Jackie French, Bruce Whatley: "Tagebuch eines Wombat"


Ein australischer Dichter, dessen Namen ich, um ihn nicht bloßzustellen, nicht nennen möchte, gestand mir einmal, er sei in seiner ersten Ehe todunglücklich gewesen, da ihm geschienen habe, seine Frau empfinde für ihren Gartenwombat größere Zuneigung als für ihn. Anstandslos wird dieser Geschichte Glauben schenken, wer schon so glücklich war, sich je im Besitz eines Wombat zu befinden oder von einem besessen zu sein, was subjektiv kaum einen Unterschied ausmacht. So jemand ist Jackie French. In ihrem "Tagebuch eines Wombat" gewährt sie uns Außenstehenden tiefe Einblicke in das Leben ihres Lieblings, indem sie acht beispielhafte Tage aus dessen Tagebuch veröffentlicht. Beginnen wir doch mit dem

Montag:
Morgens: Geschlafen.
Mittags: Geschlafen.
Abends: Gras gefressen.
Mich gekratzt.
Nachts: Gras gefressen.
Geschlafen.

Wer das für wenig aufregend hält, möge sich doch einmal an Koalatagebüchern versuchen!
Doch am Dienstag ändert sich ohnehin alles. Der Wombat findet es nicht ganz einfach, beim Kratzen die juckenden Stellen zu erreichen, und er (oder vielmehr sie, denn es ist ein weiblicher Wombat, der den Garten von Jackie French unsicher macht) beginnt das Nahrungsmittel Gras etwas eintönig zu finden. Karotten wären vielleicht eine nette Abwechslung. Doch wie seinen nicht übermäßig hellen Menschen diesen Wunsch vermitteln? Ob es wohl hilft, den Mülleimer einmal kräftig zu vermöbeln?

Der unergründliche Tatendrang, der den Wombat hin und wieder, nachtaktiv wie er ist besonders bei Nacht, befällt, erschöpft sich keineswegs im Aufspüren neuer Delikatessen. Eine weitere klassische Wombatleidenschaft ist das Graben von Tunnels, und immer schon ist es aller Wombats Stolz gewesen, Hindernisse nicht einfach zu umgehen.
Die authentische Schilderung des Tagesablaufs eines Wombat wird von relativ naturgetreuen Zeichnungen in den verschiedensten Stellungen schlafender, sich kratzender, grabender und hartnäckig karottenfordernder Wombats bestens untermalt, mit zusätzlicher Betonung gemütlichen Hinterteils, verschlafenen Blicks und selbstzufriedenen Lächelns.
Es ist klar: in "Tagebuch eines Wombat" waren intime Wombatkenner am Werk, welches den starken Wunsch weckt, dass wir dem liebenswürdigen Wühler, der außer Gärtnern und Leistungsgesellschaftsfanatikern keine natürlichen Feinde hat, einmal von Angesicht zu Angesicht begegnen mögen.

(S. Gabriel; 09/2005)


Jackie French, Bruce Whatley: "Tagebuch eines Wombat"
Aus dem australischen Englisch von Leena Flegler.
Gerstenberg, 2005. 32 Seiten. (Ab 4 J.)
ISBN 3-8067-5096-3.
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Jackie French, 1953 in Sydney geboren, ist eine der erfolgreichsten Autorinnen Australiens.
Bruce Whatley arbeitete als Werbegrafiker  in England und Australien, bevor 1992 sein erstes Kinderbuch erschien.

Ein weiteres Wombatkinderbuch:

Angela McAllister, Charles Fuge: "Wo bist du, kleiner Wombat!"

Ein vergnügliches Versteckspiel mit dem kleinen Wombat und seinen Freunden, ein liebevoller Blick auf kindliche Alltagssituationen, verschmitzt inszeniert von Charles Fuge.
"Du zählst bis zehn und dann suchst du uns." Der kleine Wombat hielt sich die Augen zu. "Zwei, äh, zehn!", ruft er.
"Nein, nein! Zähle zehn Blumen und dann suchst du uns", ruft der Hase. Und plötzlich ist der kleine Wombat ganz allein ...
Wieder einmal ist es dem Illustrator Charles Fuge gelungen, mit dem Wombat und seinen Freunden kindliche Gefühlslagen und Alltagssituationen liebevoll und verschmitzt einzufangen. (Sauerländer)
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