Slavenka Drakulic: "Keiner war dabei"

Kriegsverbrechen auf dem Balkan vor Gericht


Ist das Böse nicht ebenso ein Teil der menschlichen Natur wie das Gute? Und wenn wir Verbrecher als Ungeheuer bezeichnen, tun wir dann nicht nur deswegen so, um Abstand zwischen ihnen und uns Menschen zu schaffen? In ihrem Bestreben, das unfassbar Böse zu begreifen, hat die abwechselnd in Wien und Stockholm lebende kroatische Autorin Slavenka Drakulic nunmehr ein Buch über die Gräuel des Balkankrieges (1992-1999) aus der Perspektive der Kriegsverbrecher geschrieben. Dem Ergebnis liegen umfangreiche Recherchen zu den jeweiligen Lebensläufen prominenter und weniger prominenter Täter zugrunde. Über Monate hinweg gesellte sich Drakulic zu den Verhandlungen vor dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, wo nicht nur Recht gesprochen wird, sondern generell die historische Wahrheit einer Politik der "ethnischen Säuberung" im Focus kritischer Betrachtungen steht. Ein Wahrheitsfindungsprozess, welcher als wichtiger Beitrag für eine friedliche Verständigung zwischen den zerstrittenen Völkern des ehemaligen Jugoslawien erkannt werden muss. Was übrigens selbst unter den in der Haftanstalt von Scheveningen (Holland) inhaftierten Kriegsverbrechern unbestritten ist, deren Sprecher, Goran Jelisic, gegenüber dem Publikum im Gerichtssaal bekundete, man sei sich darin einig, dass "das Tribunal zu einem dauerhaften Frieden in Bosnien beitragen" müsse. In anderer Hinsicht, nämlich die eigene Schuld betreffend, zeigt sich der Mehrzahl der Gefängnisinsassen jedoch nach wie vor uneinsichtig.

Slavenka Drakulic hat ein sehr privates Buch geschrieben, voll der persönlichen Anekdoten autobiografischen Gehalts, welche die menschliche Dimension der jugoslawischen Tragödie dem Leser umso greifbarer machen. Man spürt beim Lesen der Schrift die Authentizität ihres Zorns und ihre Trauer über das blutige Scheitern der jugoslawischen Idee, die unter dem Autokraten Josip Broz Tito (1892-1980) ein Land aus sechs Republiken, drei Sprachen und drei Religionen mit dem Slogan "Brüderlichkeit und Einheit" zu einer homogenen Nation verschmelzen wollte. Eine Idee, die an dem inneren Charakter der jugoslawischen Wirklichkeit scheitern sollte, welche eine nicht zur gelebten Sittlichkeit gereifte Wirklichkeit war, deren zuerst sozialistischer, sodann nationalistischer Kollektivismus die Herausbildung individualistischer Ethik verunmöglichte, wie überhaupt das Leben im [jugoslawischen] Sozialismus und Post-Kommunismus von einer Kultur der Lüge geprägt war. "Das Gebot 'Du sollst nicht lügen!' gilt nicht." - konstatiert Drakulic rückblickend zur besonderen Eigenart jugoslawischer Pragmatik: "Im Gegenteil, wer lügt, kann überleben und profitieren; wer die Wahrheit sagt, ist dumm." Eine aus spezifischen Milieuumständen erwachsene lebenskluge Verhaltensregel, die sich insbesondere hohe Politiker und Militärs bei der Verfolgung ihrer Zielsetzungen gerne zu Nutze machten, was westliche Politiker in tragischer Verkennung der jugoslawischen Mentalität nur langsam und dann viel zu spät kapierten.

Der blutige Hass unter den Ahnen der Völkerschaften wurde im ehemaligen Jugoslawien Titos niemals thematisiert, lediglich ausgeblendet und durch einen mehr kitschigen denn historisch korrekten Partisanen- und Personenkult überlagert. Völkische Mythen wurden gerade einmal zwischenzeitlich als nicht opportun ins kollektive Halbbewusstsein verdrängt, doch keineswegs zu ihrem irrationalen Charakter kritisch hinterfragt. Und so überdauerte etwa auch der Mythos von der "Schlacht auf dem Amselfeld" (die Legende vom serbischen Märtyrertum, anhand derer eine verlorene Schlacht zum spirituellen Sieg verklärt wird) im Unterbewussten der serbischen Seele bis zu jenem Tag, an dem machtgeile Volksverhetzer die Wiedergeburt des "himmlischen Volks" auf ein Neues beschworen. Das Massaker nach der Eroberung der Enklave Srebrenica, im Juli 1995, wobei 7.475 wehrlose muslimische Männer von der Armee der Republika Srpska niedergemetzelt wurden, ist, so Drakulic, im Lichte des Amselfeld-Mythos als später Racheakt für die 1389 gegen die Türken verlorene Schlacht zu verstehen. Man fragt sich zwar, was die bosnischen Muslime von Heute für den Angriffskrieg der Osmanen im 14. Jh. können, doch die mythische Weltsicht stellt sich diese doch so nahe liegende Frage offenkundig nicht. Bosnische Muslime werden in der ätherischen Wahrnehmung vieler Serben immer noch als Türken erkannt, und wer den türkischen Erbfeind kompromisslos bekämpft, ist nach dem Dafürhalten serbischer Mythologie kein gewöhnlicher Kriegsverbrecher, sondern ein vaterländischer Held, der himmlischen Ruhm verdient.

Ein uneinsichtiges Empfinden, das Muslimen und Kroaten genauso wenig wesensfremd ist wie den Serben, bedauert Drakulic, welche ihre kroatische Heimat genauso wenig mit herber Kritik verschont. Gleich eingangs erinnert sie an das Konzentrationslager Jasenovac, wo während des Zweiten Weltkriegs die kroatische Ustascha, eine von Hitlerdeutschland begünstigte klerikalfaschistische Organisation, rund 70.000 Menschen, darunter 20.000 Juden, auf bestialische Weise ermordete. Das kroatische Regime unter dem missionarisch agierenden Nationalisten Franjo Tudjman verstand sich in den 1990erjahren als offenbar in der Traditionslinie der Ustascha stehend, und betrieb nach Gründung des kroatischen Nationalstaats im Jahre 1991 eine Politik der "ethnischen Diskriminierung" gegen die serbische Minderheit, was zwangsläufig Krieg mit Serbien bedeuten musste. Auch von kroatischer Seite wurden in weiterer Folge grauenhafte Kriegsverbrechen begangen, berichtet Drakulic, doch wer diese anprangert, wer es wagt "Verrat an den Helden" des vaterländischen Kriegs zu begehen, wird geächtet, muss um sein Leben fürchten oder wird es, so wie der mutige Milan Levar aus Gospic, der gegenüber dem Haager Tribunal kroatische Kriegsverbrechen bezeugte, durch die Hand eines feigen Mörders verlieren. Drakulic setzt dem mutigen Landsmann und der hohen Gesinnung seiner letztlich selbstmörderischen Zivilcourage mit ihrem Buch ein kleines Denkmal. In seinem Glauben an die Gerechtigkeit lehnte Milan Levar es ab zu schweigen und zu flüchten, womit er sich in einer Atmosphäre des Vertuschens von Missetaten und chauvinistischer Selbstgerechtigkeit sein eigenes Grab schaufelte.

Es erregt während der Lektüre des Buches immer wieder Erstaunen, mit welch eindringlicher Leidenschaft sich Drakulic in das Gemütsleben der wegen abscheulicher Verbrechen angeklagten Täter versenkt. Ihre Betrachtungsweise kritischer Sympathie für das nur Allzumenschliche hat denn auch sehr menschliche Bilder zur Folge, denen sie mit schlichten Worten Leibhaftigkeit verleiht und Beseeltheit einhaucht. Das Grauen in Menschengestalt soll leben, um es verständlich zu machen. Nicht um es zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Der Duktus bleibt gnadenlos. Wir haben es mit Schwerverbrechern zu tun, daran lässt Drakulic keinen Zweifel aufkommen. Sie müssen für ihre Untaten büßen, doch möge man dabei nicht auf die vielen tausend Mitläufer in ihrem Gefolge vergessen, welche die Praxis einer mörderischen Kriegspolitik erst möglich machten.

Drakulic stellt in diesem Zusammenhang die Frage nach der Kollektivschuld. Und erkennt sofort, dass diese Frage verpönt ist. Jedoch, wenn es keine Kollektivschuld gibt, gibt es dann eine kollektive Unschuld? Immerhin wurde Milosevic, der Schlächter vom Balkan, dreimal in hinreichend demokratischen Wahlen gewählt und war beim Volk sehr populär. Das gleiche gilt für den eifernden Nationalisten Franjo Tudjman. Das Volk der Kroaten stand hinter seiner Politik der "ethnischen Säuberung".

Mit der kollektiven Schuld ganzer Völker korrespondiert und (noch viel mehr) konkurriert die individuelle Schuld der Einzelperson. Die Autorin stellt hierzu die Frage nach der charakterlichen Ursache für menschliche Grausamkeit. Sind es pathologische Eigenschaften, die den Menschen zum Verbrecher machen, wenn sich die Gelegenheit bietet? Oder wird der Mensch unter sozialem und psychologischem Druck kriminell? Drakulics Befund zu ihren Fragestellungen ist deprimierender als die Fragen es schon befürchten lassen, denn bei den von ihr studierten Kriegsverbrechern handelt es sich in der Mehrzahl um völlig normale und in ihrem Vorleben teils sogar durchaus sympathische Menschen, weder auffällig pathogen, noch in ihrem kriminellen Tun und Lassen Opfer zwanghafter Umstände. Die Autorin kommt zu dem alarmierenden Schluss, dass Kriegsverbrecher keine Ungeheuer sind, sondern "Menschen wie Du und Ich", was in der Konsequenz heißt, dass ihre Verbrechen ein jeder von uns genauso begehen könnte. Ein pessimistisches Menschenbild tut sich auf und Drakulic kleidet dieses in die Worte von Ervin Staub, der schrieb, dass "das Böse, das aus dem normalen Denken kommt und von normalen Menschen getan wird, die Norm und nicht die Ausnahme ist". Es war der Krieg, der dieses im Menschen angelegte Böse zum Leben erweckte.
"Der Krieg ist der Vater aller Dinge!" Welch tragischer Irrtum des Vorsokratikers Heraklit von Ephesus, im Krieg ein schöpferisches Prinzip erkennen zu wollen. Und im Grunde genommen: Was für eine dumme Parole!

Zur Illustration schuldbeladener Einzelpersonen porträtiert Drakulic eine Reihe von Einzelschicksalen, deren Verstrickungen in Kriegsverbrechen am Gerichtshof zu Den Haag strafrechtlich verhandelt werden. Es handelt sich hierbei einerseits um "gesichtslose" Männer, welche sich aktiv an Massenvergewaltigungen, Morden oder an Folterungen beteiligt haben, andererseits jedoch um die Kriegsprominenz, um Radislav Krstic, Kommandeur des serbischen Drina-Korps, welches durch das Massaker von Srebrenica zu ebenso trauriger wie entehrender Berühmtheit gelangte, um Krstics Vorgesetzten, den sendungsbewussten General Ratko Mladic, ein ungustiöser und derber Mensch, der Dank seines Rückhalts im serbischen Volk immer noch nicht der weltlichen Gerechtigkeit zugeführt werden konnte und dessen hoffnungsfrohe Tochter sich 1994 das Leben nahm, nachdem sie ihren Vater erkannt hatte. Ein grausames familiäres Schicksal, das Drakulic als "Gottesstrafe" für den "Schlächter von Bosnien" bezeichnet.
Besondere Aufmerksamkeit gebührt natürlich dem Ehepaar Milosevic, das, von seinem verbrecherischen Charakter einmal abgesehen, für vulgären Opportunismus und geradezu peinliche Stillosigkeit steht. Milosevic, wegen Völkermords in Scheveningen einsitzend, wird als substanzloser Parteibürokrat gezeichnet, schrecklich ordinär und gesinnungslos, vorangetrieben von seiner ehrgeizigen Ehefrau Mira Markovic, einer Professorin der Soziologie, die aus feministischer Überzeugung ihren Mädchennamen beibehalten hat und ansonsten durch äußerliche Geschmacklosigkeiten ins Auge sticht, wie sie schlimmer nicht mehr denkbar sind. "Sie sieht aus, als wäre sie einem Schrank voller Mottenpulver entstiegen", mokiert sich Drakulic, und versteht einer seitenlangen Kritik weiblicher Unschicklichkeiten eine Wendung zu politischer Brisanz zu geben. Ist es doch dieser alberne Charakter von Mira Markovic, der ihren fatalen Einfluss auf Slobodan Milosevic erklärt. Und Mira Markovic ist eben der Schlüssel zum Verständnis der Person Slobodan Milosevic, des "Schlächters vom Balkan". Mira, die berechnende ewige Kindfrau, war nach dem Dafürhalten von Drakulic jene Triebkraft hinter Milosevic, die ehrgeizige andere Hälfte, die einen eher farblosen Parteibürokraten dazu brachte, jede Gelegenheit auf dem Weg zur Macht zu nutzen. Und fast rührend, die beiden sind nach Jahrzehnten der Ehe immer noch ein Liebespaar. Seitdem sie sich im Dezember 1958, im Alter von 16 (Mira) und 17 (Slobodan) kennen und lieben lernten, bilden sie eine autistische Zelle, die sich gegenüber einer als feindselig empfundenen Welt abkapselt und die Lebenswirklichkeit nach eigenem Gutdünken interpretiert. Schlimm für die Wirklichkeit, wenn sie anders ist, als das Ehepaar Milosevic sie sieht; spöttelt Drakulic an einer Stelle im Buch. Und merkt zum höchst rudimentär entwickelten moralischen Charakter des Serbenführers an: "Das Leiden anderer bedeutet für Milosevic nichts. Er ist zu keiner Empathie fähig. Bei seinem Anblick begriff ich erstmals die Definition des Bösen, die ich vor langer Zeit gelesen hatte: Das Böse ist die Abwesenheit von Mitgefühl."

Verachtung gebührt dem Ehepaar Milosevic, Zorn dem General Ratko Mladic, doch höchster Respekt der Frau Biljana Plavsic, einer ehemaligen Naturwissenschaftlerin, welche, früher als die "eiserne Lady" der Republika Srpska bekannt und gefürchtet, in Den Haag zu ihrer persönlichen Verantwortung steht und sich bereits als (im Sinne der Anklage) schuldig bekannte. Ein für den Läuterungsprozess der Serben ganz essenzielles Schuldbekenntnis, aus dem Mund einer ehemals glühenden Nationalistin, wenn nicht sogar Rassistin, die sich mit aus der Biologie stammenden Metaphern gefiel, als sie die bosnischen Muslime als "genetischen Fehler am serbischen Körper" bezeichnete, deren Eliminierung nur ein "natürliches Phänomen", nicht jedoch ein Kriegsverbrechen sei. Wenn sich diese führende Repräsentantin serbischer Politik nunmehr aus uneigennützigem Motiv vor ihrem eigenen Gewissen und der Welt für schuldig erklärt, bricht die serbische Verteidigungslinie ein, die immer noch geschlossen auf "nicht schuldig" beharrt und - so wie Milosevic - die Anklagebehörde von Den Haag als illegitime Siegerjustiz denunziert. Viele Serben sind ob des Schuldeingeständnisses von Biljana Plavsic konsterniert, beklagt Drakulic die immer noch halsstarrige Front selbstgerechter Unschuldsbeharrung der serbischen Seite, welche unbeirrt an der Mär vom gerechten Krieg gegen den (muslimischen) Terror (zur Verteidigung des christlichen Abendlands?) und für Freiheit und Gerechtigkeit festhält und in der eigenen Geschichte nichts als Edelmut erblickt.

Drakulic enthält sich politischer Spekulationen im Sinne von "was wäre gewesen wenn und so weiter und so fort". Sie beklagt nicht das erbärmliche Versagen des UNO-Sicherheitsrates bei der Sicherung der tatsächlich nicht einmal halbherzig abgesicherten UNO-Schutzzone Srebrenica, womit das größte Kriegsverbrechen in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs eingeleitet war, sie belässt die jahrelange Untätigkeit europäischer Politik außer Debatte, es klingt nur durch, dass, so wie es letztlich kam (
das pazifizierende Eingreifen der Nato und die nachfolgende Einrichtung eines Internationalen Kriegsverbrechertribunals), es ein Segen für die geschundenen Völker des ehemaligen Jugoslawien war. Es fehlt nach wie vor der Wille, aus eigenem Antrieb die Wahrheit zur historischen Tragödie zu ergründen, Schuld und Sühne zu ermessen und nach friedlicher Verständigung zu streben. Wenn sich etwas zum Besseren bewegt, so ist es der internationalen Völkergemeinschaft zu verdanken, deren Zwang zur Aufarbeitung von Wahrheit und deren stetiger Forderung, dass die für den Balkankrieg Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Und das, obwohl die Masse der vom nationalistischen Ungeist Verblendeten nach wie vor in den Schlächtern vom Balkan "Helden des vaterländischen Kriegs" erblickt.

"Keiner war dabei - Kriegsverbrechen auf dem Balkan vor Gericht" ist resümierend gesehen ein großartig engagiertes Buch, das durch seine rückhaltlose Menschlichkeit berührt, ja emotionalisiert, nachdenklich und betroffen macht und bei aller deprimierenden Aussicht auf das erschreckende Wesen des normalen Menschen doch so etwas wie Hoffnung auf eine Wendung zum Besseren vermittelt. Eine Hoffnung, verkörpert durch das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, wo der Geist zivilisierter Vernunft über die Barbarei zu Gericht sitzt und deren abscheuliche Wahrheit, unbeirrt von allen Vorhaltungen und Anmaßungen der Reuelosen, aus den schwarzen Abgründen völkischen Irrsinns ans Tageslicht einer aufgeklärten Weltbetrachtung zerrt.

(Tasso; 04/2004)


Slavenka Drakulic: "Keiner war dabei"
Deutsch von Barbara Antkowiak.
Zsolnay, 2004. 200 Seiten.
ISBN 3-552-05290-9.
ca. EUR 17,90. Buch bestellen

Slavenka Drakulic wurde 1949 in Kroatien geboren. Sie ist eine Schriftstellerin und Journalistin von internationalem Rang. Ihre Romane und Sachbücher wurden in viele Sprachen übersetzt, ihre Artikel zu politischen und sozialen Themen erscheinen in Zeitungen rund um die Welt. Werke: "Das Prinzip Sehnsucht" (Roman, 1989); "Wie wir den Kommunismus überstanden - und trotzdem lachten" (1991); "Sterben in Kroatien - Vom Krieg mitten in Europa" (1992); "Café Paradies oder Die Sehnsucht nach Europa" (1997); "Das Liebesopfer" (1997); "Marmorhaut" (1998); "Als gäbe es mich nicht" (1999).

Ergänzende Buchtipps:

Slavenka Drakulic: "Als gäbe es mich nicht"
Stockholm, Karolinska Krankenhaus, 27. März 1993: S., eine junge Lehrerin aus Bosnien, Moslemin und Asylantin in Schweden, hat gerade ein Kind zur Welt gebracht. Aber im Gegensatz zu den anderen Babys auf der Station hat dieses Neugeborene weder Sicherheit noch Heimat. Es hat keinen Namen und statt eines Vaters sehr viele: die gesichtslose Masse der Soldaten, die S. in einem serbischen Frauenkonzentrationslager immer und immer wieder vergewaltigt haben.
Auf dem Wochenbett suchen S. die schrecklichen Ereignisse des vergangenen Jahres heim: Die Vertreibung aus Sarajevo in ein kleines Dorf am Rande Bosniens, die menschenunwürdigen Bedingungen im Lager, die ohnmächtige Unterwerfung der Frauen und Mädchen unter die grenzenlose Brutalität der Peiniger, die "Befreiung" und Überführung in ein Flüchtlingslager nach Kroatien - das Grauen, die Angst, die stinkende Allmacht des Todes. All das hat S., äußerlich betrachtet, hinter sich gelassen und überwunden. Doch es bleibt die bedrückende Frage: Was soll aus dem gehassten, aber an allem unschuldigen Kind werden?
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Jürgen Elsässer: "Kriegslügen: Der NATO-Angriff auf Jugoslawien"
Nach der Zerstörung Jugoslawiens und der Parzellierung des Balkans trifft im Gebiet zwischen Adria und Schwarzem Meer der Vormarsch der Nato-Mächte auf die Interessen Russlands und der islamischen Welt. Die Region ist zu einem Flickenteppich instabiler Mini-Republiken geworden, die fast alle vom großalbanischen Nationalismus bedroht sind. Der Kosovokonflikt und die Nato-Aggression gegen Jugoslawien sind also nicht Geschichte, sondern bestimmen die Gegenwart.
Im vorliegenden komplett überarbeiteten Band erweitert der Autor seine Recherchen um unzählige Zeugenaussagen und aktuelle Erkenntnisse. Er analysiert und diskutiert die Rolle der deutschen Außenpolitik und liefert das Kompendium zu einem Krieg, der nicht zu Ende ist. (Homilius 2007)
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Germinal Civikov: "Der Milosevic-Prozess: Bericht eines Beobachters"
Promedia 2006
215 Seiten

Am 11. März 2006 wurde Slobodan Milosevic tot in seiner Zelle in Den Haag aufgefunden. Damit fand der so genannte "Prozess des Jahrhunderts" gegen des Präsidenten des dritten und letzten Jugoslawien ein jähes, unerwartetes Ende. Der 1995 vom UNO-Sicherheitsrat ins Leben gerufene Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) hatte am 27. Mai 1999, mitten im Bombenkrieg der NATO gegen Belgrad, Anklage gegen den damaligen jugoslawischen Präsidenten wegen Kriegsverbrechen in der Provinz Kosovo erhoben. Im Oktober und November 2001 erweiterte das Tribunal die Anklageschrift auf Kriegsverbrechen und Vertreibungen in Kroatien 1991-1992 sowie auf Völkermord in Bosnien 1992-1995. Im Februar 2002 wurden die drei Anklagen zu einem Gesamtprozess gebündelt. Nach 300 Zeugen der Anklage lief seit September 2005 die Beweisführung der Verteidigung.
In der Essenz der Anklage warf der Strafgerichtshof Milosevic vor, eine kriminelle Vereinigung (Joint Criminal Enterprise) angeführt zu haben, die auf den Trümmern des zerfallenen Jugoslawien ein Groß-Serbien errichten wollte. Als Mittel zu diesem Zweck hätten Milosevic und seine Vereinigung die Kriege in Kroatien, Bosnien und im Kosovo entfacht, systematische ethnische Säuberungen durchgeführt und verschiedene Kriegsverbrechen verübt, darunter auch einen Völkermord in Bosnien. In seiner Verteidigung klagte Milosevic seinerseits die führenden westlichen Staaten an, politisch und militärisch die separatistischen Kräfte unterstützt und auf diese Weise den blutigen Zerfall Jugoslawiens vorangetrieben zu haben.
Germinal Civikov, während des Prozesses von Beginn an als Journalist anwesend, berichtet in diesem Buch vom Verlauf und Wesen des Verfahrens, wie er es beobachtet hat. Die Beweisführung der Anklage erfuhr ein komplettes Fiasko, das Verfahren erwies sich als politischer Schauprozess, in dem Richter und Ankläger in ihren Rollen oft nicht zu unterscheiden waren, während die so genannte "Wahrheitsfindung" zu einer Farce geriet, deren Drehbuch politischen Vorgaben folgte. Alles in allem war es ein der europäischen Rechtsstaatlichkeit und der strafrechtlichen Kultur wesensfremder Prozess, den schon aus diesem Grund die Öffentlichkeit nie hätte zulassen dürfen.
Germinal Civikov
ist 1945 in der bulgarischen Donaustadt Russe geboren und lebt sein 1975 in den Niederlanden. Er hat in Sofia und Leiden Germanistik und Slavistik studiert und war bis 2004 Redakteur bei der Südosteuropa-Redaktion der "Deutschen Welle". Seine kritischen Beobachtungen zum Milosevic-Prozess veröffentlicht der Autor seit 2002 in zahlreichen Artikeln für niederländische, deutsche und bulgarische Zeitungen. 2004 war er am dreiteiligen Dokumentarfilm "Der Fall Milosevic" beteiligt, den der Regisseur Jos de Putter für das niederländische Fernsehen gedreht hat und der dort mehrmals zu sehen war.
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"Die Zerstörung Jugoslawiens: Slobodan Milosevic antwortet seinen Anklägern"
Zambon 2006
265 Seiten

Vorwort von Klaus Hartmann
Einleitung von Domenico Losurdo
(Philosophie-Professor in Urbino)
Textbeiträge des Juristen Giuseppe Mattina
Mit folgenden Dokumenten im Anhang:
Milosevic-Prozess: ein Prozess der Unterstellungen (Herausgegeben von ICDSM- Italien)
Originalrede von Milosevic auf dem Amselfeld, 28. Juni 1989
Slobodan Milosevic wendet sich an das serbische Volk, 2. Oktober 2000
Offener Brief von Milosevic, August 2003
Das US-/NATO-Gericht, vor dem Slobodan Milosevic angeklagt ist, war schon immer völlig illegal. Es konnte nie ernsthaft als Institution der Rechtssprechung bezeichnet werden. Milosevics Verteidigung ist kraftvoll, überzeugend, beweiskräftig und unmöglich zu ignorieren.

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Kurt Köpruner: "Reisen in das Land der Kriege: Erlebnisse eines Fremden in Jugoslawien"
Diederichs 2003
352 Seiten

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