Michael Fuchs: "Johann Wolfgang von Goethe: Iphigenie auf Tauris"

Ein Schauspiel
Gymnasiale Oberstufe


Dies ist sicherlich eines der bekanntesten Theaterstücke von Johann Wolfgang von Goethe, und sei es nur, weil man die Prosa- oder die Blankversfassung in irgendeiner Art und Weise in der Schule wahrgenommen hat.

Bei einer Opferung verschleppt Artemis die Tochter Agamemnons, Iphigenie, auf die Insel Tauris, wo sie als Priesterin der Diana im dortigen Tempel eine Anstellung findet. Ihre Herkunft verheimlicht sie vor allen Bewohnern der Insel, auch, weil sie sich ihrer Familiengeschichte schämt, die voller Inzest, Patrizid, Matrizid und Kannibalismus ist. Nicht einmal der König Thaos, der sich sehr um sie bemüht, darf etwas über ihre Herkunft erfahren, aber er kann warten und ist außerdem bereit, eine alte Sitte auf Tauris, die Opferung von Fremden, die ins Land kommen im Tempel der Diana, auszusetzen. Tatsächlich scheint sein Volk auch weiterhin vom Glück verwöhnt zu sein.

Als er beschließt, dass er die schöne Priesterin nun endlich möchte, reagiert diese extrem ablehnend, weil sie sich vorgestellt hat, eines Tages als reine Person in das Haus ihres Vaters zurückzukehren und dieses als Priesterin zu reinigen. Enttäuscht und wütend fordert Thaos, in Zukunft wieder Fremde an der Küste zu opfern, und die ersten Fremden, die kommen, sind just Iphigenies Bruder Orest und sein sehr guter Freund Palydes. Nach einiger Verwirrung zu Beginn erzählen sie Iphigenie von den Zuständen in der Heimat und den Nachwehen des Trojanischen Krieges. Dann beschließen sie, sich mit einer Statue aus dem Dianentempel davon zu machen, was ihnen wohl Apoll aufgetragen haben soll. Iphigenie sieht sich nun in Gewissensnöten in ihren Verpflichtungen ihrer Heimat und ihrem Gastland gegenüber, zwischen Lügen und Wahrheiten, die über Leben und Tod entscheiden können und ähnlichen Problemen mehr.

Diese inneren Konflikte bilden den Kern des Stückes, weswegen es auch einige Kritiker bereits als "hochartifiziell und handlungsarm" beschrieben haben, und Goethe selbst nannte Iphigenie "verteufelt moralisch" und hielt die "innere Handlung" für wichtiger als die äußere, die auch sehr spärlich ist. Tatsächlich wirkt diese Anpassung eines antiken Stoffes von Euripides in seiner Problemstellung sehr konstruiert und die Auflösung emotional ziemlich unbefriedigend, was wohl erklärt, warum Aufführungen des Stückes immer sehr durchwachsene Kritiken erfahren.

Die vorliegende Textausgabe für Schüler trägt dem Rechnung, indem sie Goethe, Schiller und andere Zeitgenossen dazu zu Wort kommen lässt, die Produktionsgeschichte sowie die Unterschiede zwischen dem Ausgangswerk und Goethes Arbeit darstellt. Daneben gibt es Texte zur historischen, biografischen und philosophischen Einordnung des Dramas und seiner Thematik. Allerdings erscheinen die Fußnoten, die Analyseanleitungen und die rhetorischen Mittel am Ende ein wenig übertrieben, weil dies alles Dinge beinhaltet, die eigentlich im Unterricht erarbeitet und nicht so offen vorgegeben werden sollten.

Fazit:
Es handelt sich um eine durchaus hilfreiche Textausgabe auch für Menschen, die Goethes Werk gerade erst kennenlernen.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 08/2010)


Michael Fuchs: "Johann Wolfgang von Goethe: Iphigenie auf Tauris.
Ein Schauspiel. Gymnasiale Oberstufe"

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