Der Diamant

Es war einmal vor langer Zeit
in einem kleinen Dorf nicht weit.
Unterwegs waren Mann und Weib,
auf der Suche nach einer Bleib.

Die Suche zog sich hin in Stunden,
immer ward noch nichts gefunden.
Geduld wich nun der Ungeduld,
Hunger und Schlaf waren in Schuld.

Dann endlich wie von Zauberhand,
die Ungeduld sich schon sehr wand,
taucht aus dem Nichts auf eine Hütte
hoch droben auf des Hügels Mitte.

Ein Bächlein züngelt sich entlang,
welchem Quell es wohl entsprang?
Doch grauselig kalt ist’s in der Hütte,
kein Flämmchen lodert in der Mitte.

Frau sowie Mann ungern die Hütt’ betritt,
zu spät ist’s wohl für jede Bitt’.
Das Hüttlein kalt und kahl,
doch gab’s je eine bessere Wahl?

Den Augen beide nicht mehr trauend
und glaubend arge sich verschauend,
als sie von dem kahlen Boden
einen edlen Stein erheben.

Verstaubt von vielen Stunden,
die am Boden er gewunden,
sein Licht nicht gleich erkannt,
doch endlich aus dem Schmutz gebannt.

Berühmt für seine große Härte
war er schon vielen Weggefährte
und schmückte sie mit seinem Glanz,
wenngleich aus sicherer Distanz.

Kein Stein je Wärme konnte so leiten,
nicht gestern und zu keinen Zeiten,
kein Stein liegt so gut in der Hand

wie dieser edle Diamant.
 

Und lässt du dich von ihm berühren,
wie es die beiden Leute spüren,
dann darfst du Wärme nachempfinden,
wo Kälte vorgibt sich zu finden.

Und plötzlich bist auch du ergriffen,
von Reinheit, Klarheit angeschliffen,
erkennst du deinen eig’nen Glanz,
welch ein erlösend’ Freudentanz!

Unvergänglich, ewig strahlend,
Zauber an die Wände malend.
Reflektierend jedes Licht
in eine Regenbogenschicht.

Verkleidet in irdisches Gewand
entlarv ich dich als Diamant!

Hochkant.