Mathias Broeckers: "Cannabis. Hanf, Hemp, Chanvre, Cañamo"

Wie die Päpste im Mittelalter sich weigerten, durch Galileis Fernrohr zu schauen, um ihr Weltbild nicht zu gefährden, weigern sich die meisten Politiker nach wie vor, die Ergebnisse der medizinischen Cannabisforschung zur Kenntnis zu nehmen.


Ein toller Bildband, der den Hanf von allen Seiten beleuchtet und in vier Sprachen beschreibt (Deutsch, Englisch, Castellano und Französisch). In den ersten drei von insgesamt neun Kapiteln erfährt der Leser Wissenswertes über den Samen, die Aussaat und das Wachstum sowie die Blüte und Ernte dieser Pflanzenspezies, die mit der Geschichte des Menschen auf so enge und vielfältige Weise verbunden ist. Daran haben auch die Hanfverbote seit den 1930er Jahren nichts ändern können, vielmehr wird Cannabis heute als Biorohstoff der Zukunft bezeichnet und das sicherlich aus guten Gründen. So enthält kein anderes Samenkorn essentielle Fettsäuren und Proteine in derartiger Fülle und Ausgewogenheit. Das Tempo des Wachstums von Hanf ist gigantisch, und dem Unkraut gibt diese vielfältige Pflanze keine Chance.

Die folgenden Abschnitte beschreiben die Hanfarbeit und die Verwendung der stärksten Naturfaser der Welt. Zahlreiche Bilder verdeutlichen den Umgang mit Hanf und dessen Verarbeitung.
Ein Kaptitel ist der Entwicklung von der Schamanenpflanze zum modernen Heilkraut gewidmet. Pharmakologisch hat Hanf sowohl sedative wie auch stimulierende Wirkung. Deshalb wurde er sowohl zu krampflösendem Hustenmittel wie auch zur anregende Kopfschmerztablette verarbeitet. Trotz seiner wissenschaftlich bewiesenen Einsetzbarkeit bei verschiedenen schweren Erkrankungen verhindert der Drogenkrieg in den meisten Ländern den uneingeschränkten Zugang für Patienten. Stattdessen wird ein synthetisch hergestellter Hanfwirkstoff verwendet, der nicht nur extrem teuer ist, sondern auch nicht die gleichen positiven Effekte und Heilwirkungen zeigt wie das natürliche Kraut.

Die Geschichte des Hanfrausches beginnt in der Jungsteinzeit und zog im Zuge der großen Orientmode Mitte des 19. Jahrhunderts in die europäischen Salons, Ateliers und Cafés ein. Warum Hanf hierzulande ein bis heute verbotenes Rauschmittel darstellt und kriminalisiert wird, Alkohol hingegen in unserer Gesellschaft große Toleranz findet, ist für mich geradezu unverständlich und einer breiten Diskussion würdig. In diesem Kapitel finden wir auch mehrere Schautafeln mit Rauchgeräten und eine Menge Menschen, die als "Friends of Cannabis" geoutet werden. Die Niederlande waren Mitte der 1970er Jahre das erste Land, das den Genuss von Cannabis toleriert hat. Eine Studie weist nach, dass härtere Strafen den Konsum von Cannabis nicht verhindern oder vermindern können, vielmehr geht aus dieser Studie hervor, dass der Genuss von Cannabis in den Niederlanden erheblich niedriger ist als in Großbritannien, wo die Strafen hart sind. Offensichtlich dürfte dies die Schweiz erkannt haben, da sie an einer Legalisierung sämtlicher Cannabis-Produkte arbeitet und sich voraussichtlich 2004 von der mittelalterlichen Inquisitions-Politik verabschieden will.

Insgesamt ein sehr informativer Bildband über eine der ältesten Nutzpflanzen der Welt mit tollen Bildern und Schautafeln über die der Botaniker Prof. William A. Emboden 1992 schrieb: "Wir haben Grund zu der Annahme, dass Hanf die Milch der Götter an der Wiege der Zivilisation war - Nahrung, Medizin und prophetische Pflanze; eine Pflanze, die sowohl Fasern für Stoffe und Papier lieferte wie auch den Zauberstab für schamanistische Heilungen und Harz zum Verschließen der Wunden; die Kummer dauerhaft vertreibt, Asthmakrämpfe lindert und als Beruhigungsmittel dient."

Der Autor Mathias Broeckers ist einer der ausgewiesensten Hanfexperten Europas und Mitautor bei den Büchern "Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf" und "Hanf im Glück".

 (margarete; 11/2002)


Mathias Broeckers: "Cannabis. Hanf, Hemp, Chanvre, Cañamo"
AT Verlag, 2002. 224 Seiten. 
ISBN 3-8550-2872-9.
ca. EUR 34,90.
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