Weinlied

Einer.

Gläser klingen, Nektar glüht
In dem vollen Becher,
Und ein trunknes Götterlied
Tönt im Kreis der Zecher.
Mut und Blut braust in die Höh´;
Alle Sinne schwellen
Unterm Sturm des Evoe
Fröhlicher Gesellen.

Chor.

Die Jugendkraft
Wird neu geschafft;
In Nektarsglut
Entbrennt der Mut.
Drum, der uns Kraft und Mut verleiht,
Dem
Weingott sei dies Glas geweiht!

Einer.

Becher, deinen Purpursaft
Schlürf´ ich froh hinunter;
Denn des Herzens stolze Kraft
Lodert im Burgunder.
Glüht er nicht mit deutschem Mut
Und mit deutschen Flammen,
Eint er doch des Südens Glut
Mit dem Ernst zusammen.

Chor

Wer in sich Mut
Und Tatenglut
Und stolze Kraft
Zusammenrafft,
Und wer im Wollen fühlt die Macht,
Dem sei der Becher dargebracht!

Einer.

Aber jetzt ringt Jugendlust
In Champagners Schäumen,
Wie in frischer Jünglingsbrust
Träume kühn mit Träumen:
Leichtes Blut, verwegnes Herz,
Stolzes Selbstvertrauen,
Froher Sinn bei Leid und Schmerz,
Mutig Vorwärtsschauen.

Chor.

Das Auge sprüht,
Die Wange glüht,
Es wogt die Brust
In trunkner Lust.
Der schönen, frohen Jugendzeit,
Der sei dies volle Glas geweiht!

Einer.

Doch des Südens ganze Pracht
Und ein schöner Feuer
Und der Liebe süße Macht
Lodert im
Tokaier;
Golden schäumt er im Pokal
Hell wie Himmelskerzen,
Wie der Liebe Götterstrahl
Glüht im Menschenherzen.

Chor.

Der Liebe Glück
Wie Sonnenblick
Im Paradies,
So hold, so süß,
Der höchsten Erdenseligkeit,
Der Liebe sei dies Glas geweiht!

Einer.

Aber jetzt der letzte Trank,
Rheinwein, glüht im Becher.
Deutscher Barden Hochgesang
Tönt im Kreis der Zecher.
Freiheit, Kraft und Männerstolz,
Männerlust und Wonne
Reift am deutschen Rebenholz,
Reift in deutscher Sonne.

Chor.

Am Rhein, am Rhein
Reift deutscher Wein
Und deutsche Kraft
Im Rebensaft.
Dem Vaterland mit voller Macht
Ein dreifach donnernd Hoch gebracht!

Einer.

Unsern frohen Zecherkreis -
Daß er ewig bliebe! -
Führe auf des Lebens Gleis
Freiheit, Kraft und Liebe!
Drum, eh´ wir zum letztenmal
Unsre Gläser leeren,
Soll der Brüder volle Zahl
Diesen Bund beschwören!

Chor.

Ein festes Herz
In Lust und Schmerz,
In Kampf und Not,
Frei - oder tot! -
Und daß der Bund auch ewig währt:
Drauf sei dies letzte Glas geleert!

(Theodor Körner; 23.9.1791 - 26.8.1813)