• Allein beim Trinken im Mondschein

    Bei den blühenden Bäumen
    sitz ich mit einem Krug voll Wein
    und trinke in Einsamkeit.
    Meine Freunde, wo sind die geblieben?
    Ach ja, der Mond blickt auf mich herunter. -
    Ich grüße ihn
    und heb den Becher seinem Glanz entgegen.
    Und da! Da geht mein Schatten vor mir.
    Hoho! Wir sind zu dritt, sag ich.
    Obgleich, der arme Mond, der kann nicht trinken,
    und mein Schatten tänzelt um mich her -
    doch, wir sind Freunde heute nacht,
    der Säufer, der Mond und der Schatten.
    Laßt uns diese Frühlingsorgie feiern!

    Ich singe,
    und der wüste Mond durchfurcht den Himmel,
    ich tanze,
    und mein Schatten wälzt sich hin und her.
    Solang wir wach sind, laßt uns zechen;
    nur der Schlummer süßer Trunkenheit
    soll uns jemals trennen.
    Laßt uns eine Freundschaft schwören,
    die der Sterbliche nicht kennt,
    und des Abends große Weiten
    einander preisen!



  • Einsamkeit

    Nach einem Weingelage
    versank ich in Schlaf,
    bar jeglichen Wissens.
    Welke Blumen fielen
    und füllten mir den Schoß.
    Als ich erwachte,
    immer noch berauscht,
    waren die Vögel
    schon in ihren Nestern,
    und nur wenige meiner Zechkumpane waren noch da.
    Ich schritt den Fluß entlang,
    allein im Licht des Mondes.


  • Abschied um Mitternacht


    Unter kaltem Mond bei einer fahlen Leuchte
    soffen wir grandios.
    Aus Furcht vor unserem orgiastischen Gehabe
    flatterte ein weißer Reiher aus den Untiefen des Flusses.
    Es war Mitternacht.

    (Li-Po; 8. nachchristliches Jahrhundert)