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Joselia, bei der ich ehrlich nicht weiß, was meine Mutter in ihr sah, sie mir aber vorzog
sie mir vorzog
denn als sie starb, war es die Bailunda, die sie rief, sie bei sich verlangte, die ihr die Hand hielt, und jetzt, man stelle sich meinen Zorn vor, was würde ich mit ihr nach der Totenwache, nach dem Begräbnis tun, was würde ich mit ihr tun, wenn die Buschhunde weggingen, ihr Glück war, daß Maria da Boa Morte mich am Arm zog, mich wieder und wieder am Arm zum Floß des zweiten Flusses zog, wohin die Buschhunde nicht gelangen konnten, ihr Glück war, daß Maria da Boa Morte mich zwang, gegen meinen Willen mit ihr zu gehen, dem Jaulen, den Zähnen, den Pfoten, den Augen grausamer Kinder, den phosphoreszierenden Schwänzen auszuweichen, ihr Glück war, daß ich mich auf dem Floß befand, während Maria da Boa Morte die Flaschenzüge und die Seile betätigte, die es mit dem Ufer verbanden, die Plattform aus Holzrippen bewegte sich im Wasser vorwärts
wenn man mich fragen würde glaubst du an Gott, wenn man mich unvermittelt fragen würde, ohne mir die Zeit zum Nachdenken zu lassen, glaubst du an Gott
währen Joselia zu uns herüberschaute, sich versicherte, daß wir die Plattform verließen und in Richtung Marimba gingen, Joselia, die die Buschhunde mit dem Zweig schlug, während der Zweig zerbrach, die Buschhunde mit den Fäusten schlug, die Hunde schätzten sie ab, trotteten in der Diagonalen, vermieden sie, sprangen über eine Wurzel, kamen wieder zurück, zehn zwölf fünfzehn Hunde, die nicht ihren Kopf, nicht ihren Hals, die Sehnen der Beine suchten, so wie sie es mit den Kühen taten, bis die Kühe stürzten, und erst dann die Kehle und erst dann die Brust, die Kühe versuchten sie mit den Hörnern zu treffen, während sie sich wegschleppten, Joselias Glück war, daß ich nicht zurückkommen und sie tadeln, sie zur Ordnung rufen, sie strafen konnte, Joselias Glück war, daß ein Fluß zwischen uns lag, etwas, das in der Regenzeit ein Fluß und jetzt ein Sumpf mit spärlichem Schlamm war, in dem die Krokodile keinen Unterschlupf fanden
wenn man mich fragen würde glaubst du an Gott
Hyazinthen
hätte ich nicht die leiseste Ahnung, was ich antworten würde

Joselias Glück war, daß sie stürzte, als sie der erste Hund am Fußgelenk packte, ein zweiter Hund ihren Schenkel packte, sie schlug anfangs auf Knien, dann im Liegen mit dem zerbrochenen Zweig auf die Hunde ein, verschwand am Ende unter einem Knäuel aus Krallen, Pfoten, phosphoresziernden Schwänzen, hüpfenden Rücken, Joselias Glück war
wenn man mich fragen würde, glaubst du
daß die Buschhunde sich den Weg in ihre Haut, in die Rippen bahnten, Fetzen von Lungen von Muskel und Leber herausrissen, und sie mich ansah
an Gott, dann hätte ich nicht die leiseste Ahnung
ein letztes Mal, als wollte sie etwas sagen, das ich nicht verstand, was mich das Rauschen des Flusses nicht verstehen ließ, sich für das zu entschuldigen versuchte, was ich ihr nie verzieh, weil ich wie mein Großvater einer Eingeborenen nicht erlaube, sich Freiheiten herauszunehmen und sich unbotmäßig aufzuführen, nicht dulde, daß irgendeine Dahergelaufene sich Freiheiten herausnimmt und sich unbotmäßig aufführt.
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(aus "Portugals strahlende Größe" von António Lobo Antunes;
Luchterhand Verlag)