Adelheid Meutes-Wilsing, Judith Bossert: "Die Leichtigkeit des Zen"

Zen im Alltag


Ein spiritueller Aperitif


Wenn Du das Wesentliche
Meiner Lehre wissen willst,
Dann beobachte den See draußen
Vor dem Tempeltor:
Wenn die Sonne scheint,
Wie strahlend spiegelt sie sich!
Wenn der Wind aufkommt,
Wie schäumen da die Wellen!

Eimgo Enju (904-75)

Was eigentlich ist Zen? - Wenn wir rein von der Wortbedeutung ausgehen, so hat dieser Begriff eine "Reise" aus dem Indischen über das Chinesische hin zum Japanischen angetreten und bedeutet schlichtweg "meditative Versenkung".

Der indische Mönch Bodhidharma, der sozusagen als der Begründer des Zen gilt, begab sich nach Südchina, um dort dem chinesischen Kaiser Wu die Essenz seiner Lehre darzulegen; dieser konnte aber nicht wirklich etwas damit anfangen, und so zog sich Bodhidharma in das berühmte Shaolinkloster zur ununterbrochenen Meditation zurück. In China selbst existierte der Buddhismus bereits, und nach und nach etablierte sich dann dort auch das Chan (= chines. Wort für Zen) und erreichte - wie man so sagt - seine erste Hochblüte.

Im 6. Jahrhundert n. Chr. gelangte das Chan schließlich auch nach Japan, wo eine derartige Disziplin vor allem bei der Kriegerkaste der Samurai großen Anklang fand. Hier bezeichnete man das Chan als Zen, was nichts Anderes als die japanische Leseart des chinesischen Schriftzeichens für chan ist. Hier erlangte diese meditative Technik des Buddhismus nicht nur eine japanische Eigenständigkeit sondern auch ihre höchste Blüte, wobei diese im Westen bekannteste Richtung des Buddhismus heute nahezu ausschließlich mit Japan assoziiert wird.

Zurück aber zur eingangs gestellten Frage und damit auch zurück zum Inhalt dieses Buches! Dem Leser wird klar gemacht, dass Zen letztlich "alles und nichts" ist. Einziges Kriterium und "Absicht", so es beim Zen überhaupt eine solche geben kann, ist das Erreichen größtmöglicher Bewusstheit - und zwar in allen Dingen-, ganz besonders in den alltäglichen Verrichtungen: Bewusstes Aufstehen, bewusstes Anziehen, bewusstes Erledigen der täglichen Verpflichtungen, bewusstes Gehen, Stehen, Sehen, Schmecken, Hören, Fühlen - ganz einfach und dabei für uns zumeist doch so schwer!

Den Autoren geht es in ihrem Buch weniger um die Vermittlung der meditativen Technik an sich, sondern eher um eine Einführung in die Geisteswelt des Zen. Somit ist diese Lektüre eher etwas für angehende Zenadepten oder schlichtweg Neugierige denn für Fortgeschrittene.

Obgleich sehr einfach - keineswegs jedoch banal - geschrieben, grenzt sich dieses Buch sehr wohl gegenüber sogenannten "Instant"-Ratgebern ab, indem es in all seiner Schlichtheit jedoch prägnant die nicht immer leicht zu verstehenden Inhalte des Zen zu transportieren vermag: Jedem Kapitel werden die für "Nicht-Eingeweihte" zum Teil mit der Ratio erfassbaren Weisheiten von Zenmeistern vorangestellt und diese dann sehr gekonnt in die auch für Laien verständliche Alltagssprache "übersetzt" bzw. interpretiert. Auf diese Weise wird der interessierte Rezipient Schritt für Schritt in die Welt des Zen eingeführt bzw. wird ihm Appetit gemacht, sich auch selbst - und wie selbstverständlich auch betont wird - unter der Anleitung eines qualifizierten Lehrers mit dieser Praxis vertraut zu machen.

Die "Leichtigkeit des Zen" kann sozusagen als eine Art spiritueller "Aperitif" konsumiert werden; als Anregung zu einer intensiveren Beschäftigung mit Zen, das - im besten Falle - die oftmals unerträgliche Schwere des Seins in wahre Leichtigkeit zu verwandeln imstande ist.

(Esquilin; 04/2001)


Adelheid Meutes-Wilsing und Judith Bossert: "Die Leichtigkeit des Zen. Zen im Alltag"
Theseus-Verlag, 2000. 143 Seiten.
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