Hans Pleschinski: "Verbot der Nüchternheit"
Kleines
Brevier für ein besseres Leben
Mit einem Nachwort von Sibylle Lewitscharoff
Ein
Brevier von hohem Unterhaltungswert und Niveau
Literarische Kostbarkeiten erlesenster Art serviert uns Hans
Pleschinski in seinem "Verbot der Nüchternheit", einem Brevier
für ein besseres, gelasseneres Leben. Wobei er bemüht
ist, den abgestandenen Mief des Engstirnigen, des Antiquierten und
Provinziellen hinweg zu blasen, seine hedonistisch angehauchte
Lebensphilosophie auf den Leser zu übertragen, ihn zu
ermuntern, sich den Luxus einer weltoffenen Lebensbejahung zu
gönnen, die Verkrustung des Alltagseinerleis ein wenig
aufzubrechen, um etwas vom Zauber zu erhaschen, der auch hinter
scheinbar banalen Dingen liegen kann. In allen Texten dieses Buches ist
sein Bemühen zu spüren, dem Schönen Salz auf
den Schwanz zu streuen, doch dem Schönen ist stets die
Flüchtigkeit des Augenblicks zu eigen. Und so erfährt
auch der Leser bei seiner Lektüre oft mosaikartige
Eindrücke. Einiges ist reine Fiktion des Autors, anderes sind
mit leichter Feder hingeworfene autobiografische Skizzen. Jedes Detail
besitzt seinen spezifischen Reiz. Hans Pleschinski ist ein Mensch, der
offenen Sinnes durchs Leben geht, der sich in ständigem
befruchtenden Rapport mit seiner Umwelt befindet. Für ihn
liegen die Themen am Wege, er braucht sie nur aufzulesen und
für seine Leser aufs Papier zu bannen.
Pleschinski schreibt geistreich, unterhaltsam und voll apollinischer
Heiterkeit, in einem brillanten Stil, ohne dabei jedoch in
hyperintellektuelles Wortgeklingel zu verfallen. Und manchmal liegt
trotz aller Ironie und Heiterkeit ein kaum wahrnehmbarer Schatten
mattgetönter Melancholie über seinen Texten.
Worüber Pleschinski auch schreibt, es besitzt geistige
Tiefenschärfe. Ob er von seiner Heimat in der
Lüneburger Heide oder von seiner Münchner Wahlheimat
erzählt, ob von den alltäglichen Sorgen und
Ängsten, die einen jeden von uns plagen, oder ob er uns an den
Flügen seiner Fantasie teilnehmen lässt. Alle seine
Texte handeln irgendwie von Befreiung oder Bewältigung, von
Lebensbewältigung und Befreiung von Zwängen. "Man
bewältigt alles. Und nach dem Tod ist alles noch mehr
bewältigt", schreibt er. Immer wiederkehrende Themen sind
beispielsweise die deutsche Literatur, Heimat und Patriotismus oder die
Bewältigung des Nationalsozialismus. Wir erfahren von einer
Begegnung des Autors mit dem Leibhaftigen, in diesem Falle einem
Arbeitsteufel, und noch vieles mehr, Nachdenkliches und
Ergötzliches. Was wäre, wenn Hitler nicht an die
Macht gekommen wäre? Kann niemand wissen? Pleschinski
weiß es: Hitler wäre am 21. Juli 1954 in einem
Irrenhaus in Buchenwald gestorben. Dann schlägt die Fantasie
unseres Autors in einem späteren Text einen Salto
rückwärts und lässt den Diktator mit seiner
JU 52 auf einer Wahlkampfreise abstürzen. Warum haftet an
Kellnern immer etwas Obszönes? Pleschinski gibt die ebenso
einleuchtende wie überraschende Antwort.
Ein Nachwort von Sibylle Lewitscharoff, das sich dem hohen Niveau der
kommentierten Texte in perfekter Weise angleicht, beschließt
den schönen Band aus dem C. H. Beck Verlag. Sehr zu empfehlen.
(Werner Fletcher; 02/2007)
Hans
Pleschinski: "Verbot der Nüchternheit. Kleines Brevier
für ein besseres Leben"
Mit einem Nachwort von Sibylle Lewitscharoff.
C.H. Beck, 2007. 264 Seiten.
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Hans
Pleschinski, geboren 1956, Literatur- und Theaterwissenschaftler, lebt
als freier Autor in München. Er veröffentlichte
zahlreiche Romane, in jüngerer Zeit etwa "Bildnis eines
Unsichtbaren" (2002) und die Novelle "Zerstreuung" (2000). Neben vielen
anderen Auszeichnungen erhielt er zweimal den "Tukan-Preis" der Stadt
München. Bei C.H. Beck erschien 1993 "Ostsucht. Eine Jugend im
deutsch-deutschen Grenzland" und 2005 der Roman "Leichtes Licht". Hans
Pleschinski erhielt zuletzt den "Hannelore-Greve-Literaturpreis"
(2006).
Weitere Bücher des Autors (Auswahl):
"Leichtes Licht"
Auf die Kanaren! Christine Perlacher, 42, Sozialarbeiterin in Hamburg,
fühlt sich nicht nur von ihrem Dasein als Alleinstehende
überfordert, wobei in ihrem Liebesleben eher zuviel als
zuwenig passiert. Aber irgendwo zwischen Zuviel und Zuwenig ist das
richtige Leben verlorengegangen. Christine Perlacher ist zugleich
überreizt und erschöpft und sehnt sich so unrettbar
nach einer ganz bestimmten Bucht auf Teneriffa, dass sie eine Woche
Urlaub auf dieser schönen Insel gebucht hat. Den Schal
zweifach um den Hals geschlungen, begibt sie sich an einem
frühen Februarmorgen auf den Hamburger Flughafen ...
In seinem Roman "Leichtes Licht", der Christine Perlachers Abreise aus
Hamburg und ihre Ankunft auf Teneriffa erzählt, begibt sich
Hans Pleschinski auf Augenhöhe mit einer an ihrer Ratlosigkeit
und ihrem Informationsmüll erstickenden Gegenwart, wie sie
sich im Erleben seiner sympathisch fluchtbedürftigen Heldin
darstellt, die sich nach dem Nichts sehnt und nach der Liebe. Bissig
und amüsant, sehr gegenwärtig und modern, mit
melancholischem Unterton und nicht ohne Bosheit erkundet Hans
Pleschinski unsere Lebenslandschaft, die mustergültig zerlegt
wird. Aber aus dem Paradies der Jetztzeit, dem Nichts, entspringt neue
Schönheit.
"Leichtes Licht" ist ein unterhaltsamer, intelligenter Roman
über das, was wir aus der Welt gemacht haben, und das, was sie
ohne unser Zutun an Glück immer noch bereithält.
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"Bildnis
eines Unsichtbaren"
Hans P., in dessen Person der Autor selbst unschwer zu erkennen ist,
zeichnet überaus feinfühlig und dabei ganz
unsentimental die Geschichte seiner Liebe zu dem langjährigen,
geliebten Lebenspartner und dessen Sterben an AIDS.
In inneren Dialogen hält Hans Zwiesprache mit dem durch den
Tod unsichtbar gewordenen Freund und lässt die gemeinsamen
Jahre Revue passieren. Die Kenntnis von der tödlichen
Krankheit und ihrem Auftreten in den USA zu Beginn der 1980er Jahre
beendete schlagartig das sorgenfreie Leben auch der
europäischen homosexuellen jeunesse dorée.
Hans hatte in Paris seine Initiation im Kreis französischer
Intellektueller erlebt, die ihr Leben und ihre Freiheit in vollen
Zügen genossen, deren Bezugspunkte Versailles und Ludwig XIV.
waren. Mit Volker Kinnius, dem Münchner Galeristen, verbringt
er 23 Jahre, die erfüllt sind von der gemeinsamen Neigung zu
den Künsten, zu Malerei, Musik, Theater und Literatur. Neben
dieser Geschichte von Liebe und Tod, Kultur- und Lebenshunger zeichnet
Hans Pleschinski ein faszinierendes Bild der Gesellschaft in den
letzten Jahren des 20. Jahrhunderts in Deutschland.
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"Ostsucht.
Eine Jugend im deutsch-deutschen Grenzland"
Er war nur Zaungast und Tourist. Das aber war wohl die beste
Voraussetzung für seine Vernarrtheit in die DDR.
Aufgewachsen in Wittingen, Landkreis Gifhorn in der Lüneburger
Heide, nur drei Kilometer vom "Todesstreifen", lebte Hans Pleschinski,
Jahrgang 1956, auf Tuchfühlung mit dem Ersten Arbeiter- und
Bauernstaat. Man war es gewohnt, bei nahendem Panzerlärm
während Kuba-Krise und Mauerbau ständig mit dem
Ausbruch des Dritten Weltkriegs zu rechnen: nur langsam
gewöhnte man sich an die NATO-Herbstmanöver ...
Später verbrachte die Grenzlandjungend demonstrativ
heiße Nächte mit Bier und Musik aus dem
Kassettenrecorder auf der Aussichtsplattform direkt vor dem
Todesstreifen.
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"Königsallee"
Sommer 1954: Thomas Mann kommt zusammen mit seiner Frau Katia nach Düsseldorf, um aus dem "Felix Krull" zu lesen, der sich zum Riesenschlager entwickelt. Im selben Hotel, dem "Breidenbacher Hof", ist gleichzeitig Klaus Heuser, auf Heimaturlaub aus Asien, mit seinem Freund Anwar abgestiegen, ein Zufall, der es in sich hat.
Denn Klaus Heuser, den er 1927 kennengelernt hatte, gehört zu Thomas Manns großen Lieben. In der Figur des Joseph hat er ihm ein Denkmal gesetzt. Nun sorgt die mögliche Begegnung der beiden für größte Unruhe, zusätzlich zu dem Aufruhr, den der Besuch des ins Exil gegangenen Schriftstellers im Nachkriegs-Deutschland ohnehin auslöst. Erika Mann mischt sich ein, Golo Mann und Ernst Bertram verfolgen ihre eigenen Ziele, und die Honoratioren der Stadt ringen um Haltung.
Dazwischen die ewigen Fragen der Literatur, nach Ruhm und Verzicht, der Verantwortung des Künstlers und dem Preis des eigenen Lebens, nach dem Gelingen und Rang. Anschaulich und dezent, auf der Folie realer Vorkommnisse und bisher unbekannter Dokumente, dabei mit einem Anklang an "Lotte in Weimar", lebendig und kenntnisreich, atmosphärisch und voll sprechender Details und unvergesslicher Figuren erzählt Hans Pleschinski in diesem großen Roman von Liebe, Verantwortung und Literatur - und von den 1950er-Jahren in Deutschland. (C.H. Beck)
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