Die sogenannten "Merseburger Zaubersprüche" wurden im 19. Jahrhundert in der Bibliothek des Merseburger Domkapitels in einer theologischen Sammelschrift aus dem 9./10. Jahrhundert wiederentdeckt und erlangten einige Bekanntheit als wahre Raritäten.
Es handelt sich nämlich um zwei germanische Kurztexte, abgefasst in althochdeutscher Sprache.
Der erste soll mithilfe der Kraft gewisser Kriegsgöttinnen Feinde bannen und aus Gefangenschaft befreien, der zweite berichtet von der Besprechung von Verletzungen zu Heilzwecken durch Wotan:

1

Eiris sâzun idisi, sâzun hêra duoder.                     
Suma hapt heptidum, suma heri lezidun,
suma clûbôdun umbi cuoniouuidi:
insprinc haptbandum, inuar uîgandun !

2

Phol ende Uuôdan uuorun zi holza.                        
Dû uuart demo Balderes uolon sîn uuoz birenkit.
Thû biguol en Sinthgunt, Sunna era suister,
thû biguol en Frîia, Uolla era suister;
thû biguol en Uuôdan sô hê uuola conda:
sôse bênrenkî, sôse blutrenkî,
sôse lidirenkî:
bên zi bêna, bluot zi bluoda,
lid zi geliden, sôse gelimida sin !

Ein Buchtipp:

Wolfgang Beck: "Die Merseburger Zaubersprüche"

Die Merseburger Zaubersprüche zählen zu den bedeutendsten Sprachdenkmälern der frühmittelalterlichen Epoche. Sie stehen im Blickfeld unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen wie der Germanischen Altertumskunde, der Indogermanistik, der historischen Sprachwissenschaft, der Volkskunde und der Religionsgeschichte und geben trotz mehr als 160jähriger Forschung eine Fülle von Problemen auf.
Die Arbeit hat sich unter steter Aufarbeitung der Forschungsgeschichte zum Ziel gesetzt, in einem ersten Teil mit Hilfe etymologischer und sprachwissenschaftlicher Untersuchungen ein gesichertes und verbessertes Verständnis des Wortmaterials der beiden Zaubersprüche zu ermöglichen. Dieses verbesserte Textverständnis bietet die Grundlage für den zweiten Teil der Arbeit, der v. a. die kulturhistorischen Probleme der beiden Zaubersprüche behandelt. Neben einer ausführlichen Handschriftenbeschreibung werden hier typologische indogermanische Parallelen, Fragen des germanischen Stabreimstils, die vielfältigen religionsgeschichtlichen Probleme und funktionale Aspekte behandelt. (Reichert)
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