José Carlos Somoza: "Das Einstein-Projekt"


Ein Thriller aus der Welt der Naturwissenschaften

Eine Gruppe von Forschern, ausgewählt von dem genialen Physiker David Blane, experimentiert für die Eagle Group, ein mächtiges europäisches Unternehmenskonsortium. Abgeschottet in einem Labor auf einer einsamen Insel, beschäftigen sie sich mit dem Einstein-Projekt. Ihnen gelingt eine wissenschaftliche Sensation. Sie durchbrechen das Raum-Zeit-Kontinuum und unternehmen Reisen in die Vergangenheit. Aber diese Reisen haben Nebenwirkungen. Es treten psychische Störungen auf, die im Extremfall zu Halluzinationen führen können und alle Teilnehmer der Experimente belasten. Hinzu kommt, dass nicht alle Versuche gelingen und insbesondere Reisen in die jüngere Vergangenheit wegen der Wechselwirkungen mit der Gegenwart risikobehaftet sind. Eines Tages geschieht ein folgenschweres Unglück, bei dem mehrere Forscher auf grausame Weise ums Leben kommen. Alle weiteren Versuche werden abgebrochen, und die Gruppe bewahrt Stillschweigen über die Vorfälle. Die Forscher trennen sich und nehmen ihre ursprünglichen Tätigkeiten wieder auf. Doch nichts ist so wie es einmal war. Die Büchse der Pandora ist geöffnet. In den folgenden Jahren werden zwei Mitglieder der ehemaligen Forschergruppe ermordet. Die übrigen Teilnehmer erkennen in der Art der Morde Parallelen zu den damaligen Todesfällen im Forschungslabor und werden zunehmend nervöser.

Der Roman enthält alle Elemente, die zu einem Thriller gehören. Mit der Eagle Group ist ein mächtiges Unternehmen beteiligt, dem die Mitglieder der Forschungsgruppe Intrigen unterstellen. Durch die mysteriösen Morde an den Wissenschaftlern des Einstein-Projektes wird Unruhe erzeugt und die Spannung gesteigert. Wer wird der Nächste sein? Unter den beteiligten Forschern befinden sich mit Elisa Robledo und Ric Valente Sharpe extravagante Typen, die für Unterhaltung sorgen. Täter und Tatmotiv bleiben bis zum Schluss nebulös, wenngleich sich ein Zusammenhang mit den Zeitexperimenten aufdrängt.

Die Geschichte ist im Wesentlichen in einem Handlungsstrang aufbereitet, wobei die zeitlichen Perspektiven mehrfach wechseln. Durch die Angabe des jeweiligen Datums zu Beginn der Kapitel bleibt die Übersicht erhalten. Da die Geschichte im Jahr 2015 spielt und es um Experimente geht, die den heutigen Rahmen der Naturwissenschaften sprengen, lässt sich der Roman dem Genre Science-Fiction zuordnen. Es spricht für die Fantasie des Autors, dass er nicht die üblichen Zeitparadoxa (Veränderung der Vergangenheit mit unmittelbarer Auswirkung für die Zukunft) thematisiert hat, sondern für seinen Roman neuen Stoff liefert. Wem es nicht nur um Unterhaltung geht, findet auch das Thema "Verantwortung der Wissenschaft" reflektiert. Die Spannung wird zusätzlich durch an verschiedenen Stellen vorzufindende Andeutungen auf künftige Ereignisse erhöht. Die Sprache ist verständlich; Fachbegriffe tauchen nur an den Stellen auf, wo sie wegen der physikalischen Grundlagen erforderlich sind. Auch wenn zum Teil bekannte physikalische Theorien angesprochen werden, sind die im Buch beschriebenen Experimente reine Fiktion. Das Buch dient meines Erachtens, entgegen der Ausführungen im Klappentext, nicht der Wissensvermittlung (da gibt es andere Werke), sondern ist in erster Linie ein spannender Roman.

(Klemens Taplan; 09/2006)


José Carlos Somoza: "Das Einstein-Projekt"
(Originaltitel "Zigzag")
Aus dem Spanischen von Elisabeth Müller.
Claassen, 2006. ca. 560 Seiten.
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