Schubert
(in "Nachfechsung", Berlin 1916)
Über
        meinem Bette hängt ein Kohledruck des Bildes von Gustav
          Klimt: Schubert. Schubert singt mit drei Wiener
        Mädchen Lieder zum Klavier beim Kerzenschein. Darunter steht
        von mir geschrieben: »Einer meiner Götter! Die
        Menschen schufen sich die Götter, um ihre eigenen, in ihnen
        versteckten und unerfüllbaren Ideale dennoch irgendwie zu
        lebendigerem Dasein zu erwecken!«
        Ich lese oft in Nigglis Schubert-Biographie.
        Sie will nämlich Schuberts Leben bringen, nicht Nigglis
        Gedanken darüber!
        Aber hundertmal habe ich die Stelle gelesen, Seite 37. Er war
        nämlich Musiklehrer auf dem Gute des Grafen Esterhazy in
        Zelesz, bei den ganz jungen Gräfinnen Marie und Karoline. An
        Karoline verlor er aber sein Herz. Es entstanden daher seine
        Schöpfungen für Klavier zu vier Händen. Nie
        erfuhr die junge Gräfin von seiner tiefen Neigung. Nur einmal,
        als sie ihn neckte, er hätte ihr noch keine seiner
        Kompositionen gewidmet, erwiderte er: »Wozu denn?! Es ist ja
        ohnedies alles für Sie!«
        Wie wenn ein Herz in seiner Fülle, in seinem Grame sich
        eröffnete, und wieder sich verschlösse für
        ewig - - -. Deshalb schlage ich oft Seite 37 auf in Nigglis
        Schubert-Biographie.