Sohn, mit Weisheit und Verstand
Ordnete des 
Schöpfers Hand
Alle Dinge. Sieh' umher!
Keines steht von ohngefähr,
Wo 
es steht! Das Firmament,
Wo die große Sonne brennt,
Und der kleinste 
Sonnenstaub,
Deines Athems leichter Raub,
Trat, auf unsers Gottes 
Wort,
Jegliches an seinen Ort.
Jedes Ding in seiner Welt
Ist 
vollkommen; dennoch hält
Mancher Thor es nicht dafür,
Und kunstrichtet 
Gott in ihr!
Solch ein Thor war jener Mann,
Den ich dir nicht 
nennen kann,
Der, als er an schwachen Ranken
Einen Kürbiß hangen 
sah',
Groß und schwer, wie deiner da,
Den du selbst gezogen hast,
Den 
verwegenen Gedanken
Hegete: Nein, solch eine Last
Hätt' ich an so 
schwaches Reis
Wahrlich doch nicht aufgehangen!
Mancher Kürbiß, gelb und 
weiß,
Reih' bei Reih', in gleichem Raum,
Hätte sollen herrlich 
prangen
Hoch am starken Eichenbaum! 
Also denkend geht er fort,
Und gelanget an den 
Ort
Einer Eiche; lagert sich
Längelang in ihren Schatten
Und schläft 
ein. 
-
  Die Winde hatten
  Manchen Monat nicht geweht;
Aber als er schläft, 
entsteht
In der Eiche hohem Wipfel
Ein Gebrause; starke Weste
Schütteln 
ihre vollen Aeste;
Plötzlich stürzt von dem Bewegen
  Prasselnd ein geschwinder 
Regen
  Reifer Eicheln von dem Gipfel.
Viele liegen in dem 
Grase,
Aber eine fällt gerade
  Dem Kunstrichter auf die 
Nase! 
Plötzlich springt er auf und sieht,
  Daß sie blutet. Dieser Schade
  Geht noch an! denkt er und flieht
  Und bereuet auf der Flucht
  Den Gedanken, welcher wollte,
  Daß der Eichbaum eine Frucht,
  Gleich dem Kürbiß, tragen sollte.
  "Traf ein Kürbiß mein Gesicht",
  Sprach er, "nein, so lebt' ich nicht!
  O, wie dumm hab' ich gedacht!
  Gott hat alles wohl gemacht!"
(von Johann Wilhelm Ludwig Gleim; 2.4.1719-18.2.1803)