(...) Da erwachte der Pharao und merkte, daß es ein Traum war. Und als es Morgen wurde, war sein Geist bekümmert, und er schickte aus und ließ rufen alle Wahrsager in Ägypten und alle Weisen und erzählte ihnen seine Träume. Aber da war keiner, der sie dem Pharao deuten konnte.
Da redete der oberste Schenk zum Pharao und sprach: Ich muß heute an meine Sünden denken: Als der Pharao zornig wurde über seine Knechte und mich mit dem obersten Bäcker ins Gefängnis legte in des Amtmanns Hause, da träumte uns beiden in einer Nacht einem jeden sein Traum, dessen Deutung ihn betraf. Da war bei uns ein hebräischer Jüngling, des Amtmanns Knecht, dem erzählten wir's. Und er deutete uns unsere Träume, einem jeden nach seinem Traum. Und wie er uns deutete, so ist's gekommen; denn ich bin wieder in mein Amt gesetzt, aber jener wurde aufgehängt.
Da sandte der Pharao hin und ließ Josef rufen, und sie ließen ihn eilends aus dem Gefängnis. Und er ließ sich scheren und zog andere Kleider an und kam hinein zum Pharao. Da sprach der Pharao zu ihm: Ich habe einen Traum gehabt, und es ist niemand, der ihn deuten kann. Ich habe aber von dir sagen hören, wenn du einen Traum hörst, so kannst du ihn deuten. Josef antwortete dem Pharao und sprach: Das steht nicht bei mir; Gott wird jedoch dem Pharao Gutes verkünden. Der Pharao sprach zu Josef: Mir träumte, ich stand
am Ufer des Nils und sah aus dem Wasser steigen sieben schöne, fette Kühe; die gingen auf der Weide im Grase. Und nach ihnen sah ich andere sieben dürre, sehr häßliche und magere Kühe heraussteigen. Ich hab in ganz Ägyptenland nicht so häßliche gesehen. Und die sieben mageren und häßlichen Kühe fraßen die sieben ersten, fetten Kühe auf. Und als sie die hineingefressen hatten, merkte man's ihnen nicht an, daß sie die gefressen hatten, und waren häßlich wie zuvor. Da wachte ich auf. Und ich sah abermals in meinem Traum sieben Ähren auf einem Halm wachsen, voll und dick. Danach gingen auf sieben dürre Ähren, dünn und versengt. Und die sieben dünnen Ähren verschlangen die sieben dicken Ähren. Und ich habe es den Wahrsagern gesagt, aber die können's mir nicht deuten.
Josef antwortete dem Pharao: Beide Träume des Pharao bedeuten das gleiche. Gott verkündet dem Pharao, was er vorhat. Die sieben schönen Kühe sind sieben Jahre, und die sieben guten Ähren sind dieselben sieben Jahre. Es ist ein und derselbe Traum. Die sieben mageren und häßlichen Kühe, die nach jenen aufgestiegen sind, das sind sieben Jahre, und die sieben mageren und versengten Ähren sind sieben Jahre des Hungers. Das meinte ich, wenn ich gesagt habe zum Pharao, daß Gott dem Pharao zeigt, was er vorhat. Siehe, sieben reiche Jahre werden kommen in ganz Ägyptenland. Und nach ihnen werden sieben Jahre des Hungers kommen, so daß man vergessen wird alle Fülle in Ägyptenland. Und der Hunger wird das Land verzehren, daß man nichts wissen wird von der Fülle im Lande vor der Hungersnot, die danach kommt; denn sie wird sehr schwer sein. Daß aber dem Pharao zweimal geträumt hat, bedeutet, daß Gott solches gewiß und eilends tun wird.
Nun sehe der Pharao nach einem verständigen und weisen Mann, den er über Ägyptenland setze, und sorge dafür, daß er Amtleute verordne im Lande und nehme den Fünften in Ägyptenland in den sieben reichen Jahren und lasse sie sammeln den ganzen Ertrag der guten Jahre, die kommen werden, daß sie Getreide aufschütten in des Pharao Kornhäusern zum Vorrat in den Städten und es verwahren, damit für Nahrung gesorgt sei für das Land in den sieben Jahren des Hungers, die über Ägyptenland kommen werden, und das Land nicht vor Hunger verderbe.

Josefs Erhöhung

Die Rede gefiel dem Pharao und allen seinen Großen gut. Und der Pharao sprach zu seinen Großen: Wie könnten wir einen Mann finden, in dem der Geist Gottes ist wie in diesem? Und er sprach zu Josef: Weil dir Gott dies alles kundgetan hat, ist keiner so verständig und weise wie du. Du sollst über mein Haus sein, und deinem Wort soll all mein Volk gehorsam sein; allein um den königlichen Thron will ich höher sein als du.


(aus der Genesis; Altes Testament)