Luise Berg-Ehlers, Jutta Schreiber: "Die Gärten der Virginia Woolf"

An ihren Gärten sollt ihr sie erkennen


Der Charme englischer Gärten zieht alljährlich Pflanzenliebhaber zu Tausenden in den Süden Englands, sind doch die wildromantischen Anlagen mit ihrer geordneten Unordnung Fest für die Sinne und Oase für die Seele gleichermaßen. Liebevoll gestaltete Ensembles aus Blüten und Blättern vermitteln harmonische, auch prachtvolle Eindrücke, und nicht zuletzt haben die englischen Landschaftsgärten die moderne europäische Gartenbaukunst wie auch geltende Vorstellungen von einer "schönen", also von Menschenhand geformten Natur nachhaltig beeinflusst bzw. geprägt.

Das Verhältnis eines Menschen zur Natur, sein Charakter und seine Lebenseinstellung bestimmen, wie jemand "sein" Stückchen Grün gestaltet, wie derjenige mit Farben, Formen und Strukturen umgeht bzw. umgehen ließ. Dies gestattet mitunter interessante Mutmaßungen oder Rückschlüsse, zumal, wenn es sich um die Gärten und Parks von Berühmtheiten handelt. Manche Touristen werden vielleicht auch von der Lust gepackt, malerische Schauplätze der beliebten Herz-Schmerz-Geschichten aus der Feder Rosamunde Pilchers in Augenschein zu nehmen, und kommen deshalb nach Südengland.

Die einstigen Gärten und Parks von Rudyard Kipling, Vita Sackville-West, Virginia Woolf und vielen anderen Berühmtheiten locken, soweit der Öffentlichkeit zugänglich, Besucher in Scharen an.
Luise Berg-Ehlers und Jutta Schreiber erforschten also "Die Gärten der Virginia Woolf", die für die Schriftstellerin "vor allem Stätten der Erinnerung; Orte, an denen die Vergangenheit gegenwärtig und lebendig wird", waren. Und weiter: "Zugleich erlebte sie Gärten als Orte der Gemeinschaft, der Geselligkeit, des Gesprächs. In Gärten traf sie sich mit ihrer Familie, mit Freunden, mit den Mitgliedern der berühmten Bloomsbury-Gruppe."

Freilich legen die Autorinnen die "Gärten der Virginia Woolf" weiter aus, wodurch deutlich wird, dass man ganz allgemein inspirierende Flecken zusammengestellt hat, also mehr im Geist der Autorin als nachweislich auf ihren Spuren einen - dennoch anregenden - Spaziergang unternommen hat, der u.a. über folgende Stationen führt: begrünte Stadtplätze, Friedhöfe, College Greens, den Botanischen Garten von Kew, die Küsten Cornwalls und die Hügelkette der South Downs in Sussex. 
Übrigens war Virginia Woolf selbst keine begeisterte Gärtnerin.

Fazit: Ein weiteres schönes Buch zum Thema "Englische Gärten" mit Texten über und historischen Aufnahmen von Landschaften, das den Namen Virginia Woolf mehr oder weniger als Aufhänger verwendet, denn das literarische Werk der Autorin wird sozusagen als "Frucht" der englischen Landschaft, nicht Virginia Woolf als Gestalterin derselben dargestellt.

(K. Eckberg; 01/2005)


Luise Berg-Ehlers, Jutta Schreiber: "Die Gärten der Virginia Woolf"
Nicolai, 2004. 231 Seiten, 31 farbige und 6 s/w Abbildungen.
ISBN 3-87584-378-9.
ca. EUR 20,50.
Buch bei amazon.de bestellen

Weitere Buchtipps:

Cordula Hamann: "Das englische Paradies"

Eine Reise nach Südengland zu acht Gartenladies und ihren Schöpfungen: Beth Chatto Gardens, Margaret Metianu Church Hill Cottage Garden, Vita Sackville-West Sissinghurst Castle Garden, Phyllis Reiss Tintinhull Garden, Penelope Hobhouse The Coach House Garden, Sandra und Nori Pope Hadspen Garden, Margery Fish East Lambrook Manor, Gertrude Jekyll Hestercombe Gardens.
Cordula Hamann, Landschaftsgärtnerin und Fotografin, führt uns in Wort und Bild durch acht bekannte, von Frauen angelegte Gärten, die nationales und internationales Ansehen genießen. Der berühmteste ist Vita Sackville-Wests "Sissinghurst Castle Garden" in der Grafschaft Kent. Aber auch in Essex, Somerset und Dorset haben Frauen Wunder an Farben und Formen geschaffen. Was die Autorin besonders interessiert, ist das Verhältnis von Biografie und Gartenanlage, Charakter und Gestaltung. Welche Motive veranlassten die Frauen, einen Garten anzulegen, inwieweit wurde Gärtnern ihre Profession, und welche Wirkungen erhofften sie sich von dem, was sie schufen und zum Teil öffentlich zugänglich machten. Zur Sprache kommen familiäre und berufliche Bedingungen, das Temperament der Frauen und ihre künstlerische Ausrichtung. Im Gang durch den jeweiligen Garten durchlaufen Betrachter wie Leser eine Schule des Schauens und Empfindens, sie nehmen Differenzen und Nuancen wahr und schärfen ihre Sinne. Mit jedem Kapitel wird ein anderer Schwerpunkt gesetzt: Magie der Farben, Dominanz des Gebauten und Architektonischen, meisterliche Arrangements von Stauden, faszinierende Rabatten, üppig-romantische Planzungen, mediterrane Formen. In den ungewöhnlichen Fotos drückt sich die Schönheit dieser Gärten aus. (Aufbau)
Buch bei amazon.de bestellen

Peter Sager: "Englische Gartenlust. Von Cornwall bis Kew Gardens"
In "Englische Gartenlust" erzählt der England-Enthusiast Peter Sager von 20 Gärten, mit Lust, Akribie, großer Kenntnis und feinem Witz. Er stellt Blumen- und Landschaftsgärten vor, Künstlergärten, Collegegärten, Hotelgärten und Kräutergärten, mittelalterliche, botanische, private, exzentrische, verwunschene, exotische und am Ende gänzlich verlorene Gärten. "Wir sind aus einem Garten vertrieben, so erzählt es die biblische Geschichte. Seither suchen wir das Paradies. Auf dem Weg dorthin gibt es englische Gärten." (Schöffling & Co.)
Buch bei amazon.de bestellen

Julia Bachstein (Hrsg.): "Vita Sackville-West - Sissinghurst. Portrait eines Gartens"
1930 kaufte die Schriftstellerin Vita Sackville-West zusammen mit ihrem Ehemann Harold Nicolson die Ruine von Schloss Sissinghurst in Kent, um dort einen Garten zu erschaffen.
"Vielleicht wird eines Tages ein Buch über den Garten in Sissinghurst erscheinen" schrieb beider Sohn Nigel Nicolson in seinem berühmten Buch über seine Eltern "Portrait einer Ehe", "und es könnte durchaus denselben Titel tragen wie das vorliegende, denn dieser Garten ist das Portrait einer Ehe. Harold machte den Entwurf, Vita pflanzte ihn an."
Aus dieser einmaligen, von viel Liebe getragenen Zusammenarbeit, entstanden zehn märchenhaft schöne "Gartenzimmer", darunter der weiße Garten, in dem über 150 verschiedene weißblühende Pflanzen wachsen, der Rosengarten, der Kräutergarten oder der Obstgarten, in dem im Frühjahr Hunderte von Osterglocken blühen.
Heute bewundern jährlich eine halbe Million Menschen das Lebenswerk von Vita Sackville-West und Harold Nicolson. Aus ihren täglich gewechselten Briefen, ihren Tagebüchern und Vitas Gartenjournal kann die Entstehung und Vervollkommnung ihres Gartens in Julia Bachsteins Zusammenstellung erstmals nachempfunden werden. (Schöffling & Co.)
Buch bei amazon.de bestellen