Der Schwarze Ritter

Kommt und tanzet, meine holden Kinder, tanzet,
tanzet um des schwarzen Ritters Feuerlanze!
Ein schrecklich Leben lang hat er mit ihr gestritten,
ist gen Freund und Feind damit geritten,
eh' er sie vor euch hier in die Erde rammte,
als das Schicksal endlich seinen Namen nannte.

Frohlockt, ihr Unschuldgen, stimmt an den Reigen,
die dunkle Fratze muß nun auf immer schweigen!
Gleich in welch vieler Herren Länder sie hat gedient,
und hat lauthals eingestimmt in das grausig Lied
vom Tod und Teufel, Gier und Schattenmacht,
vorbei ist ihre Zeit, Tag folge auf die finstre Nacht!

Seht die Flamme an der Lanze! Wie sie sich windet,
sich gebiert im Glanze, weiß wie sie sich neu erfindet!
Spüret den Zauber, Magie, die aus dem Dinge spricht
und bar ihres Meisters endlich aus dem Eisen bricht:
Fast ist's als feire ihr bläulich Schleier noch mit euch,
ein letztes Flackern eh' die Flamme ihrem Bann entfleucht...

Heißa! Laßt die Priester nun zu dem Gefallnen kommen,
denn so oft die Maske ist der Göttin Zorn entronnen,
umso ehrfürchtger schweigend muß sie ihre Todesweihe
nun ertragen, auf daß die schöne Göttin ihr verzeihe,
all das, was auf Erden den Menschen dünkt als ruchlos Tat.
Ja, Priester, gebt euren Segen! Gelobt sei dieser Tag!

Doch genug jetzt! Nun wieder fort mit euch, laßt mich allein!
Laßt den stolzen Sieger mit seinem elend Opfer sein!
Ein gar wichtig Ding hab ich hier noch zu beenden,
drum Schluß damit, Zeit am Schlachtfeld zu verschwenden!
Hinfort! Seht zu, daß ihr ein Festmahl uns bereitet,
und sagt allen, daß der schwarze Ritter nicht mehr reitet!

Nun... – Gewähr mir das Nähertreten, dunkler Genosse,
der du bist hinabgestürzt von deinem zu hohen Rosse,
von meiner tödlich Spitze wie ein Blatt durchbohrt,
vorbei dein Frevel, gesühnt ist Mord durch Mord.
Ja, es ist an der Zeit, dir deine Maske zu entreißen,
wenn meine Hand auch zittert, will sie sie ergreifen...

Nein, dem Volksmunde schenke ich keinen Glauben,
will er doch wissen, daß die Maske dir zu rauben
bringt Unglück, Tod, Verderben nur – und keinen Segen,
doch sei es drum: die Göttin möge mir es einst vergeben.
Denn wohlan, ich will es wagen, dem Antlitze zu widerstehen,
will vom Haß erfüllt in des Ritters erloschne Augen sehen!

Gemach, Gemach! Gleich bist du befreit von deinem ehernen Visier,
ein Augenblick noch, dann offenbarst du deine Wahrheit mir!
Doch was –? Spielt mir mein Auge gar üble Streiche?
Wo ist die Grimasse, das Gesicht zu der metallen Leiche?
Leer ist des Ritters Helm, rabenschwarz wie einst die seine Nacht!
Wo ist der hehre Blick, der Blick, der ehedem soviel Leid gebracht?

Doch halt! Da ist doch etwas, das sich in dem Helme regt!
Ein schwaches magisch Licht, fühl wie es sich sacht bewegt...
Im Hinunterbeugen wird es stetig größer, klarer, heller,
zeig dich, du höllisch Geist, steig herauf aus deinem Keller!
Wahrlich, aus dem Schwarz schält sich nun ein Gesicht...
– das eines Ritters, und in dem Spiegel erkenn' ich endlich

...mich...

Und um mein erschrocken Antlitz spielt die lüstern Flamme,
erfaßt – unbegriffen – mein Staunen mit ihrem Überschwange,
und dann, dann erlischt jäh die Kraft dieses einen Lichts,
über mir nur Sterne inmitten der ewig Finsternis des Nichts.
Und ich steh' auf, reiß aus der Erde meine schwere Lanze:
Kommt ihr gierig Feuerzungen: küßt den Stahl und – tanzet!

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© 2000 Artimidor

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