David Chamberlain: "Woran Babys sich erinnern"

Über die Anfänge unseres Bewusstseins im Mutterleib


Faszinierende Einblicke in die Erlebniswelt von Ungeborenen

Schon vor Jahrzehnten hat der jetzige Altpräsident der Internationalen Gesellschaft für pränatale und perinatale Psychologie, der Heidelberger Ludwig Janus, in zahlreichen Veröffentlichungen auf die immense Bedeutung der Schwangerschaft und der Geburt für die Entwicklung eines Kindes hingewiesen.
Während insbesondere durch die Ergebnisse der Hirnforschung die gesamte Bildungsdebatte quasi ab dem Zeitpunkt der Geburt eines Kindes mit hoffentlich positiven Effekten neu aufgerollt wird, bleiben die Zeit der Schwangerschaft und die Rahmenbedingungen der Geburt eines Kindes in der pädagogischen Debatte nach wie vor erheblich unterbelichtet. So ist zum Beispiel seit Langem erwiesen, dass die von immer mehr Frauen (aus Bequemlichkeit?) gewünschten geplanten Kaiserschnittgeburten erhebliche, meist negative Auswirkungen auf die psychosoziale und psychohygienische Entwicklung der so auf die Welt geschleuderten und gezerrten Kinder haben. Manchmal hatte der Rezensent bei Gesprächen in den letzten Jahren den Eindruck, dass über diesem Thema ein seltsamer Schleier der zeitgeistigen "politischen Korrektheit" liegt, der jede weitere Diskussion unmöglich macht.

Das vorliegende Buch des us-amerikanischen Psychologen und Hypnosetherapeuten David Chamberlain, der sich seit Jahrzehnten mit den Phänomenen der pränatalen und perinatalen Psychologie befasst, kann, so hoffe und wünsche ich, in dieser nicht geführten Debatte eine erneute Bresche schlagen. "Woran Babys sich erinnern" wurde nämlich schon im Jahr 1990 bei Kösel zum ersten Mal veröffentlicht, wurde zweimal als Taschenbuch verlegt und blieb dann die nächsten fünfzehn Jahre vergriffen.
Wer sich nun "Über die Anfänge unseres Bewusstsein im Mutterleib" näher und tiefer informieren möchte, wer sich als werdende Mutter oder werdender Vater mit der unendlichen Wertigkeit dieser Zeit der Schwangerschaft beschäftigen möchte, dem sei zur Lektüre dieses mit vielen Beispielen aus der therapeutischen Praxis angereicherten Buches geraten. Aber auch allen Hebammen und Beraterinnen von Frauen, allen Frauenärzten und vor allen Dingen Frauen und Männern, die sich aktuell mit einem Kinderwunsch beschäftigen, kann ich dieses Buch nur empfehlen.

Das Leben fängt nicht mit unserer Geburt an, sondern mit der Empfängnis. Unser Herz begann am 21. Tag der Schwangerschaft unserer Mutter zu schlagen, zu einem Zeitpunkt, als sie vielleicht noch gar nichts von uns wusste, weil ihre Regel noch nicht ausgeblieben war. Und alles, was in der Zwischenzeit bis zu unserer Geburt geschah, alles, was wir bei unserer Geburt erlebt haben, ist in unsere Seele und unser Gedächtnis eingegraben.

Es ist faszinierend, in diesem wirklich empfehlenswerten Buch darüber zu lesen, dessen Neuauflage durch den Kösel Verlag ich sehr begrüße und dem ich dieses Mal mehr Erfolg und Wirkung wünsche als vor zwanzig Jahren.

(Winfried Stanzick; 03/2010)


David Chamberlain: "Woran Babys sich erinnern. Über die Anfänge unseres Bewusstseins im Mutterleib"
(Originaltitel "Babies Remember Birth")
Übersetzt von Maria Andreas-Hoole.
Kösel, 2010. 270 Seiten.
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