Interview mit Evgenij Vodolazkin, dem Autor des Romans "Laurus"



Evgenij Vodolazkin (Foto: privat)

sandammeer: Wie kamen Sie ursprünglich auf die Figuren Christofor und Arseni? Waren Inspirationsquellen in Ihrer Ahnenreihe vorhanden?
Wie lange haben Sie an diesem Roman gearbeitet?


Evgenij Vodolazkin: Arseni ist eine generalisierte Figur eines Heiligen. Generalisiert auch in dem Sinn, dass er verschiedene Typen der Heiligkeit vereinigt, nämlich die der Heiligen Mönche und der Narren in Christo. Solche Verbindungen kommen auch in der Realität vor. Arseni hat viele Ahnen in altrussischen und byzantinischen Heiligengeschichten, mit meiner eigenen Familie aber hat es nichts zu tun. Gleichzeitig muss ich sagen, dass meine Familie ihre Helden hat. Einer meiner Verwandten, Erzpriester Alexander Netschaev, wurde von der Kommunistischen Macht vernichtet. Was Christofor betrifft, ist es sozusagen eine "Hilfskraft", die dem Protagonisten als Quelle des Wissens dient. Christofor ist ein typischer mittelalterlicher Heiler, der Kräuter, Steine, Metalle usw. gut kennt.
Ich habe an meinem Roman mehr als drei Jahre geschrieben. Ich habe mich dazu fast dreißig Jahre vorbereitet, die ich mich mit altrussischer Literatur beschäftigt habe.

sandammeer: Wie stellt sich im heutigen Russland Ihrer Wahrnehmung nach das Verhältnis zwischen Pantheismus und Orthodoxie dar?

Evgenij Vodolazkin: Ich würde nicht sagen, dass die Frage des Pantheismus die heutigen Russen im Ernst beschäftigt. In dem Sinne könnte nur von Orthodoxie die Rede sein.

sandammeer: Spielen im heutigen Russland Überlieferungen im Bereich der Kräuter- und Naturheilkunde sowie sibirische schamanische Traditionen noch eine Rolle, oder werden diese Methoden zunehmend durch die Pharmaindustrie verdrängt?

Evgenij Vodolazkin: Ja, es existiert ein gewisses Interesse an der sogenannt untraditionellen Medizin. Am meisten interessieren sich dafür zwei Kategorien: schwer kranke Leute, die schon alles andere ausprobiert haben, und diejenigen, die gerne experimentieren.


Das von Doris Krestan geführte Interview entstand per E-Mail im März 2016 mit freundlicher Unterstützung des Dörlemann Verlags.