Laura Restrepo: "Die dunkle Braut"


"Das Leben tut weh, madre, ein bisschen!"

Das kleine Städtchen Tora mitten im kolumbianischen Urwald lebt von seinen Prostituierten und den Petroleros. Diese Ölarbeiter machen den Kundenstamm aus, wenn sie zumeist einmal monatlich nach Tora kommen um einen Teil des Lohns aus- und sich der Lust hinzugeben.

Sayonara ist die begehrteste unter den käuflichen Frauen. Als Jugendliche kommt sie ins Dorf mit dem Wunsch, eine puta (Prostituierte) zu werden. Sacramento, ein junger Bursche, führt sie zu Todos los Santos, der angesehensten Prostituierten im Ort, die eine Art Ziehmutter für sie wird und ihr Manieren und eine Menge Kniffe für ihr Vorhaben beibringt. Aus dem wilden unbändigen Kind wird nach und nach eine begehrenswerte Frau, deren Charme sich kein Mann zu entziehen vermag. Sacramento verfällt ihr gänzlich und als der Tag gekommen ist, an dem sie mit ihrem Gewerbe beginnt, verlässt er den Ort, um selbst petrolero zu werden. Eines Tages möchte er aber zurückzukommen, um das Mädchen zu retten. Der Roman berichtet auf interessante Weise vom Leben der Prostituierten und vermittelt, dass das Leben einer puta geradezu ehrbar und angesehen sein kann.

Sayonara entwickelt sich immer mehr zu einer distanzierten Göttin, sorgt als Japanerin für die gewisse Exotik und Anziehungskraft, und ihr Ruf verbreitet sich über die Ölfelder. Als einzige Japanerin kann sie einen exklusiven Tarif verlangen. Vor ihrem Haus leuchtet eine violette Glühbirne, die nicht zuletzt die Mystik, die von dieser Frau ausgeht, kennzeichnet. Überall wird ihre Schönheit und ihre Anmut gepriesen und ihre eigentümliche Wildheit, die so viele in ihren Bann zieht.

Sayonara erlangt in ihrem Gewerbe einen hohen Stellenwert. Alles läuft wunderbar bis zu dem Zeitpunkt, als sie sich in Payanés, einen Ölarbeiter und Freund Sacramentos, verliebt. Für viele stellen die Beiden ein Traumpaar dar. Beide gehen ihrem Beruf weiter nach - aber jeden letzten Freitag im Monat geben sie sich ganz ihrer Liebe hin. Das Glück bleibt ihnen hold bis Sayonara, die wunderschöne Verführerin, sich mit der Unbesonnenheit einer Anfängerin benimmt.

Eine kontrastreiche Erzählung, die von Liebe, Sehnsucht, politischen Intrigen und einer Menge schräger Vögel handelt. Ein Roman über eine bemerkenswerte Frau, den man atemlos von Anfang bis zum Ende durchliest. Eine Geschichte ohne Sentimentalitäten, die für Spannung sorgt, ohne dabei auf den Humor zu vergessen.

Laura Restrepo wurde 1950 in Kolumbien geboren. Sie war als politische Journalistin in verschiedenen Menschenrechtsorganisationen aktiv und musste aufgrund ihres politischen Engagements für mehrere Jahre das Land verlassen. Für ihre Sachbücher und Romane erhielt sie zahlreiche Preise. Laura Restrepo lebt in Mexiko City.

(Margarete Wajs)


Laura Restrepo: "Die dunkle Braut"
Deutsch von Elisabeth Müller.
Europaverlag, 2003. 352 Seiten.
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Ein weiteres Buch der Autorin:

"Die Insel der Verlorenen"

Eine abenteuerliche Geschichte ums Überleben der kolumbianischen Autorin.
Im Jahr 1908 setzen der mexikanische Hauptmann Ramón Arnaud, seine junge Braut Alicia und elf weitere Soldaten mit ihren Familien die Segel, um zur ClippertonInsel, einem winzigen pazifischen Atoll, aufzubrechen. Sie haben den Auftrag, das abgeschiedene - aber strategisch wichtige - Eiland vor einer eher unwahrscheinlichen Invasion seitens der Franzosen zu schützen. Aber dann werden die Bewohner auf Clipperton wegen der politischen Wirren in der Heimat und dem Nahen des Ersten Weltkriegs einfach vergessen. Und das Überleben aller hängt auf einmal von Alicias Mut und List ab.
Mit ihrem reichen Korallenriff rund um das Atoll und der stehenden Lagune ist die Clipperton-Insel kein einladender Ort für ihre neuen Bewohner. Aber diese machen das Beste daraus: Die starre militärische Ordnung weicht bald einem eher informellen Inselleben; die Gruppe errichtet ein Lebensmittelgeschäft, eine Apotheke, einen Leuchtturm, sie feiern Feste. Aber dann bleiben plötzlich die Versorgungsschiffe aus. Sich selbst und der unwirtlichen Natur ausgeliefert, sieht sich das Grüppchen mannigfaltigen Gefahren gegenüber: Skorbut, Hunger, Verzweiflung, Eifersucht, Gewalt. In dieser Situation wird die unerschütterliche und einfallsreiche Alicia zur letzten Hoffnung der Bewohner auf der Insel der Verlorenen. (Luchterhand Literaturverlag)
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