Nikolaus Heidelbach: "Königin Gisela"


Nikolaus Heidelbach ist ein begnadeter Kinderbuchautor. Seine Bilder setzen seine Geschichten auf eine ganz wunderbare Weise in Szene.

In seinem neuen prächtigen Band "Königin Gisela" gelingt es ihm, ein Thema zu aktualisieren ohne es ein einziges Mal anzusprechen. Es geht um die manchmal bodenlose Anspruchshaltung von Kindern, hier im Besonderen von kleinen Mädchen, die sich aufführen und verhalten, als wären sie Königinnen. Und die, wenn die Eltern es nicht schaffen, frühzeitig Grenzen zu setzen, damit auch ganz erfolgreich zu sein scheinen, wenn man sich so im Bekanntenkreis umblickt.

"Einmal ist Papa mit mir alleine in den Ferien ans Meer gefahren ..." - so beginnt die Geschichte. Die beiden wohnen in einem Hotel direkt am Strand, schwimmen tagsüber, gehen abends ins Restaurant, und vor dem Einschlafen erzählt der Vater der kleinen Gisela eine Geschichte, die er geschickt über sieben Tage streckt. Er nennt die Geschichte "Königin Gisela".

Ein reiches Mädchen mit dem Namen Gisela unternimmt auf einem Luxusozeandampfer ohne Eltern eine Weltreise. Doch Gisela strandet auf einer kleinen Insel, die nur von Erdmännchen bewohnt wird. Diese niedlichen Tiere helfen dem Mädchen, bringen ihm zu essen und zu trinken, bauen ihm ein kleines Haus zum Schlafen. Doch die verwöhnte Gisela hält das alles für selbstverständlich. Statt sich zu bedanken, verlangt sie von den Erdmännchen immer mehr Dienste und Serviceleistungen. Immer mehr tut sie das im Stil einer Herrscherin, und als sie von den kleinen Helfern verlangt, "Königin Gisela" genannt zu werden, sind die Erdmännchen sehr irritiert. Als Gisela nach einigen Tagen von ihnen einen neuen Bikini aus Erdmännchenfell verlangt, fassen die versammelten Tiere einen weitreichenden Entschluss ...

Dieses Buch wird Kinder, auch Jungen, beim Vorlesen von selbst zum Nachdenken und Nachfragen bringen und zur Erkenntnis, dass übersteigertes Anspruchsdenken letztlich einsam macht.

Nikolaus Heidelbach hat wieder ein anspruchsvolles Kinderbuch geschrieben und gezeichnet, das sich schnellem Gebrauch widersetzt, das vom Vorleser und vom Kind "erarbeitet und erschlossen" werden will. Es ist sprachlich und ästhetisch einzigartig und nur zu empfehlen.

(Winfried Stanzick; 08/2006)


Nikolaus Heidelbach: "Königin Gisela"
Beltz & Gelberg, 2006. 32 Seiten. (Ab 5 J.)
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Nikolaus Heidelbach wurde 1955 geboren. Er studierte Germanistik und Kunstgeschichte in Köln und Berlin.