Franco Stelzer: "Das erste, merkwürdige, feierliche Weihnachten ohne sie"

Familienfeste aus der Sicht eines Jungpubertierenden


Ein Truthahn, der nicht durchgebraten ist, kann ein Weihnachtsessen schon gehörig ins Schlingern bringen, doch halb so schlimm ist es, wenn es eine italienische Familie ist. Dort gibt es Geschichten von anderen Familien, denen Ähnliches widerfuhr. Franco Stelzer entwirft in "Das erste, merkwürdige, feierliche Weihnachten ohne sie" ein gar lustiges und humorvolles Bild eines typischen italienischen Weihnachtsfestes und anderer familiärer Peinlichkeiten.

Ein zäher Truthahn, nicht zu sagen roh, ist ein ganz besonderes Debakel, doch es gibt auch noch andere Kuriositäten, mit denen sich ein italienischer Junge so herumplagen muss: Geschwister und Verwandte und natürlich seine beginnende Pubertät.
Wie macht man es seinem größeren Bruder recht, wenn der halt schon etwas weiter ist in den Erfahrungen mit seinem Körper, und wie stellt man sich zu seinem Onkel, der sich tatsächlich eine Ratte braten lässt und diese für 10.000 Lire verschlingt (mit Kopf und Schwanz)?!
Doch auch die weichen Busen der Tanten verschrecken ihn des öfteren; was soll er von all dem bleichen Fleisch halten?! Nur die jungen Mädchen scheinen es ihm dann doch noch angetan zu haben.

Der Roman besticht durch seine kindliche Schlichtheit, er könnte in der Tat von einem kleinen italienischen Jungen geschrieben sein, und die Geschichten haben es in sich. Farbenfroh, drastisch und ehrlich schildert Franco Stelzer, was das Leben eines Jungen so hergibt. "Das erste, merkwürdige, feierliche Weihnachten ohne sie" ist ein Feiertagsbuch ohne Mutter - und ohne Mutter gerät doch alles durcheinander, nicht nur am Festtagstisch, sondern auch im Kopf des Sohnes.

Ein Buch zum Schmökern und sich Freuen. Wenn doch alle Feste so wären und die Kindheit in dieser Intensität zurückkäme; ein Fest für die Vorstellungskraft des Einzelnen.

(Thorsten Wiedau; 01/2005)


Franco Stelzer: "Das erste, merkwürdige, feierliche Weihnachten ohne sie"
Aus dem Italienischen von Marianne Schneider.
Wagenbach, 2004. 128 Seiten.
ISBN 3-8031-2502-2.
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Franco Stelzer wurde 1956 in Trient geboren. Er studierte Philosophie in Bologna und übersetzte Leo Perutz und Franz Tumler ins Italienische. Im Jahr 2000 veröffentlichte er einen Erzählungsband. "Das erste, merkwürdige, feierliche Weihnachten ohne sie" ist sein erster Roman, mit dem er im deutschen Sprachraum vorgestellt wird.