Ulrich Strunz: "forever young"
- "Das Erfolgsprogramm"
- "Das Ernährungsprogramm"

Laufen Sie sich jung! Essen Sie sich jung! Denken Sie sich jung!


An Dr. med. Ulrich Strunz scheiden sich die Geister. Nie zuvor und wohl auch nie danach wurde mit überschwänglicheren Erwartungen spekuliert und doch war es gerade dieser Geist der Utopie, welcher die Massen mobilisierte und selbst noch hartnäckigste Sportverächter und Schweinshaxenfresser auf die Laufbahn trieb und dem Gemüsekorb zulenkte. "Glaube versetzt Berge", kann man da nur sagen. Und in der Tat, die Berge wurden versetzt.

Man kann jetzt über das umfassende Gesundheitsprogramm des deutschen Internisten und praktizierenden Orthomolekular-Mediziners durchaus geteilter Meinung sein, eines muss man ihm jedoch neidlos zuerkennen. Nämlich, dass er ein begnadeter Motivator ist. Strunz erreichte mit seinen gegen Ende der 1990er Jahre in Buchform verlegten Erfolgsprogrammen in der breiten Bevölkerung mehr Wirkung als sämtliche Kampagnen von Gesundheitsministern und Sportministern zusammengenommen. Was hier trotz Millionenaufwands einfach nur verpuffte, löste dort Begeisterungsstürme aus, obgleich die Strunz’sche Bewusstseinsbildung, im Unterschied zur ministeriellen, über Vorträge und Seminare, nur für teures Geld zu haben ist.

Was möglicherweise auch zum Erfolg des Dr. Strunz nicht unwesentlich beigetragen hat, ist, dass der Laufpapst sein eigener bester Beweis ist. Strunz absolvierte in schon vorgerücktem Alter als angeblich erster Mensch innerhalb eines Jahres alle sechs Ultra-Triathlons. Bedarf es noch weiterer Beweise für die Richtigkeit der Strunz’schen Gesundheitslehre?

Wie schon gesagt: Strunz ist ein Genie der Motivationskunst. Da stellt sich dann gar nicht mehr so sehr die Frage, ob alles was in seinen Büchern behauptet und empfohlen wird auch einer strengen wissenschaftlichen Überprüfung standhalten kann. Tatsache ist jedenfalls, dass es sämtlichen Kritikern und Neidern bis heute nicht gelungen ist, den ewig lächelnden Gesundheitstrainer der Scharlatanerie zu überführen. So mancher Einwand, wie etwa dass Strunz in seinem Schrifttum den Wert des Krafttrainings vernachlässige, ging schlicht und einfach ins Leere, da in einem reich illustrierten Buch mit beschränkter Seitenzahl einfach nicht alles und jedes abgehandelt werden kann. Im März 2001 erschien dann ein eigenes Muskelbuch aus der nimmermüden Strunz’schen Schreibwerkstatt. Als nicht geringere Provokation empfand die Zunft ernsthafter Sportmediziner die fast schon messianische Verheißung ewiger Jugendlichkeit, die gewissermaßen sich erlaufen und anessen lässt, doch wird jeder aus eigener Erfahrung bestätigen können, dass wohldosierter Freizeitsport, bewusste Nahrungsaufnahme und nicht zuletzt eine das Leben bejahende Grundeinstellung durchaus einen Zugewinn von Vitalkraft ermöglichen können. Und das in verhältnismäßig kurzer Zeit. In einem gewissen Sinne also eine Verjüngung von Körper und Seele durchaus über eine fundamentale Umstellung der Lebenspraxis realisierbar ist. Nicht das behördliche Alter, wie in der Geburtsurkunde ausgewiesen, ist letztlich für das Wohlbefinden entscheidend, sondern das biologische Alter, welches weniger unerbittlich mit der Zeit geht und partiell als Widerspiegelung des jeweiligen Lebensstiles zu erkennen ist. Die Erfahrung selbst lehrt, dass der Versuch, die biologische Uhr zurückzudrehen, nicht in jedem Fall völlig verfehlt ist.   

"forever young - Das Erfolgsprogramm"

In "forever young - Das Erfolgsprogramm" propagiert Strunz die Bewegung des Laufens als "kostenlose Wunderpille" und "sanftes Gehirn-Doping", womit sich fast spielerisch Wohlbehagen, Gesundheit, Jugendlichkeit wie überhaupt Erfolg in allen Lebenslagen erwirken lässt. Jeder Leistungsanspruch wird vorweg verworfen. Das Geheimnis heißt "Ultralight-Lauf". "Sie laufen leicht, locker, lächelnd", so Strunz, "ohne sich anzustrengen". Es gilt nicht einen eisernen Willen, sondern einen Laufreflex zu entwickeln. Ein Laufreflex, der dem Menschen zum freudigen Bedürfnis wird und das Leben nicht in die Askese des Leistungssportlers treibt, sondern in eine Sucht nach zwanglos erlebter Bewegung geleitet. Die von Strunz propagierte Lauftechnik, welche "den Fehler" meidet zuerst mit der Ferse aufzusetzen, wurde von konkurrierender Seite scharf kritisiert, doch ist es für die Gelenke gewiss auch nicht optimal, immerzu mit der Ferse aufzudonnern. Dass vor allem der Vorfußlauf eine starke Wadenmuskulatur voraussetzt, wird von Strunz keineswegs in Abrede gestellt, sondern viel mehr ausdrücklich erwähnt. Insofern natürlich zumindest den Anfängern von diesem Laufstil abzuraten ist, wollen sie sich nicht gleich zu Beginn ihrer Läuferkarriere eine schmerzhafte Entzündung der Wadenmuskulatur einhandeln.

Wohlbefinden hat nicht nur eine sportliche, sondern eben auch eine geistige Dimension. Jeder Mensch beginnt sein Leben als weltoffenes Geschöpf, dessen Tun und Lassen von Neugierde am Dasein geprägt ist. Der Alterungsprozess stellt sich dann oft auch als Prozess der Abwendung dar. Man verschließt sich der Welt, in der man doch lebt. Eine Haltung der Versagung und des Pessimismus sind die Folge; das Glückskind von einst wird zum verbitterten Pessimisten. Strunz motiviert zu einer Abkehr von dieser Lebensweise innerer Vergreisung. Er zeigt Wege auf, die im Einzelnen vielleicht im Widerspruch zu anderer Ratgeberliteratur stehen und ganz generell nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss sind ("Streichen Sie 'Nein!' aus Ihrem Wortschatz"), doch geht es auch hier wiederum um den initialen Anstoß, mit einer Gewohnheit der Selbstverhärtung zu brechen. Eine mündige Persönlichkeit wird es letztlich sowieso nicht mit einigen Seiten mehr oder minder brauchbarer Tipps zu mentalen Techniken bewenden lassen.

Von größter und doch oft missachteter Bedeutung ist die Ernährung. Wir sind, was wir essen, und was so mancher im Laufe der Jahre an biologisch minderwertigem Müll in sich hineinschaufelt, wird oft erst dann bewusst, wenn die Diagnose Krebs den gewohnten Lebensstil fundamental in Frage stellt. Nur ist es dann oft auch schon zu spät. In "Essen Sie sich jung" handelt Strunz die breite Palette von Nahrungsmitteln ab, die für gemeinhin unseren Tisch decken. Er empfiehlt die Banane als leistungssteigernden Imbiss für zwischendurch, preist den kaliumhältigen Apfel als des Läufers Obst, oder warnt davor, das kalorienhältige Grundnahrungsmittel Milch als Durstlöscher zu verwenden und Kaffee als erlaubtes Dopingmittel zu verkennen. Koffein verhindert nämlich den Abbau der Stresshormone im Körper. Mit gleichermaßen anschaulichen wie einsichtigen Beispielen untermauert Strunz seine Thesen. "Wenn man einen Apfel im Boden vergräbt, wächst daraus ein Baum. Das ist Leben." Also: "Essen und trinken Sie Leben!" Die Gewohnheit der Zubereitung von Nahrung sei jedoch eine üble Praxis der Zerstörung von Vitalstoffen. Wir seien umgeben von krebserregenden Substanzen, welche den Menschen vor allem über die Aufnahme von Nahrungsmitteln ("Fleisch steckt voller unerwünschter Stoffe aus dem Tierfutter.") in ein Giftlager verwandeln. "Mast und Düngung lassen unseren Lebensmitteln keine Zeit für Gesundheit", diagnostiziert Strunz, es wird "mit Hormonen und Antibiotika gemästet", als dessen Folge "Männern Busen wachsen und tödliche Bakterien resistent gegen die Macht der Medizin" werden. Was wir alltäglich zu uns nehmen ist gedoptes Zeug, vom Produktionsfaktor Zeit dahingeraffte "Fertigprodukte mit dem Nährstoffgehalt eines Papiertaschentuchs." Und: "Dieses wird dann mit ein paar Vitaminen angereichert - das macht sich gut auf dem Etikett, fördert den Verkauf." Was Strunz solcherart beschreibt, ist ein industriell vermittelter Prozess der Vertreibung von Gesundheit.

Dazu eine persönliche Anmerkung: Wie man anhand der zitierten Textauszüge ersehen kann, ist Strunz durchaus auch des kritischen Denkens mächtig. Wer wirklich medizinisch denkt, kann zu einer Wirtschaftsordnung, welche in ihrer Profitorientierung dem Leben seine Grundlagen entzieht, einfach nicht schweigen. Aus tierethischen und gesundheitlichen Gründen gehörte der ganze Lebensmittelmüll, besser heute noch denn morgen, aus den Regalen des Lebensmittelhandels verbannt. Eine nicht ungehörige Forderung, dieses zu meinen, denn wahrlich, angesichts solcher Zustände, wie sie Strunz ausführt, ist es zweifelhaft, fortgesetzt ein Befürworter der freien Marktwirtschaft zu sein, also eine Wirtschaftsordnung zu goutieren, die blindwütig alles vermarktet was sich kommerzialisieren lässt, ohne dabei noch einen Gedanken an Gut und Böse zu verschwenden. Nicht "frei" sondern ökosozial gesteuert sollte die Marktwirtschaft sein, will sie jemals den Grundanforderungen einer Menschen- und Tierethik entsprechen, die es dann auch verdient als "Ethik" bezeichnet zu werden. Soweit die Anmerkung zur Strunz’schen Kritik industrieller Produktion biologisch toter Lebensmittel.

"forever young - Das Ernährungsprogramm"

Der besonderen Bedeutung der Ernährung im Rahmen einer körperbewussten Lebensführung wurde Strunz über die Herausgabe eines eigenen Buches "forever young - Das Ernährungsprogramm" gerecht. Über 128 Seiten werden sämtliche einen üblichen Speiseplan ergebende Lebensmittel ernährungswissenschaftlich abgehandelt, damit im Zusammenhang eine kleine Hormonlehre angerissen, die überwältigende Bedeutung von Eiweiß als Baustoff des Lebens ausgeführt und nicht zuletzt - immerhin handelt es sich ja um ein Ernährungsprogramm zur Gewinnung und zum Erhalt von Jugend - wird die Strunz’sche "Forever-Young-Diät" vorgestellt, welche den Leser "in 7 Tagen um 7 Pfund jünger" zu machen verspricht. Auch hier findet sich wiederum die Feststellung, dass "in unserem Essen nur noch wenig Gesundheit steckt", weshalb "Vitalstoffe aus der Apotheke eine sinnvolle Ergänzung zur gesunden Nahrung" darstellen. Mancher brauchbare Tipp fügt sich dem hinzu. Etwa Vitalstoffe als Gewürze zur Anwendung zu bringen. Das Anti-Aging-Vitamin, Vitamin C (Ascorbinsäure), ist ein durchaus brauchbarer Geschmacksverstärker und zudem "übrigens das billigste Abführmittel der Welt".

Ulrich Strunz kann und darf der Vorwurf nicht erspart werden, den beinahe schon zu neurotischer Auswüchsigkeit entfalteten Jugendkult unserer Tage auf die Spitze zu treiben. Seine Bücher sind Eskapaden juvenilen Wunschdenkens, ein Spiel mit der inneren Not des alternden Menschen, doch ist dem laufenden Mediziner bei aller Kritik doch zugute zu halten, als Meister der Motivationskunst zahllosen Wohlstandsbürgern die Fehler und Mängel ihrer bequemen Lebensführung vor Augen geführt zu haben, ohne sie hernach in dem Elend ihrer traurigen Selbsterkenntnis allein zu lassen. Die Kraft Strunz’scher Programmliteratur liegt eben in ihrem visionären Gehalt, welcher verheißt auch lebbar zu sein und, vor Zukunftsoptimismus strotzend, auf einen Weg verweist, den es sich unter Beachtung einfacher Regeln locker und lustig begehen lässt. Eine lohnende Alternative, die sich da auftut und die liebgewohnte Trägheit im Umgang mit sich selbst überwinden hilft. Dass die Bücher des Dr. Strunz absolute Bestseller sind, ersah man während der vergangenen Jahre nicht nur aus den Rankings der Bestsellerlisten, welche Strunz wiederholt und über längere Zeit unangefochten anführte, sondern ebenso in den Freizeitanlagen unserer Städte, wo die Zahl der Läufer gleichzeitig rasant zunahm. Es ist sein bleibender Verdienst, dass freudvolles Laufen und gesunde Ernährung zusehends zu einem integrativen Bestandteil einer zeitgemäßen Lebensweise werden. Wer in seiner Freizeit laufen geht, galt noch in den 1970er Jahren als Sonderling, hingegen heute schon als unvernünftig gilt, wer nicht dem Laufsport frönt. Ähnlich verrufen ist mittlerweile, wer seine Nahrungsaufnahme allein an Kriterien des Geschmacks ausrichtet, anstatt primär auf den Nährwert zu achten. Der Mensch benötigt offenbar des Vordenkers, des Motivators, um sich aufzuraffen und um sich von schädlichen Angewohnheiten loszureißen. Strunz ist der Motivator par excellence und hat als solcher, nicht zuletzt über seine mitreißenden Bücher, wahrlich einiges in Bewegung gesetzt.

(Torquato Tasso; 09/2003)


Ulrich Strunz: "forever young - Das Erfolgsprogramm"
dtv, Mai 2003. 200 Seiten.
ISBN 3-423-34004-5.
ca. EUR 10,-. Buch bestellen

Ulrich Strunz: "forever young - Das Ernährungsprogramm"
Gräfe & Unzer, April 2000. 128 Seiten.
ISBN 3-774-24001-9.
ca. EUR 12,90. Buch bestellen

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