Entlebucher Sennenhund
Von Christel Fechler

Auswahl, Haltung, Erziehung und Beschäftigung


Wer nach reiflicher Überlegung beschlossen hat, die nächsten 12 - 15 Lebensjahre mit einem Hund zu verbringen, sollte nicht nur ein Liebhaber des Tieres, sondern auch ein Liebhaber des Buches sein. Denn mag der Hund in seinem Sozialverhalten dem Menschen auch noch so ähneln, so ist und bleibt er doch ein Tier, über dessen Wesen sich der Halter - die Herrschaft des Hundes - hinreichend informieren sollte. Immerhin gilt ja für jeden Fall, dass sich nicht der Hund dem Menschen, sondern der Mensch dem Hund anzupassen hat. Was heißen will, dass die gemeinsame Behausung von Mensch und Hund hinkünftig zur Wolfshöhle werden wird und gemeinsame Streifzüge durch das Revier auch dem Menschen eine liebe Gewohnheit zu sein haben. Lebenspraxis und Denkpraxis der Herrschaft werden hündisch sein, der Hundehalter erlangt eine Doppelidentität als Hundemensch. Das Leben im Rudel bedingt viel Herz aber auch Verstand und letzterer ertüchtigt sich über das Studium passender Literatur. Allgemeine Informationen über Abstammung und Verhalten des Hundes gibt es zu Haufe in Buchform, doch auch rassespezifische Literatur sei im Einzelfall empfohlen, da Hund nicht gleich Hund ist. Sollte ihr Hund nun gar ein Entlebucher Sennenhund sein, so sei ihnen das gleichnamige Ratgeberbuch von Christel Fechler nahegelegt. Hierin erfährt der interessierte Leser, welche besonderen Wesensmerkmale den kleinsten der vier Schweizer Sennenhunde charakterisiert, wie er aussieht und wie sich die Geschichte dieses ehemaligen Gebrauchshundes schreibt, der tagsüber das Vieh zu treiben und zu hüten hatte, nachts das Eigentum seines Herrn verteidigte. Heutzutage ist der Entlebucher ein beliebter Familienhund, der trotz seines lebhaften Temperaments doch so manchen Erziehungsfehler verzeiht und sich wegen seiner Genügsamkeit auch zur Haltung in einer Stadtwohnung eignet. Die Autorin liefert wertvolle Tipps dafür, was Sie beim Kauf ihres Entlebuchers zu beachten haben, wie Sie den seriösen Züchter erkennen und was Sie für die erste Zeit mit ihrem Entlebucher-Welpen zu erwarten und zu beachten haben. Eine Fülle von Ratschlägen bezüglich gesunde Ernährung, richtige Pflege, Krankheitsvorbeugung, Erziehung und Alltagsaktivitäten werden umfassend thematisiert. Herauszuheben ist in diesem Zusammenhang etwa der leidige Umgang mit Dominanzproblemen. Hierzu eine Textprobe: Nicht immer kommt man bei der Erziehung mit einem "Nein" aus. Es kann Situationen geben, in denen Sie Ihrem renitenten Hund handgreiflich klarmachen müssen: "So nicht, mein Freund!" Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie wir sie auch in einem Wolfs- oder Hunderudel beobachten können. Sie packen ihn am Nackenfell, heben ihn hoch und starren ihm in die Augen. Hinzu kommt ein lautes "Nein". Ahmen Sie das "Über-die-Schnauze-Beißen" der Wölfe nach, wenn er etwas aufnimmt, was gefährlich für ihn sein könnte, wenn er ohne Grund "kläfft" oder das - bei Entlebuchern beliebte - Fersenstechen (eine Art im Erbgut verankerte Treibertechnik des ehemaligen Gebrauchshundes) bei Ihnen ausprobiert. Die strengste Maßregelung für Ihren Hund ist das "Auf-den-Rücken-Drehen". Es bedeutet für ihn die absolute Unterwerfung. Packen Sie ihn am Nackenfell und drehen Sie ihn blitzschnell auf den Rücken. Halten Sie ihn mit beiden Händen fest, von denen eine über seiner Kehle liegen sollte. Wieder wird er hierbei böse angestarrt. Erst wenn er völlig ruhig wird und Ihrem Blick ausweicht, hat er sich unterworfen und kann entlassen werden. Auch hier lassen Sie sich bitte nicht von seinem Kreischen erweichen. Der gewünschte Lerneffekt stellt sich sonst niemals ein. Setzen Sie diese Maßnahme aber äußerst sparsam und nur bei regelrechtem Dominanzverhalten Ihres Hundes ein. Bleiben Sie äußerlich immer ruhig und gelassen. Gehen Sie nachher sofort zur Tagesordnung über und trösten Sie Ihren Hund vor allen Dingen nicht. Die Sache muss hiermit abgeschlossen sein.

Man sieht: Einen Hund erziehen, heißt für die Herrschaft, selbst zum Wolf werden. Im Rudel muss die Rangordnung gewahrt werden und wer nach menschlichen Ermessen meint, liberale Erziehung sei die beste Erziehung, wird bei besonders unsensiblen Burschen sein blaues Wunder erleben. Bedenken Sie, dass Hunde und Wölfe in ihrem Rudel in einer strengen Hierarchie leben, erinnert die Autorin, und Entlebucher-Rüden erheben nicht selten den Anspruch auf die Position des Alpha-Tieres. Denn der Entlebucher ist ein wesensstarkes und furchtloses Tier und der sprichwörtliche Kadavergehorsam ist gar wohl nicht sein Ding. Im Allgemeinen sind Entlebucherhündinnen leichter zu erziehen als Rüden und die Hundedamen sind auch untereinander verträglicher. Offenbar fällt dem weiblichen Gemüt die Unterordnung von Natur aus leichter, obwohl es natürlich auch hier die berühmte Ausnahme von der Regel gibt.

Die Entlebucher-Expertin Christel Fechler legt mit ihrem praktischen Ratgeber für Auswahl, Haltung, Erziehung und Beschäftigung, die Grundlage für ein harmonisches Miteinander von Hund und Herrschaft, welcher auch für Halter anderer Hunderassen und für bloß am Tier interessierte Leser eine lohnende Lektüre darstellt. Anmutende Fotographien vermitteln dem Hundeliebhaber einen ersten Eindruck vom Erscheinungsbild und Wesen des noch immer nicht allzu häufigen Entlebuchers. Gesonderte Tipps konzentrieren auf das Wesentliche, eigene Check-Listen machen den Ratgeber zu einer praktischen Handhabe im alltäglichen Miteinander mit dem Hund. Ein sehr praktisches und zugleich unterhaltsames Buch über den kleinsten der schweizerischen Sennenhunde.

(Harald; 2/2002)


"Entlebucher Sennenhund"
Von Christel Fechler

Franckh-Kosmos Verlag, 2001.
ca. EUR 12,90.
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