Uwe-Karsten Heye: "Gewonnene Jahre"

oder Die revolutionäre Kraft der alternden Gesellschaft


Neben den Stichworten Globalisierung und Klimakatastrophe ist es wohl jenes von der demoskopischen Entwicklung, das die Gemüter der Zeitgenossen derzeit am meisten erhitzt und beschäftigt, viele Menschen aber auch mit Angst und verzagt in eine für sie unsichere Zukunft blicken lässt, seien sie nun alt oder jung.

Dass in Deutschland immer weniger Kinder geboren werden, (trotz massiver sozialpolitischer Interventionen seitens der Familienpolitik der Bundesregierung), und gleichzeitig die Menschen immer älter werden, dabei natürlich auch der Pflegeaufwand für demenzkranke Menschen immens steigt, (mit permanenten Erhöhungen der Beiträge zur Pflegeversicherung in den nächsten Jahren), wird zu großen sozialen Umwälzungen führen. Dieser wohl auf sehr lange Zeit unumkehrbare demoskopische Wandel weckt Ängste, weil die Aufgaben, die dadurch auf der Tagesordnung stehen, schier unerfüllbar scheinen. Der Wandel wird sich auf alle Bereiche auswirken, auf die Bildung, auf die Pflege, die Einwanderungspolitik und ihre gesellschaftliche Verträglichkeit, das nicht nur durch diesen Zusammenhang bewirkte Erstarken der politischen Ränder usw.

Wer in den letzten Wochen nur die innenpolitischen Debatten verfolgt hat, stößt andauernd auf das Problem: schon beschlossene Rentenanpassungen werden um des kurzfristigen politischen Erfolgs willen kurz vor der  nächsten Wahl außer Kraft gesetzt, und die Jungen sollen es finanzieren. Welche Bildung brauchen unsere Kinder, welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um die nötige Integration der Migrantenkinder und ihrer Familien in die Gesellschaft zu fördern und zu ermöglichen? Diese Beispiele sollen genügen.

Uwe-Carsten Heye, ehemaliger Regierungssprecher und heute Chefredakteur der sozialdemokratischen Parteizeitung "Vorwärts", leistet in seinem vorliegenden Buch diese notwendige Bestandsaufnahme. Dieser Teil des Buches ist eine hervorragende Einführung in die gesamte Thematik. Doch er bleibt dabei nicht stehen, denn er ist der Auffassung, dass, soll diese Herausforderung für die Gesellschaft gewonnen werden, eine ganz andere, positivere Sicht von den Bedrohungen und Ängsten auf die Chancen gerichtet werden muss, die diese "gewonnenen Jahre" , wie er die gestiegene Lebenserwartung nennt, bieten. Nicht nur für den einzelnen Menschen, sondern auch für die Gesellschaft, auch für die junge Generation, die von der freien Zeit und dem reichen Erfahrungsschatz der Älteren nur profitieren kann.
Der Autor benennt und beschreibt viele Initiativen aus der Mitte der Gesellschaft, die schon heute funktionieren.

Ein wichtiger, optimistischer und Mut machender Blick in eine Zukunft, die auch Heye nicht genau kennt, die er aber doch mit seinen publizistischen Mitteln mitzugestalten versucht.

(Winfried Stanzick; 06/2008)


Uwe-Karsten Heye: "Gewonnene Jahre oder Die revolutionäre Kraft der alternden Gesellschaft"
Blessing, 2008. 222 Seiten.
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Uwe-Karsten Heye, geboren 1940, arbeitete als Pressereferent und Redenschreiber für den damaligen SPD-Vorsitzenden Willy Brandt. In den 1980er Jahren freier Autor für "ARD" und "ZDF". Ab 1990 Pressesprecher von Gerhard Schröder in Niedersachsen und von 1998 bis 2002 Regierungssprecher und Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, danach Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland in New York. Seit 2006 ist Heye Chefredakteur der SPD-Parteizeitung "Vorwärts". Er ist Gründungsmitglied und 1. Vorsitzender des Vereins "Gesicht Zeigen! Aktion weltoffenes Deutschland".