Bernhard Hagemann: "Jakob & Mara"
Bernhard Hagemann stellt seinem beschwingten Jugendroman eine "Weisheit der Indianer" voran:
"Der Tag geht zu Ende.
Überdenke noch einmal,
was er dir an Sorgen gebracht
hat.
Ein paar davon behalte,
die anderen wirf weg."
Für den 16-jährigen Ich-Erzähler Jakob kommt es gerade knüppeldick: seine Mutter
schwer erkrankt und ohne Aussicht auf Heilung in der Klinik; sein Vater hat sich
mit dem älteren Bruder Julian überworfen. Der ist ausgezogen und versucht sich
mit einer Kneipe und einem unter Mühen restaurierten Kino eine vom Vater unabhängige
Existenz aufzubauen.
"Der
Vater flüchtete sich in die Arbeit und legte das Leben zu Hause weitgehend in
Jakobs Hände. Klar war aber auch, dass zu Hause eigentlich gar kein Leben mehr
stattfand." (S. 16)
Weitere Belastungen: Jakob ist keine Leuchte in der Schule
und seine Schüchternheit lässt ihn seine Liebe zu Mara, der Schönsten in der Klasse,
angesichts der übermächtigen Konkurrenz aussichtslos erscheinen.
Bewegung
in die festgefahrene Szene bringt der Wirbelwind und Lebenskünstler Konrad, der
neu in die Klasse kommt und gleich die Aufmerksamkeit aller auf sich zieht.
Trotz
einer Beinamputation und des Todes seines verehrten Vaters, Bildhauer von Beruf,
ist seine Einstellung zum Leben positiv, besitzt er so viel Energie, Fantasie
und soziales Mitgefühl, dass er andere damit mitreißt. Er ist der deus ex machina,
der wie ein guter Geist ins Leben anderer eingreift. So selbstverständlich wie
er anderen hilft, nimmt er, falls erforderlich, auch deren Hilfe in Anspruch.
Er vermittelt - zwischen den Zeilen - die Botschaften: "Klage nicht, handle. Leg
nicht die Hände in den Schoß, pack´s an. Gemeinsam macht stärker. Viele Sorgen
erledigen sich von alleine, wenn du tätig, zuversichtlich und fröhlich bist."
Da
ist es nur folgerichtig, dass sich Julian und sein Vater am Schluss vertragen
und Jakob und Mara zueinander finden. Selbst die kranke Mutter wird mit Aussicht
auf Heilung probeweise nach Hause entlassen. Und Konrad erobert die letzte der
von seinem Vater ausgeliehenen Skulpturen von einem skrupellosen Krösus zurück.
Ein etwas zu dick aufgetragenes Happy End, mag man einwenden, doch der leichte
Ton des Romans und die netten Einfälle, die es herbeiführen, versöhnen den kritischen
Leser mit dieser Unwahrscheinlichkeit.
Der Autor ist bemüht, Klischees zu vermeiden. Jakob erwirbt sich Achtung und Taschengeld
mit einer "merkwürdigen" Begabung, seiner meisterhaften Schokoladenkuchenbäckerei.
Mara, die Klassenschönheit, ist überhaupt nicht eingebildet, sondern völlig
natürlich.
Konrad, der Beinamputierte, ist der Schnellste und Wagemutigste
von allen und der Schwarm vieler Mädchen.
Eine besonders liebenswerte, quicklebendige
Figur, die wie ein Puck bei Jakob ein und aus springt, ist das 12-jährige Nachbarmädchen
Anna, das, obwohl nach Jakobs Meinung "Welten zwischen ihnen lagen" (S. 18), nicht
den leisesten Zweifel daran lässt, Jakob später als Ehemann zu gewinnen.
Sie ist sich ihrer Wahl so sicher, dass sie Jakob sogar die Liaison mit Mara verzeiht.
"Ich habe nichts dagegen", sagte sie mit Ernst in der Stimme. "Ich wollte
dir nur sagen, dass ich damit klar komme." (S. 141)
"Wenigstens hast du Geschmack.
Und es wird total schmeichelhaft für mich sein, wenn ich dich ihr ausspanne."
(S. 142)
Ein sehr unterhaltsamer Jugendroman, nicht unbedingt tiefgründig, aber keinesfalls
seicht. Das Motto des Anfangs wird mit leichter Feder eingelöst.
Er hebt sich
wohltuend von der Masse problembeladener, aber leider auch manchmal auch arg angestrengt
und verkrampft wirkender Jugendbücher ab.
Gute Unterhaltung und ein ansprechendes
Niveau müssen einander auch in der Jugendliteratur nicht ausschließen.
(Diethelm Kaminski; 30.03.2003)
Bernhard
Hagemann: "Jakob & Mara"
dtv junior 78185
175 Seiten
ISBN
3-23-78 185- 8
ca. EUR 7,00.
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