Hofmannsthal:

 

Terzinen über Vergänglichkeit

Noch spür ich ihren Atem auf den Wangen:
Wie kann das sein, daß diese nahen Tage                
Fort sind, für immer fort, und ganz vergangen?

Das ist ein Ding, das keiner voll aussinnt,
Und viel zu grauenvoll, als daß man klage:
Daß alles gleitet und vorüberrinnt

Und daß mein eignes Ich, durch nichts gehemmt,
Herüberglitt aus einem kleinen Kind
Mir wie ein Hund unheimlich stumm und fremd,

Dann: daß ich auch vor hundert Jahren war
Und meine Ahnen, die im Totenhemd,
Mit mir verwandt sind wie mein eignes Haar,

So eins mit mir als wie mein eignes Haar.

 

        * * *

Das gleiche, etwas anders gesehen:

Noch spür ich ihren Duft in meinen Nüstern:
Wie kann’s bloß sein, daß leer ist dieses Zimmer,
In dem nach ihrem Leib ich eben noch so lüstern?

Das soll begreifen, wer es kann, ich nicht!
Ach trau den Frauen nicht, ich sag’s ja immer:
Sie schmäh’n, was eben noch ihr Leibgericht!

Und daß mein Ich mir – nie war’s so verklemmt –
Wie  ein entlaufner Hund starrt ins Gesicht!
Wie konnte das passier’n: a l l e i n  im Hemd!

Dann noch was: dieser elende Gedanke,
Daß ich mich so wie einst mein Ahn gekämmt!
Der blöde Kerl mit mir verwandt? Nein, danke!

Und doch ist’s wahr! Ich kann nur sagen: Danke!!


(Peter Gronau)