Jonas Jonasson: "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand"


Das Jahr 2005: Allan Karlsson, geboren 1905, will seinen hundertsten Geburtstag nicht im regelüberladenen Altenheim verbringen und steigt aus dem Fenster seines Zimmers, während in den anderen Räumen die Feierlichkeiten vorbereitet werden und der Bürgermeister sich bereits mit der Presse auf dem Weg zu ihm befindet.
In seinen verpinkelten Pantoffeln und mit nur ein wenig Bargeld in der Tasche begibt er sich zum Busbahnhof, wo ihn ein unhöflicher junger Mann dazu auffordert, auf seinen Koffer aufzupassen, während dieser auf die Toilette geht. Aus Nickeligkeit steigt Allan dann mit diesem Koffer in den nächsten Bus und stellt später fest, dass er die finanziellen Früchte eines größeren Drogengeschäfts einkassiert hat.

Nun von einem schwedischen Motorradgrüppchen und der Polizei verfolgt, stößt Allan auf seiner weiteren Reise auf verschiedene Begleiterinnen und Begleiter, muss sich einiger Verfolger tatkräftig entledigen und die Leichen loswerden, und landet schließlich in einer ganz ungewohnt geselligen Situation, wie er sie in seinen bisherigen hundert Lebensjahren eigentlich noch nicht kennengelernt hat. Er genießt das wirklich.
Und er beginnt, seinen neuen Gefährten die Geschichte seines Lebens zu erzählen, die den ungeschulten Sprengstoffspezialisten aus dem Lande des Dynamitentwicklers Nobel durch die ganze Welt getrieben hat, wo er für Franco und seine Gegner, für die Gegner Maos und Andere Brücken gesprengt hat, bei der Entwicklung der Atombombe behilflich gewesen ist und auch sonst in mancherlei Art und Weise in die Weltgeschichte eingegriffen hat, bis es ihn schließlich nach einer Zeit als CIA-Agent in Moskau wieder zurück in die Heimat verschlagen hat.
Die ganze Zeit über hat er sich zwar immer wieder in historisch bedeutsamen Situationen befunden, aber überlegt handelnd und mit einem Gemüt wie Candide hat er immer nur die Ruhe sowie die Harmonie der Menschen untereinander gesucht - und gutes Essen sowie vernünftigen Schnaps - und jede Form der Beschäftigung mit Politik und Religion abgelehnt, was ihm zum Beispiel bei einer Begegnung mit dem nordkoreanischen Machthaber, der gerade Besuch von einem russischen Marschall und Mao Tse-Tung hat, sehr hilfreich war.

Im Jahr 2005 merkt der zunächst im wahrsten Sinne des Wortes lebensmüde Allan, dass es auch für ihn noch Neues zu erleben gibt, und mit einigen jungen Menschen zwischen 40 und 79 Jahren macht er sich daran, dies auch richtig auszukosten. Dabei löst er einige der Wechsel ein, die ohne sein Wissen zu seinen Gunsten abgeschlossen wurden. Und er stellt fest, dass seine Spezialkenntnisse immer noch gefragt sind.

Conclusio:
Ein überaus fröhlicher und positiver Schelmenroman, der dem Rezensenten neben "Candide" und "Forrest Gump" auch die Bücher Andrej Kurkows ins Gedächtnis ruft - und hierbei vor allen Dingen die älteren, in denen die Helden auch durch die ganze Welt geschickt werden.
"Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" ist ein durchgängig schnapsgetränktes Lesevergnügen, das Politik und Religion an den Rand zu stellen versucht, während es zeigt, dass der beste Weg, ein gutes Leben zu führen, ist, es einfach zu tun, ohne übertrieben darüber nachzudenken.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 05/2012)


Jonas Jonasson: "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand"
(Originaltitel "Hundraåringen som klev ut genom fönstret och försvann")
Aus dem Schwedischen von Wibke Kuhn.
Taschenbuchausgabe:
carl's books, 2011. 415 Seiten.
Buch bei amazon.de bestellen

Hörbuchausgabe:
Gelesen von Otto Sander.
der Hörverlag, 2011. 6 Audio-CDs, Laufzeit: 453 Minuten.
Hörbuch-CDs bei amazon.de bestellen

Digitalbuchausgabe:
carl's books, 2011.
Digitalbuch bei amazon.de bestellen

Jonas Jonasson, geboren 1961 im schwedischen Växjö, arbeitete nach seinem Studium in Göteborg als Journalist unter Anderem für die Zeitungen "Smålandsposten" und "Expressen". Später gründete er eine eigene Medienberatungsfirma. Doch nach 20 Jahren in der Medienwelt verkaufte er alles und zog in den Schweizer Kanton Tessin. Sein Roman "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" trat in Schweden eine regelrechte Allan-Karlsson-Manie los.