Horst Bosetzky, Jan Eik: "Es geschah in Berlin 1916: Nach Verdun"

Kappes vierter Fall


Zwei Jahre sind vergangen, seit sich Hermann Kappe um einen Ehrenmord kümmern musste, und genauso lange befindet sich das Deutsche Reich mit einigen seiner Nachbarn im Krieg. Dieser wird in einem von industriell gefertigten Waffen beherrschten Schlachtfeld zum Teil noch mit eher vor- oder frühindustrieller Taktik ausgefochten. Gleichzeitig sorgen Material- und Konstruktionsprobleme an den allgegenwärtigen Handgranaten für ganz spezielle Probleme.

In Berlin scheinen diese aber zunächst noch weit weg zu sein. Seine Narkolepsie hat Kappe vorerst vor dem Fronteinsatz bewahrt, folglich scheint die größte Gefahr im Moment der unbedingte Heiratswille seiner Klara, die auch noch von Kindern träumt. Doch Kappe kann sich nicht unbedingt zu einer Änderung seiner Lebensumstände aufraffen und ist immer wieder froh, wenn ihn der Dienst länger von einem Zusammentreffen abhält.

Plötzlich explodiert eine Handgranate in einem Kolonialwarenladen, und dessen Inhaber wird in Stücke gerissen. Da dieser in den Zeiten der allgemeinen Not und des Hungers von vielen Leuten nicht besonders geschätzt wurde, ist der Kreis der Verdächtigen zunächst ziemlich groß, bis die Frau des Ermordeten die beiden Beamten auf die Spur eines relativ bekannten Anarchisten lenkt, der auch für die fragliche Zeit kein Alibi hat. Um diesen Mann zu wissen und ihn in Gewahrsam zu nehmen ist allerdings nicht unbedingt das Gleiche - vor allen Dingen, weil der Gesuchte viele verschwiegene Freunde hat.

Nach einem Fehlversuch bei einer Mai-Kundgebung, die arg aus dem Ruder läuft, gelingt es schließlich, den Gesuchten dingfest zu machen, doch nur wenige Tage später geht am Tegel auf dem Schiff eines vielgehassten Unternehmersohnes eine weitere Handgranate hoch und tötet den Eigner. Da der erste Verdächtige noch in Haft sitzt, hat dieser nun ein "bombensicheres" Alibi. Aber schnell wird der Schichtleiter des Unternehmens, ein Herr Nassmacher, geständig für beide Anschläge, und die Beamten um Hermann Kappe sind sich nun sicher, den Fall abgeschlossen zu haben. Doch Kappe selbst - mittlerweile im Stand der Ehe angekommen - ist keineswegs dermaßen sicher und ermittelt entgegen obrigkeitlichen Befehls gnadenlos weiter.

Neben dem zeitlich motivierten Fall, um den Kappe & Co. sich in diesem Buch kümmern müssen, zeichnen die beiden Autoren ein sehr überzeugendes Bild der Lebensumstände in einer deutschen Großstadt zu dieser Zeit. Dabei ist es interessant zu sehen, wie die Menschen mit dem zunehmenden Mangel an allem und jedem zurechtkamen - oder eben auch nicht. Der Fall ist zwar am Ende abgeschlossen, aber man darf schon gespannt sein, wie die Lebensgeschichte Kappes in der Folge weitergeht.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 01/2009)


Horst Bosetzky, Jan Eik: "Es geschah in Berlin 1916: Nach Verdun. Kappes vierter Fall"
Jaron, 2008. 206 Seiten.
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