Nigel Barley: "Bali"

Das letzte Paradies


Exotischer Roman über Bali, verknüpft mit dem Leben von Walter Spies

"Nach einem langen, weitschweifenden Vortrag über Kunst, von dem die Küken kein Wort verstanden, setzte Walter seine Baskenmütze auf. Er überlasse die Jungs jetzt Tuan Rudi, sagte er - einem der größten Künstler Hollands, der Heimat der Malerei. Und damit verabschiedete sich Walter und zwinkerte mir zu, was ungefähr so hilfreich war wie ein Rettungsring inmitten riesiger, haifischdurchkreuzter Wellen auf offenem Meer."

Exotische Speisen, verwunschene Landschaften, geheimnisvolle Menschen, leidenschaftliche Künstler: Bali gilt schon seit jeher als faszinierendes Mysterium. In seinem Roman verknüpft der Ethnologe Nigel Barley die vielseitige Insel mit dem Leben von Walter Spies (1895-1942). Der deutsche  Ethnologe, Musiker, Naturforscher und Maler Spies wurde durch sein Wirken auf Bali bekannt. In den 1930er-Jahren war Spies' Haus das kulturelle Zentrum Balis, in dem Künstler aus aller Welt ein- und ausgingen.
Der Autor lässt die Handlung seines Romans anhand Spies' Leben und Tod kunstvoll mit den Erlebnissen des jungen holländischen Künstlers Rudi entstehen, der das erste Mal die Insel Bali besucht. Rudi lebt sich gut auf der Insel ein und genießt Walters Gesellschaft, unterrichtet Schüler, erkundet die fremde Welt.

Lustig, aber auch berührend vereint der Roman eine fiktive Erzählung mit realen historischen Persönlichkeiten und der wundersamen Präsenz Balis als Schauplatz. Teils etwas verwirrend, muss der Leser stellenweise konzentriert bei der Sache bleiben, um den Faden nicht zu verlieren. Der Roman ist dennoch in sich stimmig und angenehm zu lesen.

Schon der bunte, geheimnisvolle Buchumschlag verspricht exotischen Lesespaß. Wie ein Abenteuerroman mit Reiseberichtcharakter liest sich "Bali. Das letzte Paradies" sehr flüssig und ansprechend. Die Schilderungen laden dazu ein, sich die Umgebung von Rudis Erkundungen auszumalen und Balis Welt in der eigenen Vorstellung aufblühen zu lassen.
Aufgrund des Realitätsbezugs animiert der Roman zum Nachdenken und Forschen, vermittelt außerdem Wissen über Walter Spies, die Künstler und das Bali der damaligen Zeit.

Indonesien - Bali ist eine der über 17.000 Inseln des Inselstaates - ist übrigens Ehrengast bei der Frankfurter Buchmesse 2015. Wer sich thematisch auf die Buchmesse einstimmen will, ist mit Barleys Buch sicherlich gut beraten und kann auf eine gedankliche Reise gehen, die nicht zu bereuen sein wird. Freuen darf man sich dabei auch auf heiße Nächte, erbauliche Bekanntschaften und die größte Kunst überhaupt: die Kunst des Lebens.

Fazit:
Ein in sich harmonischer Roman mit Bonuspunkten für den realen historischen Hintergrund.

(Alexandra Gölly; 09/2015)


Nigel Barley: "Bali. Das letzte Paradies"
(Originaltitel "Island of Demons")
Übersetzt von Anke Caroline Burger.
Klett-Cotta, 2015. 270 Seiten.
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Nigel Barley wurde 1947 im Süden von London geboren. Als Ethnologe arbeitete er u.A. in West-Afrika. Im Anschluss leitete er viele Jahre lang die ethnologische Abteilung im "British Museum". In dieser Zeit entdeckte er seine Liebe zum asiatischen Kulturraum, vor allem zu Indonesien, wo er seit einigen Jahren lebt.

Weitere Bücher des Autors (Auswahl):

"Traumatische Tropen. Notizen aus meiner Lehmhütte"

Wer ein richtiger Ethnologe sein will, der muss irgendwann einmal "draußen" gewesen sein. Also macht sich auch Nigel Barley auf in den Dschungel - nein, nicht in den Afrikas, sondern in jenen der Gremien, Ämter und Behörden.
Volle zwei Jahre dauert es, bis er endlich nach Nord-Kamerun zu "seinen" Dowayos kommt. Ebenfalls zwei Jahre verbringt er dort, obwohl seine erste Bekanntschaft mit Afrika beinahe seine letzte geworden wäre.
Groß ist die Kluft zwischen ethnologischer Fachliteratur und afrikanischer Wirklichkeit, und so tritt Barley zunächst einmal in alle Fettnäpfchen, die in der fremden Kultur für ihn bereitstehen. Die "teilnehmende Beobachtung" setzt schließlich voraus, dass man teilzunehmen versteht ...
Trotz vieler Widrigkeiten kommt endlich doch "Forschungsmaterial" zusammen, und Umrisse des Verstehens zeichnen sich bei Barley ab. Er kann die Heimreise antreten, die natürlich auch nicht komplikationslos bleibt ...
Die Dowayos haben diese zwei Jahre kaum verändert, wohl aber den Ethnologen. Und als die Notizbücher dann in London auf seinem Schreibtisch liegen, da wollen sie sich so gar nicht mehr zu dem verdichten lassen, was ethnologische Wissenschaft sein soll. Also setzt sich Barley hin und schreibt stattdessen dieses Buch. (dtv)
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"Auf den Spuren von Mr. Spock. Eine Reise nach Indonesien"
Nigel Barley ist Abenteurer und ein durch und durch neugieriger Mensch. Für so jemanden gibt es eigentlich keine andere Lösung, als Ethnologe zu werden. Sein Reisebericht auf den Spuren der Toraja in Indonesien beweist mit viel Humor, dass diese Berufswahl absolut richtig war.
Als Nigel Barley hört, dass die Kinder der Toraja so spitze Ohren haben wie Mister Spock auf dem "Raumschiff Enterprise", lässt er alles stehen und liegen und reist nach Indonesien. Dort begegnet er nicht nur einer beeindruckenden Kultur, sondern findet auch Freunde fürs Leben. Um das auch seinen britischen Landsleuten zu demonstrieren, überredet er einige Toraja, für ihn eines ihrer wundervollen Holzhäuser zu bauen. Und zwar mitten in einem Londoner Museum. Wie die Fremden Europa wahrnehmen, lässt mit viel Humor die Grenzen von Beobachter und Beobachtetem verschwimmen. (Klett-Cotta)
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"Die Raupenplage"
Für Ethnologen gibt es heute nicht mehr viel zu entdecken. Umso erfreuter war Nigel Barley, dass bei den Dowayos eine seltene, noch nie von Weißen beobachtete Beschneidungszeremonie stattfinden sollte. Also machte er sich auf nach Kamerun - und dieses Buch, eher Reisebericht als Sachbuch, ist sein Protokoll eines großen Scheiterns. Es macht klar, welch riesige Lücke zwischen den Träumen von der heilen Welt der "Primitiven" und der alltäglichen Wirklichkeit klafft. Keine fröhliche, aber eine unfreiwillig komische Wissenschaft wird hier betrieben. (Unionsverlag)
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Weitere Buchtipps:

Thomas Blubacher: "Gebrauchsanweisung für Bali"

Yogakurs und River Rafting, Schattentheater und Moonlight-Party: Thomas Blubacher, der seit mehr als zwanzig Jahren immer wieder nach Bali zurückkehrt, führt uns durch die Luxusresorts in Nusa Dua, über den "Ballermann" von Kuta und an den Lavastrand in Lovina. Er reist aufs benachbarte Java und Lombok sowie ins Tauch-Dorado der Gili-Inseln. Verrät, warum in Indonesiens hinduistischer Enklave jeder Ort mindestens drei Tempel haben muss und alle Balinesen Maler, Holzschnitzer oder Tänzer sind. Welche Bedeutung die mysteriösen Toiletten-Strichmännchen haben und was man in den Garküchen außer Saté-Spießen sonst noch probieren sollte. Und er erklärt versiert, wo man am besten Dämonen austreiben oder sich wie eine echte Prinzessin massieren lassen kann. (Piper)
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Fritz Schultze: "Kleine Geschichte Indonesiens"
Indonesien: Das sind mehr als 17.000 Inseln, über 300 Völker und ein einzigartiger Schmelztiegel verschiedener kultureller Einflüsse.
Fritz Schulze erzählt die Geschichte des viertgrößten Landes der Welt von der frühesten Besiedlung vor rund 4000 Jahren über die hinduistischen und buddhistischen Inselkönigreiche, die Ausbreitung des Islam und die lange niederländische Kolonialzeit bis heute. Er erklärt, wie das Vielvölkerreich seit der Unabhängigkeit zu einer Nation zusammenwächst und warum sich das größte islamische Land der Welt erfolgreich auf dem Weg zur Demokratie befindet. Unentbehrlich für alle, die das riesige Inselreich am Äquator besser verstehen wollen. (C.H. Beck)
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Marjory Linardy: "Das kuriose Indonesien-Buch. Was Reiseführer verschweigen"
Wo kann man in Indonesien am besten Ski fahren? Warum erledigen die Indonesier nichts mit links? Was sind ihre beliebtesten Weihnachtslieder? Marjory Linardy, in Indonesierin geboren und aufgewachsen, versammelt Wissenswertes und Kurioses über ihre Heimat. Ein sehr unterhaltsamer Einblick in ein Land, das nur aus Inseln besteht. (Fischer)
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Wolfgang Behringer: "Tambora und das Jahr ohne Sommer. Wie ein Vulkan die Welt in die Krise stürzte"
1816 spielte das Klima verrückt. Der Winter brachte extreme Kälte; sintflutartige Regenfälle führten in Asien zu gewaltigen Überschwemmungen. In Westeuropa wie in Nordamerika erlebte man das "Jahr ohne Sommer". Die Ursache kannte damals niemand: Es war der Ausbruch des Vulkans Tambora im heutigen Indonesien - der größte Vulkanausbruch in der menschlichen Geschichte. Der renommierte Klimahistoriker Wolfgang Behringer erzählt in seinem Buch zum ersten Mal die globale Geschichte dieser Klimakatastrophe, die die Welt auf Jahre hinaus in politische und soziale Krisen stürzte.
Durch Missernten wurde 1817 zum "Jahr des Hungers". Es folgten Seuchen, die ganze Regionen lahmlegten, riesige Auswanderungswellen, politische Unruhen und Attentate, die eine vorrevolutionäre Stimmung erzeugten. In Deutschland machte man die Juden zum Sündenbock der Misere, in Südafrika die Hexen, und in China untergruben Geheimgesellschaften die Autorität des Staates. Noch nie zuvor wurden all diese Ereignisse auf ihren gemeinsamen Ursprung bezogen. Der Tambora-Ausbruch testete die Fähigkeit der menschlichen Zivilisation, mit der dramatischen Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen umzugehen. Wolfgang Behringer zeigt, wie unterschiedlich die einzelnen Länder und Gesellschaften reagierten. Am Ende trug die Klimakatastrophe auch zu einer Umschichtung der Weltpolitik bei: dem Niedergang Chinas, Indiens und der islamischen Welt sowie dem Aufstieg Europas, Russlands und der USA. (C.H. Beck)
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