Paul Broks: "Ich denke, also bin ich tot"
Reisen in die Welt des Wahnsinns 
Neuropsychologie = das Studium der Beziehung zwischen Verhalten, Fühlen 
und Erkennen einerseits und der Gehirnfunktion andererseits 
Ein grandioses Buch mit Nachwirkungen 
  - es bleibt im Gedächtnis des Lesers haften und regt immer wieder zum Nachdenken 
  an. Fragen nach den Grenzen des Körpers werden wach. Fragen, wann Nahrung Teil 
  des eigenen Körpers und damit ein Teil von einem selbst wird, beschäftigen den 
  Leser. Doch damit nicht genug, unternimmt der Autor den Versuch, sich dem Geheimnis 
  der Identität des Menschen zu nähern, und wieder wird der Leser mit einer Reihe 
  von Fragen konfrontiert.
  
  Paul Broks erinnert auf eindringliche Weise daran, dass die Realität einer ständigen 
  Überprüfung bedarf - nur so könne Weiterentwicklung auch im Bereich der Wissenschaft 
  stattfinden. Er macht uns mit einer Reihe von Menschen bekannt, die unter außergewöhnlichen 
  Problemen leiden. Menschen, die bis zu einem gewissen Zeitpunkt völlig der Norm 
  entsprachen und plötzlich aus der Rolle fallen, indem sie zum Beispiel davon 
  überzeugt sind, ihr Gehirn beherberge nichts 
  als einen Fisch; aber auch mit Menschen, die seit der Geburt unter einer psychischen 
  Krankheit oder Bewusstseinsstörung leiden.
  
  So lernen wir Naomi kennen, deren epileptische Anfälle sich häufen und die in 
  einer Operation eine große Chance für ein beschwerdefreies Leben sieht. Doch 
  bevor eine derart einschneidende Operation stattfinden kann, im Zuge derer beschädigtes 
  Gehirngewebe entfernt wird, sind eine Reihe von Tests Vorschrift. Unter anderem 
  der Wada-Test, bei dem eine Seite des Gehirns kurzfristig zur Gänze ausgeschaltet 
  wird um zu testen, ob die andere Seite des Gehirns problemlos funktioniert und 
  eventuell neue Aufgaben übernehmen kann. Während Dr. Broks den Test an Naomi 
  durchführt, lässt er uns an seinen Gedanken teilhaben. Er fragt sich, wenn die 
  eine Hälfte des Gehirns stillgelegt ist, kann er sich dann auch nur mit einer 
  Hälfte der Person befassen. Dieser Gedanke wird weitergesponnen und es tritt 
  eine Reihe von Fragen zutage:
  Was, wenn die Gehirnhälften eines Menschen getrennt und jede für sich in die 
  Köpfe zweier verschiedener Menschen eingepflanzt werden? Was, wenn man eine 
  mit seinem besten Freund tauscht oder mit seinem schlimmsten Feind? Wer ist 
  dann wer?
  
  Im Laufe der Lektüre wird dem Leser immer klarer, dass es kein Cockpit der Seele 
  gibt. Der Geist entsteht aus Prozess und Interaktion, nicht aus Materie. Ein 
  bedrückender Gedanke? Nein, denn wenn man den Ausführungen von Dr. Broks Glauben 
  schenken darf, so bewohnt unser Geist den Raum zwischen den Dingen - er existiert 
  in der Leere.
  
  Faszinierend an den Berichten über einzelne Patienten war für mich deren Anpassungsfähigkeit 
  an die neuen Umstände. Ein Beweis für die Unverwüstlichkeit des Menschen und 
  nicht zuletzt ein beruhigender Gedanke, denn würde man 
eines 
  Tages aufwachen und entdecken, dass man sich in ein riesenhaftes Insekt verwandelt 
  hat, würde man laut Dr. Broks wahrscheinlich einfach aufstehen und mit seinem 
  neuen Leben weitermachen. 
(margarete; 02/2004)
Paul Broks: "Ich denke, also bin ich 
tot"
(Originaltitel "Into the Silent Land: Travels in 
Neuropsychology")
Aus dem Englischen von Barbara Rojahn-Deyk.
C. H. Beck, 
2004. 234 Seiten.
ISBN 3-406-51661-0.
ca. EUR 19,90. 
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