Die Hunde
Elegie
Es waren einmal
zwei Hunde,
Wie war das Herz ihnen schwer!
Sie liefen wohl eine Stunde
Hintereinander her.
Sie
hofften, in liebendem Bunde
Werd ihnen leicht und frei,
Und waren doch
nur zwei Hunde,
Und keine Hündin dabei.
Das
ist die soziale Misere,
Die Sphinx
in der Hundewelt,
Daß man vom Hundeverkehre
Die Hündinnen ferne hält.
Die Hündinnen werden ja
häufig
Gleich nach der Geburt ersäuft,
Und wird eine Hündin läufig,
Verhindert
man, daß sie läuft.
Man
läßt sie aus ihrem Kerker
Tag und Nacht nicht heraus;
Knurrend liegt Bella im Erker
Zu
Füßen der Tochter vom Haus.
Lisettchen starrt in die Zeilen
Und zittert wohl mit den Knien,
Zuckt
mit den Lippen bisweilen,
Und beide denken an ihn.
Wallt man
im
Familienvereine
Sonntags vors Tor hinaus,
Bella geht an der Leine
Zugleich mit der Tochter vom Haus.
Hier
rücken heran die Studenten,
Dort naht sich Nero
galant;
Wie wird von beiden Enden
Die arme Leine gespannt!
In
einem Rudel Hunde
Kam schließlich man überein,
Es möge nun in der Runde
Jeder mal Hündin sein.
Das
Auge, angstvoll, trübe,
Schweift ferne zum Horizont,
Als spräch's: Und
das hat der
Liebe
Himmlische Macht gekonnt.
Der
kleine Fritz ging vorüber
Und sagte: Lieber Papa,
Sage mir doch, du Lieber,
Was machen die Hunde da?
Papa
entgegnet: Das nennt man,
Darf dir nicht sagen wie;
An diesen Greueln
erkennt man
Das lausige Hundevieh.
(von Frank Wedekind; 1864-1918)