Michael George: "Geh@ckt"

Ein Agent berichtet


Edward Snowden hat mit seinen Veröffentlichungen der breiteren Masse die Augen bezüglich Sicherheitsmissständen geöffnet, die aufmerksameren Beobachtern eigentlich bereits seit spätestens Anfang der 1990er-Jahre bewusst sind und aufgrund der stärkeren Durchdringung des öffentlichen und privaten Lebens durch das Internet und durch vernetzte Computertechnologien im Verein mit erst Mobiltelefonen und nun SmartPhones immer umfassender werden.

Jeder Nachrichtendienst - und auch jeder Geheimdienst, was nicht das Gleiche ist, wie uns der Autor als ehemaliger Mitarbeiter unter Anderem des BNDs versichert - ist damit beschäftigt, Daten zu sammeln und zu korrelieren. Das ist die Aufgabe solcher Einrichtungen, und es ist immer die Frage, wie stark in einem gegebenen Land diese Tätigkeit durch Gesetze und Überwachung derselben gewährleistet und kontrolliert ist. Deutschland gibt er dabei ganz gute Bewertungen.

Wir sind eigentlich überall informationstechnisch angreifbar, und mit "intelligenteren" Fernsehgeräten, Kühlschränken, Waschmaschinen und Fahrzeugen öffnen wir Schnüfflern und Manipulatoren von Daten immer mehr Wege in unsere Leben, während gleichzeitig Energie- und Wassernetze zunehmend abhängiger von vernetzten Systemen werden - auch weil man über Ferndiagnose und die dafür benötigten Verbindungen die Netze besser warten und kontrollieren kann, als durch teure Fachkräfte. Oder wenn schon nicht wirklich besser, dann doch zumindest billiger.

Dieser Spargedanke macht die Wirtschaftsunternehmen und auch die öffentlichen Verwaltungen extrem angreifbar, weil nicht nur mehr Tore nach außen geöffnet werden, um Geld zu sparen, sondern dann auch an den Sicherungssystemen dieser neuen Tore - und auch der alten - ebenfalls gespart wird, so dass man sich mit bereits verseuchten Sicherheitsprogrammen zum Teil selbst den "Feind" ins Haus holt. Auf diese Weise werden dann sogar Sicherheitsprogrammefirmen gehackt, und auch viele Mitarbeiter von Nachrichtendiensten bringen weiterhin ihre unsicheren Privat-SmartPhones mit in ihre Dienststellen.

In 16 mehr oder minder eigenständigen Kapiteln, die wohl zum Teil auf Vortragsmanuskripten aus seiner Diensttätigkeit beruhen, beschreibt Michael George das Vorgehen von Nachrichten- und Geheimdiensten im Netz und außerhalb und auch jenes von Terroristen, Hacktivisten, fremden Geheimdiensten und Kriminellen sowie Industriespionen beim gegenseitigen Hacken und beim Hacken von Firmen, privaten Mobiltelefonen, Autos und Anderem. Nach einer umfänglichen, wenn auch für aufmerksamere Beobachter nicht unbedingt überraschenden, Darstellung der Gefahren, die ja auch zum Beispiel in Teilen in "Blackout" dargestellt worden sind, gibt der Autor einige Hinweise dazu, wie man sich selbst und seine Firma schützen kann - denn der unsicherste Faktor im Bereich der Computersicherheit ist nach wie vor der Mensch.

Mit einem Endnotenverzeichnis und einem umfangreichen Glossar ist dies ein Buch, das eigentlich zumindest jeder, der für die Sicherheit eines Unternehmens oder eines Amts zuständig ist, in seinem Schrank stehen haben sollte, um dort regelmäßig hineinzuschauen und hoffentlich auch danach zu handeln.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 12/2013)


Michael George: "Geh@ckt. Ein Agent berichtet"
Rowohlt, 2013. 250 Seiten.
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Michael George, Jahrgang 1968, ist seit seiner Ausbildung beim Bundesnachrichtendienst in verschiedenen Funktionen bei deutschen Nachrichtendiensten tätig. Derzeit arbeitet er für die Spionageabwehr des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz und unterstützt Unternehmen sowie Behörden bei der Abwehr elektronischer Angriffe.

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