Blaubart

Ein Puppenspiel
Fragmentarische Szene (2)

BLAUBART:
Ist ein spaßhafter wieder milder Gast.
Was macht dir so heiß - du fieberst ja fast!
(Er streichelt ihre Finger)
Atmest du diese mondene Nacht -
Die Molche und Lilien geile macht.
Hei, wies aus bebenden Kelchen schäumt,
Und schwärend sich Leib an Leib aufbäumt -
Und geifernd sich voll Wut umschlingt -
Und ringt - und ringt!
So heiß und schwer

 

Fragment; Auszug (1)

BLAUBART (am Fenster): Der Mond
Wie eine besoffene Dirne stiert -
ELISABETH:
Mich friert!
BLAUBART (tritt zurück):
Hier zitterndes Kindlein - trink Wein!
Daß die Augen dir glühn! Wie sehn sie rein!
Hei! Bist du torig! Ich trink dir zu!
Vergaß ich es? Wie alt bist du?

ELISABETH:
Fünfzehn Jahre Herr! In dieser Nacht!
Was ist Euch Herr?
BLAUBART:
Hab´ ich gelacht?
Hei trink! Du zartliche Braut!
Sieh nur, wie der Mond dich brünstig anschaut!
ELISABETH:
Versteh Euch nicht, hab Angst vor Euch!
BLAUBART:
Wahrhaftig! Deine Wangen sind bleich!
Ich sing dir ein Lied, das dich lachen macht.
ELISABETH:
Das sänget Ihr?
BLAUBART:
Der Tausend ich weiß ein Liedlein dir,
Das oft ich vernommen in solcher Nacht.
(Er singt)
Wer sagt, daß ihr Licht erloschen war,
Als ich zur Feier löste ihr Haar.
Was klaget ihr mich an ihr Glocken
Möchtet lieber frohlocken.

Wer sagt, daß ihr stummer Mund verwest,
Als ich zur Nacht bei ihr gewest.
O schweige, schweige du leise
Unendlich traurige Weise.

Wer sagt, daß offen stünd´ ein Grab,
Und daß ich im Blick was Böses hab!
Wenn das mein Herze wüßte!
Erbarm´ dich, o Jesus Christe!
ELISABETH schluchzt auf
BLAUBART:
Wie stehn dir die schimmernden Tränen gut!
Trink Wein!
ELISABETH:
Ich hab´ihn verschüttet - er leuchtet wie Blut!
BLAUBART: Sagtest du Blut! Des Mondes trübe Glut
Nichts weiter! Hörst du, wie der Maien rauscht!
ELISABETH:
Mich däucht, daß im Dunkel zitternd wer lauscht (...)
Träumt gestern unter dem
Lindenbaum
An Vaters Haus einen bösen Traum.
(träumerisch) Heinrich, mein Knabe! Hilf!
BLAUBART (flüsternd):
Du Hur!
Ist´s ein Affe oder ist´s ein Stier -
Ein Wolf oder sonstig reißend Getier!
Hei lustig geschnäbelt zur Nacht,
Bis zweie nur mehr eines macht -
Und das ist drei!
So hört ichs die Spatzen pfeifen im Mai!
ELISABETH (wie verzaubert):
Komm Lieber! Feuer fließt mir ins Haar
Weiß nimmer, nimmer, was gestern war
Blut stickt und würgt mir die Kehle zu
Nun hab´ ich keine Nacht mehr Ruh!
Möcht nackend in der Sonne gehn,
Vor aller Augen mich lassen sehn,
Und tausend Schmerzen auf mich flehn
Und Schmerzen dir tun, zu rasender Wut!
Mein Knabe komm!
Trink´ meine Glut,
Bist du nicht durstig nach meinem Blut,
Nach meiner brennenden Haare Flut?
Hörst nicht, wie die Vögel im Walde schrien
Nimm alles, alles was ich bin -
Du Starker - mein Leben - du nimm hin!
Was stehst du fern -
BLAUBART:
Ist erst erloschen der letzte Stern - -
ELISABETH (wie verzaubert):
Trägst du nicht am Hals ein Schlüsselein?
Es leuchtet - möcht´s ein goldenes sein?
Was öffnet´s mir?
BLAUBART:
Es öffnet zum Brautgemach die Tür!
Sein Geheimnis ist Verwesung und Tod,
Erblüht aus des Fleisches tiefster Not.
(Es schlägt Mitternacht! Alles Licht erlischt)
In Mitternacht du brünstige Braut
Zur Todesblume greifend erblaut -
Sei dir dies süße Geheimnis vertraut.
Starb Gott einst für des Fleisches Not
Muß der Teufel feiern zur Lust den Tod.
(Er sperrt eine Türe auf)
Hörst du des Asrael Flügelschlag -
Wie die Vögel du schreien hörtest im Hag.
Lust peitschen Haß, Verwesung und Tod
Entsprungen dem Blute, gellend und rot
Komm zitternde Braut! (Er fällt über sie her)
ELISABETH:
Hu! Hu! Wies mich schüttelt und graut!
Nicht du! Nicht du! O rette mich!
Lieber!
BLAUBART:
Wie dein Knabe - so keusch, o lieb ich dich!
Doch soll ich dich Kindlein ganz besitzen -
Muß ich, Gott will´s den Hals dir schlitzen!
Du Taube, und trinken dein Blut so rot
Und deinen zuckenden, schäumenden Tod!
Und saugen aus deinem Eingeweid
Deine Scham und deine Jungfräulichkeit
ELISABETH:
Erbarmen! Was zerrst du mich am Haar?
BLAUBART:
Keusch blühende Rose auf meinem
Altar -
ELISABETH:
Gott steh mit bei! Du geifernd            !
BLAUBART:
Ist´s ein
Affe, oder ist´s ein Stier
Ein Wolf oder ander reißend Getier
Hei lustig geschnäbelt zur Nacht -
Bis zweie nur mehr eines macht!
Und eins ist der Tod!
ELISABETH:
Neigt niemand sich meiner grausen Not?
BLAUBART (schreit):
Gott!
(Er zerrt sie in die Tiefe. Man hört einen gellenden Schrei. Dann tiefe Stille. Nach einiger Zeit erscheint Blaubart, bluttriefend, und trunken außer sich und stürzt wie niedergemäht vor einem Crucifix nieder)
BLAUBART (verlöschend):
Gott!


( von Georg Trakl)