Eva-Maria Winkler: "Kelten heute"

Das Keltenbild in der Moderne von der Wissenschaft bis zur Esoterik


In diesem Buch versucht die Autorin Eva-Maria Winkler die Gründe darzustellen, warum gerade die Kelten zu einem "Kultvolk der Moderne" werden konnten. Da man heute sozusagen von einer "Keltomanie" sprechen kann, ist es Ziel des Buches, die Ursachen für diese Begeisterung aufzuzeigen.

Sehr interessant ist z.B. eines der Untersuchungsergebnisse, das besagt, dass die meisten Forscher die Rückbesinnung auf alte Religionen als kritische Reaktion auf die Säkularisierung (...) erklären - wobei die Kelten einer archaischen Religiosität und Ritualen zuzuordnen sind. Insbesondere auf religiöse Facetten wird in dem Buch eingegangen, die unter dem übergeordneten Thema Esoterik zu finden sind. Es geht in "Kelten heute" weniger um die archäologische/geschichtliche Seite, als vielmehr um die Betrachtung der Kelten und ihrer Schöpfungen in anderen Kulturen in der Moderne. Schon der Begriff "Kelten" wird heutzutage unterschiedlich definiert, bzw. das Keltentum falsch interpretiert, was die Autorin anfangs beschreibt. Viele bringen die Kelten mit Klischees in Verbindung, welche wenig Authentisches mit diesem Volk gemeinsam haben.

"Während der letzten 500 Jahre vor Beginn unserer Zeitrechnung waren die Kelten in weiten Gebieten, die sich zwischen Nordeuropa und dem Mittelmeerraum vom Atlantik bis zu den Karpaten erstrecken, die vorherrschende Volksgruppe" - so die Autorin; jedenfalls wurzeln diese Völkergemeinschaften tief in der europäischen Geschichte. Nachwirkungen sind bis heute spür- und sichtbar, was ja Gegenstand des vorliegenden Buches sein soll.

Eingeteilt in drei Hauptkapitel, die wiederum in zahlreiche Unterkapitel gegliedert sind, wird die Rezeptionsgeschichte des Keltentums wie folgt behandelt: die nationale/politische, die esoterische und die kulturelle. Die esoterische Rezeptionsgeschichte beansprucht den größten Teil - und mitunter auch den interessantesten, da sich Eva-Maria Winkler, wie eingangs schon erwähnt, mit den unterschiedlichsten, auch religiösen und geistigen Strömungen beschäftigt. Thematisiert wird im Kapitel der nationalen Rezeptionsgeschichte die Vergangenheit nationaler Identität am Beispiel einiger europäischer Länder, wie z.B. Frankreich, Irland, u.a. Im letzten Kapitel - die kulturelle Rezeptionsgeschichte - vermittelt die Autorin in eher knapper Form den Einzug keltischer Einflüsse in die Musik, Bildende Kunst, Literatur und Film.

Nach einem Schlusswort findet sich ein sehr umfangreiches Literaturverzeichnis zum Thema, sowohl mit Buchquellen wie auch mit zahlreichen Adressen zu Internetartikeln. Ungewöhnlich sind die etlichen Internetquellen-Angaben, die sich immer wieder im Text an entsprechenden Stellen befinden. Zeitgenössisches (Quellen-)Material gibt es recht wenig zur keltischen Kultur im Vergleich zu anderen alten Kulturen, und somit war "Kelten heute" sicherlich auch eine Herausforderung für die Autorin, was sich allerdings durch ihre intensiven Recherchen nur noch - im positiven Sinne - bestätigt. Abgerundet mittels einiger Fotos im Schlussteil des Buches kann sich der Leser beflügeln lassen und eine konkretere Vorstellung zu offensichtlich typisch keltischen Szenen, in der heutigen Zeit, machen.

"Kelten heute" ist meines Erachtens ein guter Einstieg für Kelten-Interessierte und solche, die es noch werden wollen sowie eine prima Zusammenstellung für die Gründe und Ursachen der heutigen "Keltomanie".

(Anja Semling; 04/2006)


Eva-Maria Winkler: "Kelten heute"
Praesens Verlag, 2006. 144 Seiten.
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