Sting: "Broken Music"

Die Autobiografie


In einer Zeit, in der am laufenden Band Superstars gekürt werden, schaut man sich nach Künstlern um, die eine Entwicklung hinter sich haben, die kreativ sind und ein markantes Profil vorzuweisen haben. Sting ist ein solcher Künstler. Er hebt sich wohltuend vom Einheitsbrei der aktuellen Popkultur ab.

"Every Breath You Take"

So hieß der letzte große Hit der Popgruppe "Police" in den 1980er-Jahren. Für viele Musikfans war dieser Song aus der Feder von Sting der beste Titel dieser legendären Band. Er ebnete den Weg zu einer Solokarriere des 1951 geborenen intellektuellen Barden Gordon Matthew Sumner alias Sting.

Selbstfindung ist ein großes Thema für Sting. Gleich im ersten Kapitel seiner Autobiografie berichtet er über ein Experiment in Rio de Janeiro mit bewusstseinsverändernden Drogen in einer religiösen Gemeinschaft. Ist eine transzendente Wirkung erreichbar? Seine Visionen beziehen sich auf die Kraft der Liebe, die - analog der Energieerhaltung in der Physik - ständig transformiert wird, aber niemals verloren geht.

Die skeptische Beurteilung seiner Großmutter, er würde nur "zerbrochene Musik" hervorbringen, ist gleichzeitig eine Metapher auf seine unsteten Jugendjahre und seinen persönlichen Reifungsprozess. Ist das Fraktale nicht auch ein Kennzeichen der Musik von "Police"?
Der Lebensabschnitt "Police", der Sting zu einem Weltstar katapultiert hat, spielt in diesem Buch nur eine untergeordnete Rolle. Spannend wie ein Roman ist die Entwicklung des jungen Musikers Sting bis zur Etablierung der Band "Police". Wer in gesicherten Verhältnissen lebt, bekommt Respekt vor einem Menschen wie Sting, der für eine Idee ein sicheres Fundament (Sting war Lehrer) aufgibt, um in der unsteten Musikerszene seinen Weg zu gehen.
Sting beleuchtet ausführlich seine Kindheit und Jugend. Sein Verhältnis zu seinen Eltern war angespannt, fast zerbrochen und die Aufarbeitung dieser Beziehung macht einen wesentlichen Teil des Buches aus. Auf manche Menschen wirkt Sting arrogant. In der Autobiografie wird deutlich, dass sich hinter einer Fassade vordergründiger Arroganz ein selbstkritischer Mensch verbirgt.
Wer dieses Buch liest, wird Sting mit anderen Augen sehen. Er ist nicht als Musiker geboren, sondern hat sich über viele Stationen zu dem entwickelt, was er heute ist. Sein Wandel von einem durchschnittlichen Provinzmusiker zu einer Musikerpersönlichkeit vollzog sich langsam. Er ist ein Kind seiner Zeit, beeinflusst von Bands wie den "Beatles", die aus einem ähnlichen Milieu stammten, wie er selbst und der Gruppe "Cream", die so wie es ihm vorschwebt, als Trio Musikgeschichte geschrieben haben. Seine Maxime lautet: "Weniger ist mehr". Er hat frühzeitig angefangen, seine Qualitäten als Sänger zu verbessern und selber Musikstücke zu schreiben. Diese kreative Arbeit und die nötige Intuition, nach Jahren in verschiedenen Bands, mit den Musikern Copeland und Summers eine Band zu gründen, führten schließlich zum Erfolg.

Woher stammt eigentlich der Name "Sting"? Ein Musikerkollege hat ihn so genannt, weil er einmal einen Pullover mit gelben und schwarzen Streifen getragen hat. Sting hat diesen Namen und die Umstände, wie er entstanden ist, angenommen, wie am Titelfoto erkennbar wird.
Wer Stings Musik kennt und seine Ambitionen für humanitäre Organisationen, erwartet einen tiefsinnigen Autor. Dieser Eindruck wird bestätigt. Sting besitzt zudem schriftstellerische Qualitäten, und seine offenherzige Art überrascht.

(Klemens Taplan; 12/2003)


Sting: "Broken Music"
Übersetzt von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié.
Gebundene Ausgabe:
S. Fischer Verlag, 2003. 384 Seiten.
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Taschenbuch:
Fischer.
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