer seiner Lesungen erlebt haben, weil der Tiroler beim Vorlesen seiner eigenen Bücher alle Sympathien auf seiner Seite hat. Der 1972 geborene Aichner geht nicht nur als großartiger Schriftsteller, sondern auch als Komödiant und freundlicher Kerl von nebenan durch.
Es überrascht nicht, dass Bernhard Aichner es mit seiner Fortsetzung "Totenrausch" direkt auf Platz 1 der österreichischen Verkaufsbestenliste schafft. Auch an einem Drehbuch wird bereits gearbeitet. Vielleicht haben die Leser also bald schon ein sehr reales Bild von Blum auf dem Fernsehschirm vor sich.

(Alexandra Gölly; 01/2017)


Bernhard Aichner: "Totenrausch"
btb, 2017. 472 Seiten.
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