Otfried Preußler: "Krabat"

"Komm nach Schwarzkollm in die Mühle, es wird nicht zu deinem Schaden sein!" Immer wieder hört Krabat, der vierzehnjährige Waisenjunge, im Traum diese Worte - und neugierig macht er sich auf den Weg. Es scheint ein großes Geheimnis um diese Mühle im Koselbruch zu geben, und Geheimnisvolles geschieht auch, sobald Krabat dort eintrifft, um sich als Lehrling zu verdingen ...


Eine Geschichte vom magischen Spiel um die Freiheit eines Menschen

Otfried Preußler, der Erfinder des "Räuber Hotzenplotz", des "Kleinen Gespensts", der "Kleinen Hexe" und vieler anderer Figuren hat das Leben zahlreicher heutiger Erwachsener begleitet, auch wenn ihnen sein Name heute nicht unbedingt geläufig ist, da man den Autorennamen auf Hörbüchern als Kind selten Beachtung schenkt. Aber der ehemalige Schuldirektor, der nach dem Pensionseintritt zu schreiben begann, hat nicht nur viele Kinder erfreut, sondern dabei auch - über die deutschen Grenzen hinaus - allerlei Preise gewonnen. Jedoch sind nicht alle "seine" Geschichten originär ihm zuzuordnen, wie wir schon beim "Kater Mikesch" sehen können, zu dem er die Übersetzung lieferte, die meist mehr mit seinem Namen als mit dem des Autors Josef Lada verbunden wird, aber seine Bearbeitungen geben den Geschichten immer noch einen eigenen Dreh. Und so nimmt er hier eine alte Lausitzer Volkssage um den jungen Wenden Krabat und baut sie, ausgehend von einer kurzen dreiteiligen Sage zu einem Jugendroman um, in dem neben den ursprünglichen Motiven noch etliche weitere Momente hineinkommen, welche die Figur wesentlich plastischer und interessanter machen. Diese Ausarbeitung hat ihn zehn Jahre gekostet, und das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen.

Krabat zieht mit zwei Freunden bettelnd und gelegenheitsarbeitend durch die Lande, bis er schließlich eines Tages an eine einsam gelegene schwarze Mühle in einem Wald kommt und dort dem unheimlichen einäugigen Müller begegnet. Dieser bietet ihm eine Lehrstelle an und da Krabat in seinem Leben keine andere Perspektive sieht, schlägt er ein und beginnt die mühselige Arbeit in der Mühle als einziger Lehrling unter elf Gesellen. So werden ihm auch zunächst nur sehr anstrengende Arbeiten übertragen, von denen er spätabends todmüde ins Bett fällt. Darum dauert es auch ein wenig, bevor ihm klar wird, dass einmal im Monat zu Neumond ein seltsamer Gevatter die Mühle aufsucht, um hier in einem sonst ungenutzten Mahlwerk ein verbotenes Gut mahlen zu lassen. Wohl aber fällt ihm schon vorher auf, dass die Menschen aus der Umgebung die Mühle meiden und niemand sein Korn zum Mahlen vorbei bringt. Und jeden Freitag werden die Gesellen und der Lehrling in Raben verwandelt und müssen dem Unterricht aus einem Buch über schwarze Magie folgen. Denn das Müllerhandwerk ist nur ein Nebenaspekt der Ausbildung in diesem Haus; vorrangig werden hier schwarze Magier ausgebildet.

Zunächst erscheint Krabat dies im Großen und Ganzen durchwegs vergnüglich, auch weil seine Kameraden ihm meist wohlgesonnen sind. Doch um Weihnachten herum wird die Stimmung in der Mühle zusehends unangenehm, und schließlich findet man einen der Kameraden tot auf. Doch der Müller bekommt bald Ersatz für ihn, und das zweite Lehrjahr Krabats beginnt unter etwas weniger rosigen Vorzeichen. Je mehr er lernt, um so mehr erkennt er, dass er hier nicht bleiben kann, auch wenn der Meister ihn zu seinem Nachfolger erkoren hat, was schließlich zu einer Konfrontation zwischen Lehrer und Schüler führen muss.

"Krabat" hat viele bedeutende Auszeichnungen erhalten. Die Geschichte ist sehr dicht und komplex geschrieben, so dass viele aneinander gereihte und miteinander verzahnte Anekdoten einen geschlossenen Erzählteppich bilden, der die Leser mit auf einen Fantasieflug nimmt. In der Schulausgabe mit Materialien finden sich direkt im Anschluss an die Geschichte die Lausitzer Sage in einer Fassung von 1912 sowie einige Betrachtungen zu den Sorben von Hans Scholz, darauf folgen eine Kurzbiografie Otfried Preußlers sowie ein Bericht des Autors über die Entstehungsgeschichte des Buchs. Eine Karte zum Gebiet der Handlung und ein Glossar der altsprachlichen Begriffe in der Geschichte bilden den Abschluss.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 07/2004)


Otfried Preußler starb am 18. Februar 2013 im Alter von 89 Jahren in Prien am Chiemsee.

Otfried Preußler: "Krabat"
(Ab 12 J.)
Buch bei amazon.de bestellen