Maurice Maeterlinck: "Das Leben der Bienen"
Der mit den Bienen lebte
        
        Eine mystifizierende, glorifizierende, anthropomorphisierende Studie
        über
        Bienen des belgischen Literatur-Nobelpreisträgers Maurice
        Maeterlinck, ein mit
        neuen Erkenntnissen angereicherter Essay über Bienen,
        geschrieben vom
österreichischen
          Schriftsteller Gerhard Roth sowie
        ein Abriss über Leben
        und Werk des Dichters und Naturforschers Maurice Maeterlinck; das sind
        die drei
        Komponenten dieses naturkundlichen Buches aus dem Züricher
        Unionsverlag. Aber
        "Das Leben der Bienen" ist weit mehr als ein reines Naturkunde- oder
        Biologiebuch, weit mehr als eine entomologische Studie.
        
        Poetisierend und philosophierend versucht Maeterlinck seinen Lesern das
        Wesen
        und die Lebensweise der Honigbienen nahezubringen. In sieben Kapiteln
        werden wir
        unterrichtet nicht nur über Bienen und ihre Stellung im
        großen Kreislauf des
        Lebens, sondern auch über des Autors allgemeine Sichtweise der
        Natur
        beziehungsweise der sie beseelenden oder lenkenden Kräfte.
        Maeterlincks Buch über
        die Bienen ist weniger wissenschaftlich als vielmehr spirituell und aus
        einer
        antropomorphen Sichtweise heraus geschrieben. Damit liegt er in etwa
        auf einer
        Linie mit dem französischen Entomologen Jean-Henri
          Fabre, ein sich aufdrängender Vergleich, der nicht
        unbedingt zugunsten
        Maeterlincks ausfällt, denn dieser versteigt sich manchmal zu
        kühnen, geradezu
        aberwitzigen Spekulationen. So spricht er den Bienen Vernunft zu,
        Vernunft in
        einem Maße, wie sie bei den höheren
        Säugetieren anzutreffen ist. Das Gehirn
        einer Biene bezeichnet er als "das schönste,
          komplizierteste und nächst
          dem Menschen auch das vollkommenste in der ganzen Natur." An
        anderer
        Stelle spricht Maeterlinck von einer "seltsamen Vielheit
          kleiner
          selbstständig denkender Köpfe."
        
        Wichtigen, für das Studium und die Zucht der Bienen besonders
        relevanten Themen
        wie "Stadtgründung", "Hochzeitsflug" oder "Drohnenschlacht"
        sind eigene Kapitel gewidmet. Interessant sind Maeterlincks
        Spekulationen über
        die Kommunikation der Bienen untereinander, die damals noch nicht
        entschlüsselt
        war. Seine Betrachtungen würzt der Autor immer wieder mit
        aphoristischen
        Lebensweisheiten. Eine blumige Sprache, die nicht selten die Grenzen
        des guten
        Geschmacks überschreitet und phasenweise auch etwas zu
        langatmig daherkommt,
        kennzeichnet Maurice Maeterlincks Naturschilderungen. Beispiel: "...
          bis
          ein wundervoller Morgen sich aus der Tiefe der azurnen Himmelsurne in
          den
          hochzeitlichen Raum ergießt ... wo die letzte Frische der
          sinkenden Morgenröte
          noch gegen die Glut des Tages ringt, wie eine Jungfrau in den Armen
          eines
          Kriegsmannes, und die kristallenen Laute des Morgens in dem Schweigen
          des
          nahenden Mittags noch nicht ganz verhallt sind."
        
        Nicht nur über Bienen, auch über Menschen hat Maurice
        Maeterlinck etwas zu
        sagen, beispielsweise über die Menschen in der Normandie: "Sie
          sind
          brutal, heuchlerisch, verlogen, habgierig, verleumderisch,
          misstrauisch,
          neidisch ... wo sie es unbeschadet tun können, trachten alle
          insgeheim danach,
          sich zu schaden ... ein großes Unglück ist der lange
          gehätschelte Gegenstand
          heimtückischen Ergötzens ... sie belauschen,
          beargwöhnen, verachten und
          verabscheuen einander ... sie gehorchen dem allmächtigen Gebot
          der allgemeinen
          Niedertracht." Diese Erkenntnisse gewannen Maeterlinck und
        ein nicht
        namentlich genannter "großer
          zeitgenössischer Psychologe" bei
        einem gemeinsamen Spaziergang auf dem Lande.
        
        Maurice Maeterlinck schien also die Gesellschaft der Bienen als weitaus
        angenehmer zu empfinden als die Gesellschaft von Bauern aus der
        Normandie, ähnlich
        wie Baudelaire,
        der Katzen
        mehr liebte als Menschen.
(Werner Fletcher)
Maurice Maeterlinck: "Das Leben der
          Bienen"
        (Originaltitel "La Vie des abeilles")
        Aus dem Französischen von Friedrich von Oppeln-Bronikowski.
        Mit einem Essay über Maeterlinck und die Bienen von Gerhardt Roth.
        Gebundene Ausgabe:
        Unionsverlag, 2011. 256 Seiten.
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      Taschenbuchausgabe:
        Unionsverlag, 2013.
        
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Maurice
        Maeterlinck (geboren am
        29. August 1862), der "belgische Shakespeare", wurde durch seine
        frühen
        Theaterstücke "Prinzessin Maleine" und "Pelleas und Melisande"
        bekannt und war einer der meistaufgeführten Theaterautoren
        seiner Zeit. Der
        Genter Dramatiker und Lyriker, der Automobile ebenso liebte wie seine
        Bienenstöcke,
        gilt als einer der wichtigsten Vertreter des Symbolismus.
        Weltweiten literarischen Ruhm erlangte er mit der Auszeichnung des
        Nobelpreises
        im Jahr 1911.
        Maurice Maeterlinck starb am 6. Mai 1949 in Nizza.
        
        Noch ein Buchtipp:
          
          Jack Mingo: "Die Weisheit der Bienen. Erstaunliches über das
          wichtigste Tier der Welt"
        In den letzten Jahren ist die Biene immer mehr zum Indikator für den
        Gesundheitszustand unserer Umwelt geworden. Wenn es den Bienen gut geht,
        geht es auch der Natur und damit den Menschen gut. Denn Bienen tragen
        mehr für unsere Ernährung und unser Wohlergehen bei als jedes andere
        Wesen. Der Journalist und Freizeitimker Jack Mingo hat mehr als eine
        halbe Million Bienen. Für ihn sind sie die besten Haustiere, die man
        sich vorstellen kann. Mingo vermittelt einen faszinierenden Einblick in
        dieses großartige natürliche Lebenssystem und möchte für die Bienen
        begeistern, denn nur so können wir auch mithelfen, sie zu bewahren.
        Überraschende Fakten aus der Bienenwelt: Eine Biene produziert im Laufe
        ihres Lebens 1-2 Teelöffel Honig; Pollenmagnete: Bienen können ihren
        Pelz elektrostatisch aufladen, wenn sie sich an ihren Artgenossen
        reiben; wenn Bienen den Saft vergorener Früchte sammeln, haben sie einen
        in der Krone; Haarausfall betrifft auch alternde Bienen; Bienen können Elefanten
        abwehren; Bienentöne: Wenn Bienen fliegen, erklingt ein reines B (248
        Schwingungen pro Sekunde). (Riemann)
        
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