Mario Vargas Llosa: "Alles Boulevard"
Wer seine Kultur verliert, verliert sich selbst
Der 1936 in Peru geborene und
        2010 mit dem Nobelpreis gewürdigte Schriftsteller Mario Vargas Llosa
        wagt mit seinem Buch einen weiteren Versuch, denn Abhandlungen zur
        zeitgenössischen Kultur (der sogenannten Postmoderne), welche unsere
        gegenwärtige Situation zu erklären und fassen versuchen, gibt es
        unzählige, die angeblich verlorengegangenen Werte und
        X-Beliebigkeitsmentalität zu proklamieren, zu definieren, zu
        analysieren.
        
        T.S. Elliots "Beiträge zum Begriff der Kultur", welches
        1948 veröffentlicht wurde, wird als wichtiges Beispiel der
        Kulturmahnerschriften zitiert. Elliots Betrachtungen hatten visionäre
        Züge. Er legitimierte sogar in seinem Werk Perioden von Kulturlosigkeit
        innerhalb der Kulturgeschichte. Laut Llosa hat unsere gegenwärtige Zeit
        genau dieses Stadium erreicht. Für Elliot ist Kultur die
        Grundvoraussetzung von Wissen,
        sie ist eine Geisteshaltung, eine Sensibilität und eine Pflege der Form,
        welche der Erkenntnis Sinn und Orientierung gibt. Kultur und Religion
        sind für Elliot nicht dasselbe und trotzdem untrennbar miteinander
        verbunden.
        
        1971 "antwortet" George
          Steiner ihm mit "In Blaubarts Burg. Anmerkungen zur
            Neudefinition der Kultur". Steiner kritisiert, verurteilt
        nahezu, dass Elliot mit keinem Wort die verheerenden Weltkriege und das
        brutale und systematische Vernichtungssystem, den Holocaust, erwähnt.
        Der Antisemitismus wird bei Steiner nicht totgeschwiegen bzw.
        totgeschrieben, sondern als tiefverwurzelter Aspekt der christlich
        westlichen Tradition dargelegt. Laut ihm leben wir in einer Nachkultur,
        es herrscht Kulturpessimismus oder ein neuer stoischer Realismus.
        
        Auch Guy Debord, ein radikaler Avantgardist, Agitator und eine der
        treibenden intellektuellen Kräfte der späten Sechziger bleibt mit seinem
        Hauptwerk "Die Gesellschaft des Spektakels" nicht
        unerwähnt, dessen Vorbild Karl
          Marx war und der natürlich in einem Werk zur Kulturgeschichte
        nicht ohne Nennung sein kann.
        
        Das Buch ist ein wunderbares Plädoyer gegen das Triviale und Vulgäre:
        Informativ und verständlich geschrieben, tauchen wir mit diesem Werk in
        die Welt der Kultur ein und werden mit allen essenziellen Bereichen des
        Lebens (Politik, Ökonomie, Ethik, Religion
        und Sexualität)
        mit interessanten Denkansätzen konfrontiert und wesentlich reicher
        wieder an der Oberfläche auftauchen. Es ist das ideale Einstiegsbuch, um
        sich mit dem Thema der Kulturgeschichte genauer und tiefergehend zu
        befassen, die vielen vom Autor zitierten Quellen laden dazu förmlich ein
        und helfen dabei, den Thesen von Elliot, Llosa und all den anderen
        Kritikern entgegenzuwirken ...
(Josef Huber; 05/2013)
          Mario
            Vargas Llosa: "Alles Boulevard. Wer seine Kultur verliert,
          verliert sich selbst"
        (Originaltitel "La civilización del espectáculo")
        Aus dem
          Spanischen von Thomas Brovot.
        Suhrkamp, 2013. 231 Seiten.
        
          
          
              
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