Christian Hesse: "Warum Mathematik glücklich macht"
151 erstaunliche Geschichten
Mathematik
          - eine belletristische Wissenschaft?!
        
        Woran
        erkennt man, dass der Mann ein Mathematiker ist?
        Er überlegt lange.
        Seine Antwort ist wahr.
        Seine Aussage ist zu nichts zu gebrauchen.
        
        "Ein Mathematiker ist
          ein Mensch, der lieber eine halbe
          Stunde nachdenkt, als fünf Minuten zu arbeiten."
        
        Jede
        Menge Witze kursieren über diese Wissenschaft. Die
        Erinnerungen an das
        Schulfach Mathematik zählen allerdings bei den Meisten nicht
        zu den
        besten: zu trocken, zu abstrakt, zu unverständlich. Ihre stark
        normierte, karge Darreichungsform hat etwas Hermetisches und
        Unzugängliches. "Wenn
          es auch am Beginn des 3.
          Jahrtausends zunehmend
          schwieriger wird, ihre großen Errungenschaften zu leugnen, so
          erscheint
          sie ihren Gegnern doch emotional frugal, intellektualistisch,
          vollwertig furchterregend und als Beschäftigung in etwa so
          spannend wie
          die Besichtigung frischer Farbe beim Antrocknen", schreibt
        Christian
        Hesse im Vorwort zu seinem Buch. Mathematik, so die Meinung der
        Meisten, sei eine Wissenschaft, die von Profis für Profis
        produziert
        wird, und nur diese können in ihr ein grandioses Abenteuer
        sehen.
        
        Doch
        unsere Welt und unser Alltag stecken voller Mathematik, nicht nur als
        fester Bestandteil bei der Erschließung des Großen
        (Weltall) oder der
        Analyse des ganz Kleinen (Elementarteilchen). "Die Heizung
          heizt, der
          Flieger fliegt, die Brücke trägt nur dann, wenn
          Mathematik im Spiel
          ist", so der promovierte Autor und Professor für
        Mathematik an der
        Universität Stuttgart. "Darüber
          hinaus ist
          die Mathematik eine Quelle
          nachhaltig spürbarer Schönheit." Ein
        bisschen von dieser ästhetischen
        Qualität will er mit seinem Buch dem geneigten Leser
        mitteilen, ihn
        mitreißen und ihm deren Präzision, kristalline
        Klarheit und Eleganz
        vermitteln.
        
        Dieses
        Unterfangen ist Christian Hesse hervorragend gelungen. Er holt die
        Mathematik "hinter dem Ofen hervor" und platziert
        sie als illustres
        Tischgespräch. Was ist das optimale Verhalten bei
        Warteschlangen? Wie
        kann man einen Kuchen unter drei Personen neidfrei aufteilen? Kann man
        beim Glücksspiel zwei Verluststrategien zu einer
        Gewinnstrategie
        kombinieren? Warum haben Tiger Streifen, Dalmatiner Punkte und
        Elefanten nichts von beidem? Ist es günstiger, beim Italiener
        Pizza "Groß" oder vielleicht doch lieber Pizza "Klein" +
        Pizza "Medium" zu
        bestellen? Dies sind nur einige Fragen, die der Autor anspricht und
        mathematisch beantwortet.
        
        Er öffnet die Sieben Siegel mit
        Leichtigkeit, Eleganz und vor allem Humor und zeichnet ein lebendiges
        Bild der Mathematik. Auch ein Leser mit geringen mathematischen
        Grundkenntnissen kann an diesem Buch Freude finden. So wird man zwar
        nicht alle Formeln und Ausführungen verstehen und
        nachvollziehen
        können, aber Hesse gelingt es immer wieder, die Klippen des
        Unverständnisses gekonnt zu umschiffen. Seine "Fallbeispiele"
        und
        Erläuterungen erinnern eher an Jon Bon Jovis Gitarrenspiel,
        als an
        Anne-Sophie Mutters Violinenakkuratesse. In kurzen, knappen Intermezzi "in
          Feiertagslänge",
        versucht der Autor "Schweres
          unschwer leichter zu
          sagen", eine Art flanierendes Denken, kunterbunt
        zusammengewürfelt.
        Vielleicht gerade dadurch so munter und erfrischend. "Nicht
          Kleinkunst
          habe ich im Sinn, sondern tiefer gehängte Hochkultur, bis
          hinunter auf
          Verstehbarkeit in Echtzeit", verspricht Hesse.
        
        Und
        Recht hat er. Seine Sammlung an mathematischen Fallbeispielen, seine
        immer wieder eingestreuten lustigen Bonmots erweisen sich als so witzig
        und aberwitzig wie das Leben. Nach der Lektüre dieses Buches,
        das man
        häppchenweise genießen sollte, wird man sich
        vielleicht nicht gerade
        zum nächsten Mathematik-Kurs
        an der Universität
        einschreiben wollen und
        auch nicht glücklicher sein als zuvor, aber um einige
        anstrengend-schmunzelnde Erfahrungen reicher. Voller Freude legt man
        diese "exaltierte
          Querbeet-Kompilation von Mathematik und
          Leben" in
        Buchform zurück, mit dem Bedürfnis, sie jederzeit
        wieder aufzuschlagen
        und darin zu "schmökern". Die "Gefahr", dabei vielleicht doch
        noch ein
        Mathematiker zu werden, besteht nicht.
(Heike Geilen; 02/2011)
Christian
            Hesse: "Warum Mathematik glücklich macht. 151 erstaunliche
          Geschichten"
        C.H. Beck, Beck'sche Reihe, 2010. 346 Seiten.
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        Leuchtkäfer. In
        allem ist Mathematik. Mathematik
        ist alles. (Piper)
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        Wie bitte? Sie brauchen Mathematik nicht jeden Tag? Doch! Ein bisschen
        davon
        verschafft klare Vorteile. Und George G. Szpiro erzählt so,
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        Spiel beider Gegner immer auf Unentschieden hinausläuft; was
        das höchste Porto
        ist, das auf einen Brief passt; wer "Vier gewinnt" gewinnt; und wie
        zwei Mathematiker die Formel für Heiratsanträge
        herausfanden: Bekommen
        attraktivere Frauen wirklich die teureren Ringe?
        Was soll ein Mann
        einer Frau
        schenken, um ihr zu beweisen, dass er es ernst meint? Mathematik hat
        die Lösung.
        (Piper)
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