Giorgio Vasari: "Mein Leben"

"Das Leben des Tizian"

"Mein Leben"

Eben erschien im Verlag Wagenbach eine Neuausgabe der Autobiografie Giorgio Vasaris, "Mein Leben". Der Renaissance-Künstler Vasari wurde 1511 in Arezzo geboren und starb 1574 in Florenz. Er war ein bekannter Maler und beschäftigte sich mit der Architektur. Darüber hinaus erprobte er sich auch als Schriftsteller. So schrieb er nicht nur seine eigene Biografie, sondern auch die anderer Künstler, wie etwa Tizian.

Als Vasari sein Leben aufzuzeichnen begann, war er bereits 55 Jahre alt, ein Alter, das damals schon recht hoch war. Und so konnte Vasari auch auf ein reiches schöpferisches Leben zurückblicken.
Typisch ist der Einstieg des Autors. Schrieb er dieses Buch doch sicherlich zu seinem Ruhm, so beginnt er jedoch damit sein Versagen als Künstler zuzugeben. Nicht dass er ein schlechter Maler gewesen wäre. Aber dieses Eingeständnis entsprach dem damaligen gegenreformatorischen Klima, und auf diese Weise stellte er sich als bescheiden hin. Denn in diesem Jahrhundert kollidierten noch die Interessen zwischen dem humanistischen Ideal, unsterblichen Ruhm zu erlangen, und dem christlichen Demuts- und Bescheidenheitsideal.

Der Stil Vasaris ist eher nüchtern. Vorrangig erzählt er von den unzähligen Aufträgen, die er bekommen, und den vielen, vielen Werken, die er geschaffen hat. Es ist keine Biografie, die sich wie ein Roman liest, wie etwa das autobiografische Werk 
Benvenuto Cellinis. Es atmet auch nicht dessen Leidenschaft. Aber all dies verspricht Vasari auch nicht. Er selbst spricht vielmehr von der "Beschreibung der Werke Giorgio Vasaris, Maler und Architekt aus Arezzo". Und so ist dieses Buch auch vielmehr als ein Katalog zu lesen, eine Fundgrube seiner vielen Werke.
Diese Aneinanderreihung der Arbeiten des Künstlers sollte aber auch zeigen, wie sehr sich Vasari bemühte. Und so stellt er immer wieder in den Vordergrund, wie fleißig er zu Werke ging, wie sehr er sich mühte, wie sehr er bereit war, sich durch die Arbeit und das Studium weiterzuentwickeln.

Die eben erschienene Neuausgabe im Verlag Wagenbach ist eine neue Übersetzung und zeichnet sich durch eine besondere Fülle an Kommentaren aus, welche das Bild der Autobiografie deutlich abrundet. Besonders nützlich ist das Verzeichnis der Kunstwerke und ihr heutiger, aktueller Standort. Außerdem versuchte der Verlag, die geschriebenen Worte durch Abbildungen der Originalwerke zu ergänzen.


"Das Leben des Tizian"

In der gleichen Reihe, in der Giorgio Vasaris Autobiografie
"Mein Leben" erschienen ist, findet sich auch "Das Leben des Tizian". Der Text dieses Buches wurde ebenfalls komplett neu aus der Fassung von 1568 übersetzt.

Giorgio Vasari widmet sich auch in dieser Künstlerbiografie weniger der persönlichen Lebensgeschichte Tizians. Vielmehr gilt sein Augenmerk der von Tizian geschaffenen Kunst. Und so beschäftigt er sich im Wesentlichen mit dem Unterschied zwischen disegno (der Zeichnung) und colore (der Farbgebung). Man ist sich einig, dass Tizian ein Meister der Farbgebung war. Diese Tatsache unterstreicht auch Vasari. Jedoch hängt Vasari der toskanisch-römischen Malerei an, deren Vertreter 
Michelangelo und Raffael waren. Und so kann er es auch nicht lassen, der venezianischen Malerei, die sich durch den besonderen Gebrauch der Farbe auszeichnete und deren berühmtester Vertreter Tizian war, ihre Größe zuzugestehen. Da die eigene Kunstauffassung durch die venezianische Malweise in Frage gestellt wurde, war die Kritik aber eine verständliche Notwendigkeit.

Vasari unterscheidet auch stark zwischen den jüngeren Werken des Künstlers, die mit einer gewissen Feinheit und unglaublichen Sorgfalt ausgeführt sind und sowohl aus der Nähe wie aus der Ferne betrachtet werden können, und den späteren, die man nicht mehr aus der Nähe betrachten könne, aus der Ferne aber perfekt wirken.
Vasari kritisiert Tizian aber nicht nur. Er zollt dem Künstler seine Aufmerksamkeit, indem er dessen zahlreiche Porträts bedeutender Persönlichkeiten erwähnt, wie etwa das Porträt Karl V., und darüber auch betont, wie viel Geld Tizian damit verdiene.

Vasari erwähnt, dass viele Informationen, die er für diese Biografie verwendet, von Tizian selbst stammen. Er hat den Künstler 1566 in seiner Werkstatt in Venedig besucht und dort auch viele seiner Werke gesehen.

Vasaris mindere Bewertung der Werke Tizians und vor allem die Kritik an der venezianischen Malweise hat verständlicherweise bald heftige Kritik seitens anderer Kunsttheoretiker hervorgerufen.

Die im Verlag Wagenbach erschienene Biografie Tizians von Vasari zeichnet sich durch ihre Vielschichtigkeit aus. Neben der komplett neuen Übersetzung aus dem Text von 1568 verweist der Anmerkungsapparat auf viele kunsthistorische, literarische und zeitgeschichtliche Aspekte neuesten wissenschaftlichen Standes und die heute bekannten Lebensdaten, welche die Biografie inhaltlich wertvoll ergänzen. Darüber hinaus werden die heutigen Standorte der Kunstwerke benannt. Abgerundet wird diese Ausgabe von den Abbildungen der wichtigsten Kunstwerke, die Vasari in dieser Biografie erwähnt hat.

(Pierre de Carois; 05/2005)


Giorgio Vasari: "Mein Leben"
Herausgegeben von Alessandro Nova. Bearbeitet von Sabine Feser. 
In der neuen Übersetzung von Victoria Lorini.
Wagenbach, 2005. 192 Seiten mit vielen, zum Teil farbigen Abbildungen.
ISBN 3-8031-5026-4.
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"Das Leben des Tizian"
Herausgegeben von Alessandro Nova. Bearbeitet von Christina Irlenbusch.

In der neuen Übersetzung von Victoria Lorini.
Wagenbach, 2005. 160 Seiten mit vielen, zum Teil farbigen Abbildungen.
ISBN 3-8031-5027-2.
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Weitere Bücher aus dieser Reihe des Wagenbach-Verlags (Auswahl):

"Kunstgeschichte und Kunsttheorie"

Vasaris grundlegende Vorstellungen zur Kunst und Kunstgeschichte, neu übersetzt und kommentiert. Mit einem Glossar aller wichtigen Begriffe.
Dieser erste Band der Neu-Übersetzung und -Kommentierung der Vite zeigt Vasari als Kunstkenner. Er enthält sämtliche Einführungen in das Gesamtwerk:
Eine Beschreibung und Wertung des berühmten Streits zwischen der Malerei und der Bildhauerei um die Krone der Kunst (der sogenannte Paragone-Streit), eine kleine Philosophie über den Ursprung der Kunst und eine Epochengliederung, die für die gesamte europäische Kunstgeschichte wirkungsmächtig wurde - von der Epoche Cimabues, "noch weit von der Vollkommenheit entfernt", bis zur "maniera moderna", die mit Masaccio beginnt und sich mit dem "göttlichen" Michelangelo vollendet.
Ein Glossar, das alle wichtigen Grundbegriffe Vasaris erläutert, macht diesen Band für die Lektüre des Gesamtwerks unentbehrlich..
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"Das Leben des Pontormo"

Jacopo Pontormo, gefeiert von Raffael und Michelangelo, dennoch eigenbrötlerisch, einsam, melancholisch - das spannende Porträt eines Renaissance-Künstlers. Neu übersetzt und kommentiert.
Der große Florentiner Farbkünstler Pontormo ist in jüngster Zeit durch die Veröffentlichung seines Tagebuchs wieder ins Zentrum des Interesses von Kunstliebhabern gerückt.
Das Bild, das Vasari von Pontormo zeichnet, ist seltsam widersprüchlich: Einerseits vermerkt Vasari getreulich das frühe Lob Raffaels und Michelangelos, andererseits tadelt er Pontormos exzentrische und zugleich genügsame Lebensweise. "Melancholie" heißt das Stichwort, das unter Humanisten noch positiv, unter gegenreformatorischen Umständen aber negativ bewertet wurde.
So entsteht, hochspannend, das Bild eines einsamen, nachdenklichen Künstlers, der dennoch unerhört neugierig ist, so beispielsweise auf die Grafiken Dürers. Da sträubt sich oft die Feder Vasaris, und wir sehen (unterstützt von den feinen Kommentaren des Herausgebers) aufmerksam und belehrt zu.
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"Das Leben des Parmigianino"
Der Lebenslauf Parmigianinos - vom frühbegabten Götterliebling, "mit den Pinseln in der Hand geboren", zum "wilden Mann". Neu übersetzt und kommentiert.
Das kurze Leben Parmigianinos (er wurde nur 37 Jahre alt) erzählt Vasari mit Hochachtung und Trauer. Mit Hochachtung spricht er von seiner Kunst, ihrer "Anmut und Zartheit", ihrer "eigentümlichen Art, wunderschöne Landschaften zu schaffen" oder Köpfe mit "ungemein lebendig blickenden Augen".
Respektvoll wird auch der Lebensweg beschrieben, vom verwaisten Kind zum Jüngling, den es nach Rom zieht und der die Plünderung Roms nur durch die Hilfe "einiger Deutscher" überlebt.
Mit Trauer hingegen berichtet Vasari, dass Parmigianino "keine Güter, sondern nur Freunde erwarb". Darunter auch falsche (die ihm alle Kupferstiche und Holzschnitte stahlen). Und dass er von einem "zarten und liebenswürdigen Menschen" durch seine Beschäftigung mit der Alchemie immer mehr zu einem vernachlässigten "wilden Mann" wurde.
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"Das Leben des Raffael"
Ein Meisterstück Vasaris: das anekdotenreiche, kurze, maßlose Leben des Künstlerfürsten Raffael. Neu übersetzt und kommentiert.
Anmut, Fleiß, Schönheit, Bescheidenheit - mit dieser Charakteristik beginnt Vasari die Lebensbeschreibung Raffaels, eine der umfangreichsten Viten.
Geboren in Urbino, früh verwaist, ging Raffael schon als Kind in die Lehre Peruginos, arbeitete später mit Pinturicchio in Siena, ließ dort alles stehen und liegen, um zwei Kartons von Michelangelo und Leonardo zu studieren. Der Papst rief ihn nach Rom für sein erstes großes Werk: die Ausmalung der Stanzen im Vatikan. In Rom lebte er gesellig wie ein Fürst und starb, nach maßlosen Vergnügungen, mit 37 Jahren.
Neben vielen Anekdoten (Rettung eines Gemäldes aus Seenot, die heimliche Besichtigung der Sixtinischen Kapelle) widmet Vasari auch Raffaels Methode einen eigenen Abschnitt - der "Manier Peruginos" wie auch der Überwältigung durch die nackten Körper Michelangelos oder der neuen Behandlung der Perspektive.
Die Liebeserklärung an einen ungewöhnlichen Künstler und sein Werk..
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"Das Leben des Rosso Fiorentino"
Das exzentrische Leben des Rosso Fiorentino, der, arm geboren, zum französischen Hofmaler aufstieg und durch Freitod endete.
Neu übersetzt und kommentiert. Mit dem heutigen Standort der Kunstwerke.
Mit Rosso Fiorentino beschreibt Vasari eines seiner Vorbilder: "Im Disegno kühn, im Stil anmutig, bei der Darstellung ungewöhnlicher Gegenstände von ungeheurer Kraft und in der Komposition von Figuren ein Meister." Kunstkenner bestätigen dieses Urteil Vasaris, bis heute.
Das Leben Rossos war dramatisch und voller Fluchten: Von Florenz geht er nach Rom, entkommt dort knapp der Plünderung, wird auch in Sansepolcro verfolgt, weil er einen Jungen vor dem Zorn eines Priesters schützen will; er flieht nach Venedig und schließlich nach Frankreich.
Aber Rossos Leben war auch voller Anekdoten, die Vasari mit Gusto erzählt. Die schönste ist die vom Zusammenleben mit einem Berberaffen, "der mehr den Verstand eines Menschen als eines Tieres besaß" und der ihm nicht nur kleinere Hilfsdienste leistete, sondern im rechten Moment auch Weintrauben besorgte.
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"Das Leben des Sebastiano del Piombo"
Das Leben des Sebastiano del Piombo, Schüler Giorgiones, gefördert von Michelangelo - vom musizierenden Wunderknaben in
Venedig zum faulen Beamten am päpstlichen Hof.
Neu übersetzt und kommentiert. Mit dem heutigen Standort der Kunstwerke.
Die Lebensgeschichte des experimentierfreudigen Sebastiano gerät Vasari zum moralischen Exempel: Wie ein heiterer und witziger Musikant aus Venedig "zu hoch belohnt wurde, so dass er sich immer mehr dem Müßiggang hingab", bis ihm schließlich "mehr an der Lebensart lag als an der Kunst."
Dabei war er sicher der begabteste Porträtist seiner Zeit, talentreich und zugleich voller Neugier auf unübliche Techniken, wie etwa der Ölmalerei direkt auf Putz (die er ursprünglich sogar für die Sixtinische Kapelle vorsah), mit der er sich freilich nicht durchsetzen konnte.
Gegen Ende seines Lebens wollte er nichts mehr arbeiten und sagte zur Begründung, es gäbe ja genug Talente auf der Welt.
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Noch ein Buchtipp:

Roland Le Mollé: "Giorgio Vasari. Im Dienst der Medici"

Giorgio Vasari wurde am 30. Juli 1511 in Arezzo geboren. Dank eines mit der Familie befreundeten Kardinals kam er nach Florenz und wurde dort zusammen mit Alessandro de'Medici erzogen. Er war dreizehn Jahre alt, und die Verbindung zu den 
zu den Medici sollte nicht mehr abbrechen.
Vasari war ein ungemein tätiger Mensch. Er bildete sich zum Maler und Architekten aus, unternahm zahllose Reisen, immer wieder nach Bologna, Venedig, Rom, Neapel, Florenz und nach Arezzo. Ein Bild, ein Fresko nach dem anderen entstand. In Venedig wuchs die Idee zu einem Buch, den "Lebensbeschreibungen der ausgezeichneten italienischen Baumeister, Maler und Bildhauer ...". Mit ihnen begann die Kunstgeschichtsschreibung.
Als Vasari schließlich ganz im Dienst der Medici stand, baute er die Uffizien und den sinnbildhaften Korridor über den Arno; er wandelte den Palazzo Vecchio um und übernahm den Vorsitz der auf seine Initiative gegründeten Accademia del Disegno. Vasari half mit beiden Händen Cosimo I. dabei, dessen Macht darzustellen. Er hatte schnell verstanden, welche Bedeutung Kultur und Kunst für die Mächtigen besaßen.
Giorgio Vasari, der Begründer der modernen Kunstgeschichtsschreibung und Planer des neuen Florenz, starb nach einem erfolgreichen Leben am 27. Juni 1574. Sein Leben und Werk, die ganz eng mit der Kunst und Kultur Italiens im Machtbereich der Medici verbunden waren, werden von Roland Le Mollé eindrücklich zu einem Gesamtbild einer nicht nur für Italien entscheidenden Epoche verwoben.
Eine Biografie des unerschöpflichen Künstlers und erfolgreichen Kulturpolitikers Giorgio Vasari im Dienste der Mächtigen von Florenz. (Klett-Cotta)
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