Michael Crichton: "Gold"

Pirate Latitudes


Der Preis der Loyalität steigt in der Karibik schneller als die Flut

Im November 2008 starb Michael Crichton, der Schöpfer so bekannter Titel wie "Andromeda - Tödlicher Staub aus dem All", "Jurassic Park" und "Emergency Room" und auch von "Der große Eisenbahnraub" sowie "Die ihre Toten essen" (unter Anderem verfilmt als "Der 13. Krieger").
In seinen vorherigen drei Büchern ("Welt in Angst", "Beute" und "Next") hatte er sich vorwiegend mit aktuellen gesellschaftspolitischen und technologischen Entwicklungen sowie deren möglichen Folgen beschäftigt, wobei die Beschäftigung mit der Problematik leider zunehmend auf Kosten der handwerklichen Leistung ging.
Mit "Gold" nun widmete er sich wieder dem historischen Feld, auf dem er bereits zuvor ein paar wenig beachtete, wenn auch sehr ansprechende Titel geschrieben hatte.

Es ist das 17. Jahrhundert und die Regierungszeit des britischen Monarchen Charles II., die ja bekanntermaßen ein eher blutiges Ende finden soll. Trotz einiger entsprechender Verträge mit dem "königlichen Bruder im Glauben" in Spanien sind die unterschwelligen Spannungen zwischen den beiden großen Kolonialnationen bestimmend für die globale Politik, und so laufen regelmäßig britische Schiffe mit halboffiziellen Kaperbriefen aus, um spanische Goldtransporte auf dem Weg von den amerikanischen Kolonien ins Mutterland aufzubringen. Diese Form der Piraterie ist offiziell geächtet, und überführte Freibeuter werden in Port Royal, der jamaikanischen Zentrale der britischen Niederlassungen, gnadenlos hingerichtet - zumindest, wenn sich die Verurteilung nicht durch allerlei Winkelzüge verhindern lässt, denn immerhin bekommt Charles II. von jeder Prise zehn Prozent.

Als nun bekannt wird, dass ein spanischer Schatz-Nao ohne Eskorte in der Nähe bei einer spanischen Buchtfestung liegt, die die englischen Freibeuter bereits im Vorjahr vergeblich berannt hatten und von der nur ein einziger Überlebender zurückgekommen ist, beschließt Captain Charles Hunter mit einer speziell zusammengewürfelten Mannschaft und dem inoffiziellen Segen des britischen Lordgouvernors von Jamaika, dieses Schiff und seine Schätze an sich zu bringen. Nicht nur, weil ihn das Gold reizt, sondern auch, weil er mit Cazalla, dem Oberbefehlshaber der Festung, noch das eine oder andere Hühnchen zu rupfen hat.

Doch noch bevor Hunter mit seiner Schaluppe "Cassandra" die Insel erreicht, fällt das Schiff einem spanischen Kriegsschiff unter dem Kommando seines Gegners in die Hände, und damit beginnen die Probleme dieser Reise eigentlich erst.

Die auf die Autobiografie Charles Hunters gestützte Geschichte beschreibt das Leben auf den Schiffen und in den Hafenstädten der Karibik in der damaligen Zeit sehr anschaulich und gibt auch interessante Einblicke in die damalige Politik. Die Charaktere sind größtenteils gut ausgearbeitet und überzeugen, und die Handlung ist stringent und zeigt keine inhaltlichen oder logischen Brüche, so dass das Buch nicht nur thematisch sondern auch handwerklich überzeugen kann.

"Gold" stellt ein schönes Erbe eines wissenschaftlich-historischen Romanautors, der zweifelsohne mit seinen Werken viele Menschen zum Nachdenken angeregt hat, dar. Die Karten in den Buchklappen ermöglichen dem Leser daneben noch eine gute Orientierung innerhalb der Geografie der Geschichte, und das Nachwort ermöglicht eine realhistorische Einordnung der Romanhandlung.
Alles in allem ein ansprechendes Lesevergnügen.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 11/2009)


Michael Crichton: "Gold - Pirate Latitudes"
(Originaltitel "Pirate Latitudes")
Übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann.
Blessing, 2009. 365 Seiten.
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Hörbuchausgabe (gekürzte Lesung):
Sprecher: Hannes Jaenicke.
Random House Audio, 2009. 6 CDs.
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