Wolfgang Tiefensee, Rainer Lindenau: "Staat machen!"

Erfolgsgeschichten öffentlicher Institutionen


Wie leistungsfähig sind öffentliche Institutionen? Können staatliche und kommunale Einrichtungen unter schwierigen Bedingungen überragende Ergebnisse erzielen? Einerseits gibt es Zweifel am Leistungsvermögen und an der Innovationskraft öffentlicher Einrichtungen, andererseits sind Reprivatisierungen von Dienstleistungen aus Kostengründen (...) heute kein Tabu mehr.

Wolfgang Tiefensee und Rainer Lindenau stellen in ihrem Buch eindrucksvolle Projekte öffentlicher Institutionen vor. Sie tragen mit ihren Ausführungen dazu bei, dass Vorurteile abgebaut werden. In zahlreichen Projekten aus dem In- und Ausland, unter anderem aus den Bereichen Bildung, Kunst, Sport, Touristik, Gesundheit, Polizei, Forschung und Justiz, wird deutlich, dass die Verantwortlichen die Herausforderungen der Zukunft angenommen haben und zu Spitzenleistungen motivieren können.

In einer dreißig Seiten umfassenden Einführung geben die Autoren einen Kurzüberblick über die einzelnen Projekte und erläutern die Erfolgsfaktoren, die sich bei der Analyse der Vorhaben herauskristallisiert haben. Im Hauptteil des Buches werden die Projekte ausführlich präsentiert. Neben der finnischen Bildungspolitik werden einzelne Schulprojekte in Deutschland vorgestellt. Zum Beispiel betrachtet Birka Schmittke, Schulrätin und bisherige Schulleiterin der Georg-Weerth-Oberschule in Berlin, eine Schule als Unternehmen und handelt auch danach. Sie hat sich intensiv mit der Struktur von Wirtschaftsunternehmen beschäftigt und deren Strukturen auf die Schule übertragen. Im Gegensatz zu früher schaffen heute 98 Prozent der Absolventen den Sprung in eine qualifizierte Berufsausbildung oder auf eine weiterführende Schule.

Das Kernforschungszentrum Jülich hat sich, nachdem die Nutzung der Kernenergie politisch nicht mehr gewollt war, erfolgreich zum größten interdisziplinären Forschungszentrum Europas hin entwickelt. Die Liste der Beispiele ist lang. Sie umfasst neben der Umstrukturierung der New Yorker Polizei bei der Bekämpfung der Kriminalität die Kinderpolitik der kleinen Gemeinde Tiftlingerode, die Arbeit des deutschen Kanu-Verbandes, die Kunstausstellungen in Tübingen sowie zahlreiche kleine und große Projekte öffentlicher Institutionen.

Bei den Beiträgen handelt es sich um eine Mischung aus Berichten und Interviews. Mich hätten bei einigen Projekten auch die Thesen der Projektgegner interessiert. Es reicht nicht zu sagen, dass zum Beispiel der Personalrat dagegen war, ohne das ausführlich zu begründen. Auch haben einige Projekte eine politische Dimension, die es dem Leser schwer macht, sie frei von Parteipolitik zu bewerten. Besonders gefallen haben mir die kleinen Projekte, in denen ein hohes Maß an persönlichem Engagement deutlich wurde.

Fazit: Der öffentliche Dienst ist besser als sein Ruf. Die Bereitschaft zu überdurchschnittlichem Engagement hängt nur bedingt vom Geld ab. Es sind in vielen Fällen hochgesteckte Ziele, die verfolgt werden, für die insbesondere auch die Freiheit zur Realisierung vorhanden sein muss. Im Hinblick auf das Image des öffentlichen Dienstes handelt es sich um ein wichtiges Buch, welches dazu beitragen wird, eine differenziertere Sicht auf öffentliche Dienstleistungen zu entwickeln.

Wolfgang Tiefensee ist Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer. Zuvor war er langjähriger Oberbürgermeister von Leipzig.

Rainer Lindenau ist geschäftsführender Partner der Unternehmensberatung mm1 Consulting & Management in Stuttgart, die er 1997 gegründet hat.

(Klemens Taplan; 04/2007)


Wolfgang Tiefensee, Rainer Lindenau: "Staat machen!"
Carl Hanser Verlag Wirtschaft, 2007. 248 Seiten.
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