Peter Becher: "Adalbert Stifter"

Sehnsucht nach Harmonie
Eine Biografie


Die reich illustrierte Stifter-Biografie zeichnet einfühlsam und doch kritisch Stifters Leben, sein Denken und Handeln sowie die historische Situation samt der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts, in der er lebte.
Auf gut lesbare und unterhaltsame Weise werden die Zugänge zu Stifters Erzählungen und Romanen und seinen literarischen Figuren vermittelt: "Am 23. Oktober 1805 wird im südböhmischen Oberplan Adalbert Stifter geboren - ein Gewinn für unsere deutschsprachige Literatur und ein farbiger Stein im Mosaik ihrer Werke. Der Autor zeichnet Stifters Leben nach und interpretiert seine Werke und das Handeln seiner literarischen Figuren. Entstanden ist eine Biografie, die sich wesentlich aus Stifters Selbstaussagen 'speist' (Klappentext).

Mit ihrem Bilderreichtum, ihren Natur- und Landschaftsschilderungen und ihren hohen ethischen Ansprüchen sind Stifters Werke kostbare Schätze der deutschen Literatur. Stifter setzte damit seiner böhmisch-österreichischen Heimat, knapp ein Jahrhundert vor deren Untergang, literarische Denkmale, die selbst heute noch, nach allem was dort im vergangenen Jahrhundert geschehen ist, ein Bindeglied zwischen diesen Ländern darstellen.
Nicht nur der Dichter Stifter erfährt eine umfangreiche Würdigung. Wie vielleicht nicht alle Interessierten wissen, war Stifter auch Landschaftsmaler, was in einigen qualitativ ansprechenden Reproduktionen in der Buchmitte dankenswerterweise umfassend gewürdigt wird. Stifters auch diesbezüglich durchaus beachtliche Begabung trat zwar gegenüber der Dichtkunst zurück, wurde aber von ihm bis ins Alter gepflegt - nicht zuletzt als schwacher Trost im "Elend der letzten Jahre".

Der Autor Dr. Peter Becher ist Germanist und als Geschäftsführer des Adalbert Stifter Vereins in München ausgewiesener Stifter-Kenner. Er reinigt das Stifterbild vom Staub überkommener Klischees und gibt ihm wieder Schärfe und Kontur. Dadurch ist eine "ungeschminkte" Biografie entstanden, die sich wesentlich aus Stifters Selbstaussagen speist und ein stringentes Bild des Dichters übermittelt, dessen Renaissance gar nicht in die heutige Zeit passen will (und vielleicht eben deshalb stattfindet?).

Was hat uns dieser immer noch nicht unumstrittene (davon legen auch die am Anfang des Buches wiedergegebenen höchst divergierenden Aussagen von Autoren des 20. Jahrhunderts, Lobpreisungen und Verunglimpfungen, eindrucksvoll Zeugnis ab) Adalbert Stifter heute zu sagen?
Ist es - über die unbestrittenen künstlerischen Fähigkeiten des Dichters hinaus - die Sehnsucht nach "heiler Welt"?

Nun ist "heile Welt" zweifellos ein Totschlagewort der übelsten Sorte, das beinahe ausschließlich der Verunglimpfung des Beschriebenen dient und hier, im Falle von Stifters Wirken auf den heutigen Menschen, die mehr als nur verständliche Motivation des Lesers ins Lächerliche und in den Schmutz ziehen soll. In Zeiten des globalen Neoliberalismus ist unser Leben leer, inhalts- und vor allem sinnlos geworden. Was ist naheliegender als die Flucht aus dem globalen Unrat in eine Welt, in der noch alles festgefügt in sich ruhen darf, in welcher die Wälder noch tief und grün sind, der Himmel noch blau und nicht von Kondensstreifen zerfurcht, die Stille noch ungetrübt von Geräuschen des Erdölzeitalters, vor allem vom unentrinnbaren Dröhnen schwerer Verkehrsmaschinen, in welcher sich die Gesellschaft nicht in Wort, Werk und Gedanken in erster Linie auf die Produktion von Müll beschränkt?

Als die Wälder noch tief und grün waren - liegt hier nicht eine Ursehnsucht des Menschen nach Ruhe und Geborgenheit? Ein paar Gedanken zum "Hochwald":
1945 flüchtete sich eine Gruppe von Bürgern der Stadt Reichenberg in die tiefen Wälder des nahegelegenen Isergebirges, um dem Wüten der tschechischen Soldateska zu entkommen.
Inwieweit diese etwas romantisch anmutende Flucht ins Grüne von Stifters Werk inspiriert war, lässt sich nicht mehr nachvollziehen, denn im zwanzigsten Jahrhundert waren die mitteleuropäischen Wälder eben nicht mehr undurchdringlich und Schutz und Zuflucht spendend, weshalb das Unternehmen ein schlechtes Ende fand (für die Flüchtlinge, wie man in Zeiten der politischen Korrektheit wohl hinzufügen sollte, denn als in objektiver Hinsicht allzu schlecht wird das Verhalten der Benes-Regierung und ihrer willigen Vollstrecker nach herrschender Historikermeinung nicht angesehen). So können die Überlebenden schon deshalb nicht befragt werden, weil es keine solchen gab. Das Massengrab an der Oberen Wittig wurde in den 1950er Jahren ausgehoben und die Überreste der Leichen in das Krematorium Reichenberg überführt.

Eine bessere Umsetzung Stifterschen Gedankengutes in die Praxis ist das schlichte Wandern. Nun soll hier keineswegs - im Sinne echt tarockanischer Lebensauffassung einer leichtfertigen Wanderlust Vorschub geleistet oder gar der Fremdenverkehr gefördert werden -, FvHO), ganz im Gegenteil, aber die heutige Beschaffenheit vom Hochwald des Dreisessel-Plöckensteinmassivs, also des Schauplatzes des Stifterschen Werkes, dürfte für die Tourismuswirtschaft kaum allzu werbeträchtig sein. Zur Zeit stirbt er gerade großflächig ab, der Stiftersche Wald. Also wirklich der Wald, das heißt die einzelnen Bäume aus Stifters Zeit. Die Ursachen für diese Entwicklung, die eher mit dem Attribut "natürlich-statt-traurig" zu versehen ist, liegt einfach in der Überalterung des Waldbestandes. Einige Fichten, um solche handelt es sich im Bergfichtenwald natur- und begriffsgemäß, sind tatsächlich über dreihundert Jahre alt und reichen somit beinahe, allzuviel fehlt da gar nicht, in den Dreißigjährigen Krieg zurück, in welchem der "Hochwald" bekanntlich spielt. Auf tschechischer Seite ist dieser Prozess erfreulicherweise durch die Einrichtung des Nationalparks Böhmerwald einigermaßen unter Schutz gestellt. Und nicht nur das: Als die sehr umstrittene Nationalparkverwaltung mit dem sattsam bekannten Argument der "Borkenkäferbekämpfung" Schlägerungen in der Kernzone anordnete, ketteten sich couragierte Studenten an die betroffenen Bäume an und verhinderten so den Naturfrevel, ein schönes Beispiel für eine gelungene Umsetzung Stifterschen Gedankengutes. Auch in Bayern funktioniert der Naturschutz einigermaßen befriedigend, während man auf österreichischer Seite in Erfüllung der nationalen Bestimmung höherrangige kulturelle Ziele verfolgt, nämlich den Bau von Schiliften, von denen es bekanntlich bei uns viel zu wenige gibt. Darüber hinaus nimmt die österreichische Öffentlichkeit von den in Deutschland und Tschechien heiß diskutierten Themen, wie man mit kranken und schädlingsbefallenen Wäldern im Sinne des optimierten Naturschutzes umzugehen hat, keinerlei Kenntnis, dieses Sujet scheint sie intellektuell ebenso zu überfordern wie die anderswo immerhin aufflackernde Kapitalismuskritik. Ein Wald hat grün und für sportliche Aktivitäten erschlossen zu sein, dann ist allen gedient, und überhaupt: Geht's der Wirtschaft gut, geht s uns allen gut.

Welche Spuren von Stifter in seiner Heimat lassen sich sonst noch erwandern? Vom Plöckenstein war ja schon die Rede, wenn auch der See samt darüber liegenden Obelisken unerwähnt blieb. Da ist sein Geburtsort Oberplan, 1945 de facto untergegangen, seitdem durch das an selber Stelle liegende Horní Planá ersetzt, das etwas beziehungslos am riesigen Stausee von Lipno liegt, den Johannes Urzidil, ein Prager Stifterepigone (selbstverständlich nicht nur, aber das Wandeln auf Stifters Spuren war ihm tatsächlich ein großes Anliegen) überaus treffend als "See der Gewalttat" bezeichnet hat, und welches ein wüstes Kuddelmuddel darstellt aus alter Böhmerwaldherrlichkeit, darunter Stifters Geburtshaus, grauem durch die zeitliche Distanz noch schäbiger wirkenden sozialistischen Alltagsrealismus und der hemmungslosen Grelle der ab 1990 einsetzenden kapitalistischen Ära, welche sich durch Bordelle, Supermärkte, Gewerbeparks, zeilenweise Verkaufsstände und andere hervorragende kulturelle Errungenschaften auszeichnet - ein Kuddelmuddel, das die Auswirkungen der großen weltgeschichtlichen Ereignisse auf diese kleine Welt treffend widerspiegelt.
Auch darüber enthält das Buch viele Hinweise, etwa über die höchst problematische Rolle, die der Böhmerwalddichter Hans Watzlik mit seinen zwei grundverschiedenen Ansprachen anlässlich Stifters 70. Todestages 1938 und 1939 hielt (Letztere muss als ziemlich schäbig beurteilt werden, wenn man bedenkt, dass Watzlik als Dauerpreisträger des Tschechoslowakischen Staates für Deutsche Literatur von diesem Staat tatsächlich profitiert hat), wenngleich dem Leser der volle Wortlaut der 1960 an Stifters Geburtshaus affichierten tschechischen Gedenktafel verschwiegen wird (unter Auslassung der Worte: "obwohl er in deutscher Sprache schrieb").
Wie man sieht, ist die Bindegliedfunktion Stifters zwischen beiden Ländern bitter notwendig, denn wenn auch Adalbert in gewissem Sinne in seinem Oberplaner Geburtshaus bleiben durfte, so galt das nicht für seine Nachfahrin Emma Stifter, die den Ort so wie alle Oberplaner 1945/46 mit Sack und Pack verlassen musste. Immerhin findet man auf dem devastierten Friedhof noch einige Überbleibsel von Grabsteinen mit dem Namen "Stifter".

Auch diesbezügliche Reiseanregungen findet man in großer Zahl in Bechers Buch, das Stifter-Freunden und solchen, die es werden wollen, hiermit wärmstens empfohlen sei.

(Franz Lechner; 07/2005)


Peter Becher: "Adalbert Stifter"
Friedrich Pustet, 2005. 255 Seiten.
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Liens:
Adalbert Stifter Verein
http://www.stifter2005.at

Weitere Buchtipps:

Adalbert Stifter: "Bergkristall"

Konrad und Sanna gehen am Tag vor Weihnachten von ihrem abgelegenen Bergdorf ins dahinterliegende Tal, um die Großmutter zu besuchen. Das Wetter ist schön, und der Gang ist ihnen vertraut. Auf dem Heimweg aber beginnt es plötzlich heftig zu schneien: sie verlieren die Orientierung und suchen in einer Eishöhle Zuflucht. Das ganze Dorf bricht zur Suche auf und rettet die Kinder.
Die rührende Erzählung erschien 1845 in der "Wiener Zeitung" unter dem Titel: "Der heilige Abend", 1852/53 in seiner Sammlung "Bunte Steine" als "Bergkristall" und 1864 in einer illustrierten Sonderausgabe als "Der Weihnachtsabend".
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Adalbert Stifter: "Der Nachsommer"
Auf seinen naturkundlichen Wanderungen begegnet der Ich-Erzähler, Heinrich Drendorf, seinem späteren väterlichen Freund, dem Freiherrn von Risach, auf dessen Landgut. Dort lernt er nicht nur eine neue Form der Lebens- und Wirklichkeitsbewältigung, sondern auch seine spätere Frau Natalie und deren Mutter Mathilde Tarona kennen. In dem berühmten vorletzten Kapitel des Romans "Der Rückblick" erfährt er die Lebensgeschichte Risachs und Mathildes. Risach verliebte sich während seiner Studienzeit in die noch sehr junge Mathilde, doch war eine Heirat wegen ihrer Jugend nicht möglich, und es kam zur Trennung. Erst Jahrzehnte später nahm die inzwischen verwitwete Mathilde den Kontakt zu Risach wieder auf. Nun leben beide - bewusst auf eine späte Ehe verzichtend - in einer Art "nachsommerlicher" Liebe verbunden auf zwei nahe beieinanderliegenden Landsitzen.
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Wolfgang Matz (Hrsg.): "Adalbert Stifter: Sämtliche Erzählungen nach den Erstdrucken"
(Hanser)
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Adalbert Stifter: "Die großen Erzählungen"
Lange Jahre galt Adalbert Stifter als böhmisch-österreichischer Heimatschriftsteller. Erst spätere Generationen entdeckten die zeitlose Botschaft seiner Erzählungen. (Langen Müller)
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Adalbert Stifter: "Der Waldgänger" zur Rezension ...

Günther Eisenhuber (Hrsg.): "Adalbert Stifters Liebespost. Von Liebesleid und Gattenglück"
Mit einem Vorwort von Margit Schreiner.
Ausgerechnet die Liebe hat Adalbert Stifter, den Dichter der stillen Harmonie, in eine Krise gestürzt, aus der er sich sein Leben lang nicht mehr befreien konnte: Als junger Student verliebt er sich in Fanny, ein aufgewecktes, liebreizendes Geschöpf. Die Erfüllung bleibt ihm freilich verwehrt, die Mutter Fannys und nicht zuletzt er selbst stehen dem Glück im Wege. Enttäuscht sucht er dieses Glück bei einer Anderen, einer Frau niederen Standes, der beinahe analphabetischen Amalie. Er verspricht ihr die Ehe, ist sich nicht sicher, nimmt einen letzten Anlauf und scheitert. Am Ende war er mit Amalie 31 Jahre lang verheiratet. Stifters Liebespost erzählt die Geschichte zu einem Roman, den nur er selbst hätte schreiben können. Ein Roman über lebenslanges Liebesleid und ein bescheidenes kleines Gattenglück. Und sie erzählen vom Wetter da, vom Wetter dort, vom Essen zu Mittag, vom Essen am Abend, von der Sorge um seine Kakteen und das Hündchen Putzi. Das Unscheinbarste erinnert ihn an die "geliebteste theuerste Gattin", das Alltäglichste ist ihm Anlass, ihr seine ewige Liebe zu erklären. Diese Briefe sind so kitschig wie abgründig, so biedermeierlich wie exzessiv, so witzig wie katastrophal. (Residenz)
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Wolfgang Frühwald: "Sonnenfinsternis und Schneesturm - Adalbert Stifter erzählt die Natur"
Ein Lesebuch von Wolfgang Frühwald. Die literarische Moderne hat an ihm in Zustimmung und Widerspruch Maß genommen: zum 200. Geburtstag von Adalbert Stifter.
Dass die Schönheit des Himmels eine optische Täuschung ist, wissen die Physiker auch dann, wenn sie sich dieser Schönheit immer wieder traumhaft ergeben. Adalbert Stifter hat Physik und Mathematik studiert, doch ist er als Dichter, Pädagoge, Maler und Zeichner in das kulturelle Gedächtnis der Welt eingegangen.
Adalbert Stifter lebte und schrieb an jener Epochenschwelle, an der das explodierende Erfahrungswissen umschlug in das Erschrecken vor der unbelebten Wüste des Kosmos. Noch vor der Formulierung des Evolutionsgesetzes durch Charles Darwin betonte Adalbert Stifter den Zusammenhang von anorganischer und organischer Natur und formulierte ein "sanftes", für alle Natur gleich gültiges Gesetz. Den Glauben an die Existenz eines Schöpfers, dem auch dieses Gesetz unterliegt, hat er trotzdem nicht aufgegeben.
Dieses Lesebuch "Sonnenfinsternis und Schneesturm" enthält bekannte und weniger bekannte Erzählungen, welche die Mühe und die Leistung des bewussten Lebens in der Kälte der ihrer selbst unbewussten Natur beschreiben. Es enthält auch jene gewaltigen sprachlichen Naturbilder, die er in den "Winterbriefen aus Kirchschlag" (1866) oder bei der Beobachtung der Sonnenfinsternis am 8. Juli 1842 gesehen und überliefert hat. Dieser Dichter war sich bewusst, "wie dünn das logische, sprachliche Parkett war, auf dem er sich bewegte" (Peter Rosei). Die Angst einzubrechen, zerstört zu werden vom Sog des Kosmos, durchzieht sein Werk von den Anfängen bis zu den schwer zugänglichen Texten des Alters. (DuMont)
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Kurt Palm: "Suppe Taube Spargel sehr sehr gut. Essen und Trinken mit Adalbert Stifter. Ein literarisches Kochbuch"
(Löcker)
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Leo Leitner: "Spuren des Lernens. Adalbert Stifter als Pädagoge und Schulpolitiker"
Im weiten Bogen des Lebens und der Werke Adalbert Stifters sind Spuren des Lernens, von Lernenden wie Lehrenden eingezeichnet; sie finden sich ebenso in den Idealbildern abgeschirmter Erziehungssituationen wie in den Amtsberichten über katastrophale Zustände in einzelnen Schulen. Von der "allgemeinen Grundbildung" bis zum "lebenslangen Lernen", von der Gebundenheit in der Zeit bis zu aktuellen Bedeutung für die Pädagogik von heute führen diese "Spuren des Lernens". (Leykam)
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Alice Bolterauer: "Rituelle Praktiken im Werk Adalbert Stifters"
Vor dem Hintergrund der in den letzten Jahrzehnten zu großer Aktualität gelangten "ritual studies" wird in dem Buch nach Formen, Strukturen und Funktionen von Ritual und Ritualität bei Adalbert Stifter gefragt. Rituale spielen im Werk Adalbert Stifters von Anfang an eine wichtige Rolle. Erst in den späten Texten jedoch werden sie zu unhintergehbaren Strategien der Sinnstiftung, die das Erzählte gleichermaßen betreffen wie den Prozess des Erzählens. Hier tritt das Gewollte der Sinnbehauptung in einen spannungsreichen Kontrast zu ihrer rituell-legitimierten Präsentation. (Edition Praesens)
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Arnold Stadler: "Mein Stifter"
Für Arnold Stadler war Adalbert Stifter prägend, seit er dreizehnjährig dessen "Nachsommer" las - beeindruckt von dem, was sich hinter den Beschreibungen heiler Welt verbarg. Seither ist ein Gefühl von Verwandtschaft geblieben, das nicht nur aus den Wurzeln im ländlichen Katholizismus herrührt.
In dieser persönlichen Biografie nähert sich Arnold Stadler "seinem Stifter" auf ganz eigene Weise: als Leser, als Besucher von Stifters Orten, als Moderator der gerade von Schriftstellern mit Leidenschaft geführten Auseinandersetzungen um Stifters Werk, kurz - als Biograf einer mit stadlerscher Wucht vorgetragenen Lebensgeschichte.
Aus dem Wiederlesen des "Nachsommer" entsteht eine Auseinandersetzung, die jederzeit vom Roman zum Autor springt. Sie umkreist die Frage, was für ein Leben es ist, das sich Adalbert Stifter in diesem autobiografischen Traum selbst zuschreibt. Ausgehend von fünf Fotografien Stifters entwirft Arnold Stadler das "Porträt eines Selbstmörders in spe", der am Ende mit dem Messer philosophiert und seinen Gedanken ein Ende setzt - als Sünde gegen die Welt, in der er lebt.
So entstand zum zweihundertsten Geburtstag des großen österreichischen Erzählers am 23. Oktober 2005 eine Annäherung, die nicht einfach Biografie ist, sondern zur Hinführung, Hommage und Vergegenwärtigung wird. (DuMont)
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Leopold Federmair: "Adalbert Stifter und die Freuden der Bigotterie. Essay"
Der Zwiespalt in Leben und Werk des österreichischen Schriftstellers Adalbert Stifter beschäftigte Zeitgenossen, Kritiker und Germanisten bis heute gleichermaßen. Für die einen ein langweiliger Biedermeier-Autor, ist er für die anderen ein großartiger Erzähler, hinter dessen stillen und genauen Naturbetrachtungen eine Neigung zum Katastrophalen und Exzessiven wirksam ist.
Jenseits der vorhandenen Fronten, die sich zwischen Verehrung und Wiederentdeckung Stifters im Zeichen des sanften Gesetzes bzw. einer Ablehnung als Dichter der Restauration bewegen, entwirft Leopold Federmair einen völlig neuen Zugang zum Werk des Autors. In einem Essay, der Raum lässt für autobiografische Parallelen, Lektüreerfahrungen und neue Werkinterpretationen entgegen bisheriger Ansätze, versucht Federmair ein Gesamtbild Stifters für die heutige Zeit zu entwerfen. So steht die Bigotterie als Nährboden für die Widersprüche und Bruchlinien im Werk des Autors im Vordergrund der Betrachtungen. In einem Vergleich Stifters mit Handke, W. G. Sebald, Thomas Bernhard oder der Dingwelt der heutigen Popliteratur stellt sich Federmair nicht nur die Frage nach einer missglückten oder gelungenen Stifter-Rezeption, sondern auch die nach dem Biedermeier von Heute. Damit bietet er dem Leser eine spannende und ungewöhnliche Aktualisierung Stifters. (Otto Müller)
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